Romana Extra Band 6
ohne Umschweife zur Sache.
„So ist es. Allerdings verfüge ich über keinerlei Erfahrung als Erzieherin.“
„Ihr Onkel hat mir erzählt, dass Sie Lehrerin sind. Seit wann unterrichten Sie?“
„Seit sechs Jahren.“
„Macht Ihnen die Arbeit Spaß?“
„Oh ja.“
Als er die Stirn runzelte, fragte sie sich, ob sie etwas Falsches gesagt hatte. Dann erst bemerkte sie das Smartphone, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Der Prinz drückte einige Tasten, bevor er sie wieder anblickte.
„Sie haben Riley bereits kennengelernt?“
„Ja, vor einigen Wochen in einer Kunstgalerie, die sie in Begleitung ihres Kindermädchens besucht hat.“
Von ihrem Onkel wusste sie, dass sich Brigitte Francoeur, die demnächst heiraten würde, von Geburt an um die Prinzessin gekümmert hatte. Es fiel Prinz Michael schwer, geeigneten Ersatz für sie zu finden.
„Brigitte hat mir von dem Vorfall berichtet. Riley ist fortgelaufen, mit Ihnen zusammengestoßen und hat Sie mit ihrem Eis bekleckert. Es wundert mich, dass nichts darüber in der Zeitung zu lesen war.“
Hannah lächelte. „Dieses kleine Malheur war keine Pressemeldung wert, selbst wenn Reporter vor Ort gewesen wären.“
„Heutzutage wird jede noch so unbedeutende Story an die Boulevardblätter verkauft. Sie dagegen sind nicht an die Presse herangetreten, sondern haben meiner Tochter sogar ein neues Eis spendiert. Das lässt mich hoffen, in Ihnen endlich einen würdigen Ersatz für Brigitte gefunden zu haben.“
„Sie wissen, dass ich nur den Sommer über für Sie arbeiten kann?“
„Das ist mir bekannt. Zwar würde ich eine dauerhafte Lösung bevorzugen, aber Brigitte verlässt uns bereits Ende der Woche, wenn meine Tochter und ich in den Sommerurlaub nach Cielo del Norte fahren. Ihr Onkel meinte, Sie könnten vorübergehend einspringen. Andere geeignete Bewerberinnen sind vor dem Herbst nicht abkömmlich. Entschuldigen Sie …“ Erneut richtete er seine Aufmerksamkeit auf sein Handy. „Wie Sie sehen, bin ich sehr beschäftigt – mit meiner Firma, aber auch mit gewissen Pflichten am Hof. Den Sommer verbringen wir immer in Cielo del Norte, es ist eine Tradition aus meiner Ehe mit Samantha …“
Sein wehmütiger Blick bestätigte, was ihr Onkel angedeutet hatte. Der Prinz trauerte immer noch um seine Frau, die kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter verstorben war.
Er räusperte sich kurz und schob einige Papiere auf dem Schreibtisch zusammen. „Von dort aus kann ich mich ebenso gut um meine Firma kümmern wie hier – sofern ich Riley in guten Händen weiß.“
„Sei ein braves Kind und lass Dad in Ruhe arbeiten“, hörte Hannah eine Stimme aus der Vergangenheit, und das Herz wurde ihr schwer. Anscheinend habe ich mehr mit Prinzessin Riley gemeinsam, als unsere unterschiedliche Herkunft ahnen lässt, dachte sie traurig.
Auch ihr Vater war stets mit Wichtigerem beschäftigt gewesen und hatte kaum Zeit für sie gehabt. Dann war ihre Mutter gestorben, als sie gerade acht Jahre alt war. Sie fehlte ihr noch heute.
„Heißt das, Sie bieten mir die Stelle an, Königliche Hoheit?“
„So ist es.“
„Und ich nehme sie an.“
Wieso bin ich eigentlich nicht erleichtert? wunderte sich Michael. In Hannah Castillo hatte er endlich ein kompetentes Kindermädchen gefunden. Dennoch hatte sie etwas an sich, das ihn unruhig machte. Oder tat ihm einfach Riley leid, die sich von ihrer langjährigen Bezugsperson verabschieden musste? Zu Brigitte hatte sie eine viel engere Bindung als zu ihm, sosehr er das auch bedauerte. Der Aufenthalt in Cielo del Norte wird ihr die Trennung erleichtern, tröstete er sich.
Noch vor der Geburt seiner Tochter hatte er Samantha versprochen, eine aktive Rolle bei der Erziehung zu übernehmen. „Unser Kind soll nicht nur von Kindermädchen aufgezogen werden“, hatten seine Frau und er beschlossen. Doch dann war sie gestorben, und er hatte sich gleichzeitig um das Baby und seine Firma kümmern müssen, während die Trauer um seine geliebte Frau ihn beinahe umbrachte. Also war er auf Hilfe angewiesen gewesen.
Kurzerhand hatte er Brigitte engagiert, eine Pädagogikstudentin, die Samantha ursprünglich stundenweise hatte unterstützen sollen. Sie hatte sich tagsüber um Riley gekümmert und nachts ihr Studium fortgesetzt, wenn sich seine Schwester Marissa der Kleinen annahm. Seit ihrem Abschluss arbeitete Brigitte ganztags als Kindermädchen für ihn.
Die Umstände hatten ihm keine Wahl gelassen, und eine engagierte,
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