Romana Extra Band 6
Topfpflanzen zu gießen. Sie sah überrascht auf die Uhr.
„Signora Ricci ist heute spät dran.“
„Sie kommt nicht“, sagte Hannah.
Caridad ging von einer Pflanze zur anderen. „Ist sie krank?“
„Nein. Sie macht Urlaub.“
„Hat sie keine Vertretung organisiert?“
„Der Urlaub war meine Idee“, gab Hannah zu.
„Als der Prinz dich eingestellt hat, hatte ich meine Bedenken. Aber offenbar wusste er, was er tut.“
„Möglicherweise denkt er anders.“
Caridad lächelte. „Dann erst recht!“ Sie gab der letzten Pflanze Wasser, ehe sie fragte: „Du hilfst Kevin mit seinem Aufsatz?“
„Im Gegenzug bringt er Riley Tennis bei“, erklärte Hannah rasch.
Das schien Caridad zu beruhigen. „Dann habe ich nichts dagegen. Wenn du als Lehrerin halb so gut bist wie als Kindermädchen, wird er eine ausgezeichnete Arbeit abliefern.“
Obwohl Hannah vor wenigen Wochen noch daran gezweifelt hatte, ob sie überhaupt als Kindermädchen arbeiten wollte, bedeutete ihr dieses Kompliment viel.
10. KAPITEL
Von Zeit zu Zeit musste Michael nach Port Augustine, um Kunden zu treffen, doch er blieb nur selten über Nacht.
Der Termin an diesem Abend hatte sich länger hingezogen, da seine Kundin sich für keine der vorgeschlagenen Werbekampagnen entscheiden konnte. Daraufhin hatte er ihr vorgeschlagen, die Diskussion in einem Restaurant fortzusetzen – gutes Essen und eine lockere Atmosphäre führten häufig zu einem offeneren Gedankenaustausch. Bei Tapas und Wein wurde ihm allerdings schnell klar, dass die Frau sich mehr für ihn als für das Geschäftliche interessierte.
Statt sich geschmeichelt zu fühlen, ärgerte er sich über den unerwünschten Annäherungsversuch, umso mehr, als er sie in keiner Weise ermutigt hatte.
Wieso reizt sie mich nicht, obwohl sie sehr attraktiv ist? wunderte er sich auf der Rückfahrt nach Cielo del Norte. Noch vor wenigen Wochen war er nicht bereit gewesen, sich auf eine andere Frau einzulassen. Das hatte sich geändert, als er Hannah kennenlernte.
Bei seiner Ankunft war es bereits zu spät, um seine Tochter ins Bett zu bringen. Vorsichtig spähte er ins Kinderzimmer, wo sie friedlich schlief, die Puppe Sara fest im Arm. Behutsam küsste er sie auf die Stirn.
Er ging wieder nach unten, um bei einem Glas Rotwein auf der Terrasse die Sterne zu betrachten. Als er sich der Küche näherte, hörte er Stimmen – die weiche, etwas rauchige von Hannah und die tiefere eines Mannes.
Erst in diesem Moment wurde ihm bewusst, dass sie ihr Privatleben für die Zeit ihres Aufenthalts in Cielo del Norte völlig aufgegeben hatte. Im Lauf des vergangenen Monats hatte sie um keinen einzigen freien Tag gebeten. Lediglich ihre Freundin Karen hatte sie mehrfach besucht, damit Riley mit ihrer Tochter Grace spielen konnte.
Umso interessanter fand er die Frage, wer der Mann in der Küche war. Ein alter Bekannter, vielleicht ihr Freund? Allerdings parkte vor dem Schloss kein fremdes Auto. Nachdenklich runzelte Michael die Stirn.
Vor der Küchentür blieb er stehen und lauschte.
„Denk mal über die Hauptfiguren nach“, hörte er Hannah sagen. „Wer erscheint dir als der wahre Held?“
Das klang nicht nach einem Gespräch zwischen Verliebten. Andererseits hatte er seit mehr als sechzehn Jahren kein Rendezvous mehr gehabt … Entschlossen öffnete er die Tür und trat ein.
Hannahs Gast war Caridads Sohn, wie er erleichtert feststellte. Der Junge stand rasch auf und verneigte sich ungelenk vor ihm.
„Königliche Hoheit.“
Michael bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. „Ich wusste nicht, dass Sie … Besuch haben“, wandte er sich an Hannah.
„Und ich habe Ihre Ankunft nicht bemerkt.“
Auf dem Tisch lagen aufgeschlagene Bücher und vollgekritzelte Blätter.
„Wir arbeiten an einem Entwurf für Kevins nächste Hausarbeit.“
Während er ans Weinregal trat, bemerkte er den Blick, den Kevin seiner Lehrerin zuwarf. Belustigt registrierte er, dass der Junge sich offenbar mehr für sie interessierte als für das, was sie ihm zu erklären versuchte.
„Ich dachte, es seien Ferien.“
„Eigentlich schon. Leider hat meine Mutter beschlossen, mich mit der Sommerschule zu quälen.“
Hannah sammelte die über den Tisch verteilten Blätter ein und schob sie in eine Mappe. „Sieh es positiv. Wenn deine Noten gut sind, brauchst du bis zum Studium keinen Englischkurs mehr zu belegen. Zeig mir am Mittwoch deine fertige Ausarbeitung.“
„Versprochen.“ Kevin verabschiedete sich und
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