Romana Gold Band 11
„Nein, das ist eine Familienangelegenheit“, fuhr er sie an. Jamsey zuckte zusammen. Er benahm sich so kalt und gefühllos. Dabei merkte man ihm an, wie sehr es ihm naheging. Sie brühte frischen Kaffee auf und setzte sich ihm dann gegenüber.
„Wie alt ist sie?“, fragte sie ruhig und sah ihn mitfühlend an. Ron hob den Kopf.
„Sie wird in zwei Monaten achtzehn“, sagte er grimmig. Seine Laune war total umgeschlagen.
„Dann ist sie kein Kind mehr, sondern eine junge Frau“, erwiderte Jamsey und zuckte zusammen, als Ron ärgerlich mit der Faust auf den Tisch schlug.
„Das sagen gerade Sie. Wie alt sind Sie? Zwanzig? Zweiundzwanzig? Sie halten sich wohl für sehr reif“, fuhr er sie an.
„Ich bin fünfundzwanzig“, antwortete sie kurz angebunden. „Als ich achtzehn war, arbeitete ich bereits seit zwei Jahren. Ich konnte mir den Luxus einer weiterführenden Schulbildung nicht leisten. Sara wird ein Kind bleiben, solange sie die Schule besuchen muss. Sie ist aber offensichtlich eine junge Frau.“
„Das ist sie nicht – sie glaubt nur, es zu sein“, sagte Ron aufgebracht und zog ein Foto aus der Jackentasche.
„Sehen Sie sich das an. Sieht sie aus wie eine Erwachsene?“ Überrascht über seine heftige Reaktion, betrachtete Jamsey die Fotografie. Sie zeigte ein hübsches Mädchen mit ausdrucksvollen dunklen Augen und feinem blonden Haar.
„Und sie benimmt sich auch nicht so. Als sie in England in keiner anständigen Schule mehr aufgenommen wurde, haben wir sie nach Frankreich geschickt“, sagte Ron müde und steckte das Foto zurück in seine Brieftasche.
Jamsey musste daran denken, wie besorgt die Eltern sein würden.
„Sie wird wieder auftauchen, das tut sie immer. Aber ich kann ihre Launen nicht mehr dulden“, sagte Ron heftig und schlug wütend mit der Hand auf den Tisch.
Jamsey zuckte zusammen – noch nie hatte sie jemanden so zornig erlebt, und instinktiv spürte sie, dass das nur die Spitze des Eisbergs war.
„Sie ist wohl schon öfter weggelaufen?“, fragte sie ruhig und versuchte, ihn zu beschwichtigen.
„Immer, wenn sie ihren Willen nicht bekam. Einmal ging es um ein Pony, das sie haben wollte, dann um einen Skiausflug, und irgendwann beschloss sie, keine Schulbildung mehr zu brauchen und stattdessen um die ganze Welt zu trampen“, erwiderte Ron finster und schüttelte den Kopf. Er sah müde aus, und Jamsey legte ihm unwillkürlich die Hand auf den Arm. Er tat ihr in seiner Verzweiflung sehr leid.
„Haben Sie keine Ahnung, wo sie sein könnte?“, fragte sie.
„Ich nehme an, bei Katie. Sie geht immer dorthin. Dann lässt sie eine Woche verstreichen, in der Hoffnung, dass ich mich dann beruhigt habe, und kehrt wie eine reuige Sünderin zurück.“
„Aber sind Sie sicher …?“, begann Jamsey, sprach aber nicht weiter, als sie seinen wütenden Blick sah.
Später setzten sie sich vor den Kamin und tranken Kaffee. Eine gewisse Ruhe überkam sie, und beide hingen ihren Gedanken nach, während sie schweigend ins Feuer sahen. Dann klopfte es laut an der Tür. Ron sprang blitzschnell auf und lief hinaus. Jamsey blieb allein zurück und schaute ihm nach.
Er macht sich mehr Sorgen um Saras Verschwinden, als er zugibt, überlegte Jamsey und hoffte, dass es gute Nachrichten gab. Als sie ihm zur Tür folgte, hörte sie Ron schroff mit jemandem sprechen, der genauso wütend zu sein schien wie er. Sie wollte nicht lauschen, doch dann bemerkte sie, dass sich das Gespräch um sie drehte. Sie erstarrte unwillkürlich, konnte jedoch kaum etwas verstehen, da der aufgeregte Wortwechsel in starkem Dialekt geführt wurde. Doch als plötzlich die Tür so heftig zugeschlagen wurde, dass das Haus bebte, schrie sie erschrocken auf. Ron kam auf sie zu. Er verschränkte wütend die Arme über der Brust und kniff die Augen zusammen. Jamsey verstand nicht, warum er sie so anklagend ansah. Neben ihm stand ein alter Mann mit buschigem roten Bart. Er war ärmlich gekleidet, aber seine Haltung war stolz, und er lächelte triumphierend.
„Es ist großartig, eine Tochter von McDonald an ihrem rechtmäßigen Platz zu sehen“, sagte er und strahlte sie an. „Ich bin glücklich darüber.“ Jamsey warf Ron einen verständnislosen Blick zu, doch er beachtete sie überhaupt nicht.
„Nun, ich hatte doch recht. Ich habe immer gesagt, dass wir McDonalds eines Tages wieder stolz und frei hier leben werden. Die Tage der Stewarts sind gezählt – jetzt ist es an der Zeit, abzurechnen“, sagte er mit
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