Romana Extra Band 6
war, hatte sie kurzfristig abgesagt.
Mit Männern habe ich einfach kein Glück, dachte sie kopfschüttelnd. Vor drei Jahren war ihre Verlobung geplatzt, und der einzige, der sie derzeit interessierte, war nicht nur ein Mitglied des Hochadels, sondern trauerte obendrein um seine verstorbene Ehefrau.
Nach dem Schlafzimmer kam das Bad an die Reihe und schließlich die Küche. Vom vielen Beugen und Heben schmerzten ihre Beine und Schultern. Es half nichts, noch hatte sie viel zu tun.
Als es an der Haustür klingelte, hielt sie nur kurz inne, um auf den Türöffner zu drücken. Wie jeden Freitag, seit sie aus seinem Haus ausgezogen war, traf sie sich mit ihrem Onkel zum gemeinsamen Abendessen – eine Tradition, die ihr in den nächsten zwei Monaten fehlen würde.
„Es ist offen“, rief Hannah, als es kurz darauf an der Wohnungstür klopfte.
„Habe ich dir nicht beigebracht, die Tür abzuschließen, wenn du allein in der Stadt bist?“, schimpfte Phillip im Hereinkommen. Auf einer Hand balancierte er eine riesige flache Schachtel, aus der es verlockend nach Pizza duftete.
„Du hast mich so viel gelehrt, dass ich mich unmöglich an alles erinnern kann“, scherzte sie. „Ich dachte, ich kann heute keine Schachteln mehr sehen, aber jetzt habe ich es mir anders überlegt.“
„Packen ist harte Arbeit.“ Er stellte den Karton auf dem Küchentisch ab und umarmte sie liebevoll.
„Ich bin fast fertig – endlich.“ Rasch zog sie zwei Teller und Besteck aus einer Kiste. Sie setzten sich an den Tisch, und Hannah nahm sich ein Stück Pizza. Beim Packen hatte sie gar nicht gemerkt, wie hungrig sie war. Das Mittagessen hatte sie ausgelassen, denn vor dem Vorstellungsgespräch bei Prinz Michael hatte sie keinen Appetit gehabt.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte ihr Onkel in diesem Moment: „Wie ich höre, fährst du am Montag nach Cielo del Norte.“
Als angesehener Arzt verfügte Phillip über zahlreiche Kontakte, dennoch wunderte es sie, dass er bereits Bescheid wusste. „Wer hat dir das erzählt?“
„Prinz Michael hat mich angerufen, um mir für meine Empfehlung zu danken.“
„Hoffentlich war das nicht verfrüht.“
„Ich bin sicher, dass du seiner Tochter guttun wirst.“
Zweifelnd schüttelte sie den Kopf. Sie war eine engagierte Lehrerin, fühlte sich dadurch jedoch nicht automatisch zum Kindermädchen berufen.
Weitaus größere Sorgen bereitete ihr allerdings die Tatsache, dass sie ihre Jungmädchenschwärmerei für Prinz Michael nicht wie erwartet längst überwunden hatte. In den kommenden Monaten würde sie sich sehr bemühen müssen, ihm nicht allzu viel Beachtung zu schenken.
„Ich wünschte, ich wäre auch so zuversichtlich“, sagte sie deshalb.
„Was macht dir denn Sorgen?“
„Die Prinzessin verliert ihre langjährige Bezugsperson. Es kann nicht gut für sie sein, stattdessen ein Kindermädchen auf Zeit zu bekommen“, äußerte sie nur einige ihrer Bedenken.
„Riley wird dich überraschen. Sie ist ihrem Alter weit voraus und ein sehr ausgeglichenes Kind.“
„Wozu braucht der Prinz überhaupt ein Kindermädchen? Warum genießt er nicht zusammen mit seiner Tochter einen Sommer am Strand, ohne die Verantwortung für sie auf andere abzuwälzen?“
„Er tut, was er kann, aber er hat es seit dem Tod seiner Frau nicht leicht.“
Unwillkürlich erinnerte Hannah sich an ihren Vater, der sie nach dem Tod ihrer Mutter an seinen Schwager abgeschoben hatte. Wie der Prinz war auch er froh gewesen, sich nicht länger um die Erziehung seiner Tochter kümmern zu müssen.
Urteile ich vorschnell? fragte sie sich. Zahllose berufstätige Eltern ließen sich bei der Betreuung ihrer Kinder von bezahlten Helfern unterstützen. Prinz Michael kam zwar nur selten repräsentativen Pflichten am Hof nach, leitete aber eine eigene Firma. Vielleicht hat Onkel Phillip recht, und er tut sein Bestes, dachte sie. In einigen Tagen würde sie die Situation besser beurteilen können.
„Was wirst du den Sommer über freitagabends anfangen, ganz ohne mich?“, erkundigte sie sich bei ihrem Onkel, in der Hoffnung, dass ein Themenwechsel sie auf andere Gedanken bringen würde.
„Ich kümmere mich um medizinische Notfälle.“
„Kommst du mich mal besuchen?“
„Wenn ich es einrichten kann. Mach dir bloß keine Sorgen um mich. Du weißt, dass ich im Krankenhaus ein neues Projekt begonnen habe, das mich monatelang auf Trab halten wird.“
„Ich werde dich vermissen.“
„Dazu wirst du kaum
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