Romana Gold Band 11
sie sich ein wenig ängstlich auf die Unterlippe und versuchte, sich auf die Prospekte zu konzentrieren. Die Informationen waren sehr vielseitig – sie reichten von der Beschreibung historischer Schlösser bis zu den neuesten Wassersportmöglichkeiten. Obwohl Schottland ein traditionsreiches Land war, wurden hier auch alle modernen Freizeitmöglichkeiten des zwanzigsten Jahrhunderts angeboten.
„Ich hatte keine Ahnung, dass es hier so viel zu sehen gibt“, gab Jamsey zu und blätterte begeistert in den Broschüren. „Am schönsten finde ich diese herrliche grüne Natur. Im Vergleich zu Australien ist das ein starker Gegensatz. Dort sieht man das nur wenige Monate im Jahr – die restliche Zeit ist alles braun und verbrannt.“
„Liegt darin nicht auch eine gewisse Schönheit?“, fragte Ron und hob die Augenbrauen.
„Das schon“, antwortete Jamsey. „Hier aber sieht man die verschiedensten Schattierungen von Grün, und das Heidekraut ist so wunderschön, nicht wahr?“ Sie hoffte, dass er ihren Gefühlsausbruch nicht lächerlich fand, doch er nickte bestätigend und sah sie neugierig an. Dann unterhielten sie sich über die verschiedensten Dinge – obwohl sie unbefangen miteinander sprachen, herrschte eine gewisse Spannung im Raum.
Es war fast Mittag, und Jamsey wurde hungrig. Soll ich Ron zum Essen einladen? überlegte sie zögernd und dachte an Merle, die oben ausharren musste. Sie war überrascht, als er dann ihre Aufforderung, zum Mittagessen zu bleiben, bereitwillig annahm.
„Vielen Dank, sehr freundlich. Was gibt es?“, fragte er, und sein Lächeln verunsicherte sie.
„Ich habe frisches Brot. Wie wäre es mit etwas Suppe und Sandwiches?“, schlug sie vor und strich sich das Haar aus der Stirn.
„Ausgezeichnet, ich hole frisches Gemüse aus dem Garten“, erwiderte Ron. Er stand auf und streckte die Hand aus, um Jamsey hochzuhelfen. Ihre warmen Finger fühlten sich zart an, und sie erhob sich anmutig. Ron hob verwirrt die Augenbrauen. Es wunderte ihn, dass sie gleich eingewilligt hatte.
„Dann gehe ich jetzt hinaus“, sagte er energisch und drehte sich schnell um.
Jamsey verschwand in der Küche und bereitete das Essen vor. Ron erschien immer wieder und legte ihr verschiedene Sorten frisch geernteten Gemüses auf den Tisch. Schon bald hatte Jamsey eine duftende Suppe auf dem Herd. Als Ron mit erdverkrusteten Stiefeln wieder hereinkam, hinterließ er eine breite Schmutzspur auf dem Boden.
„So geht das aber nicht“, rief Jamsey gut gelaunt und warf spielerisch das Handtuch nach ihm. Zufällig traf ihn das feuchte Tuch direkt ins Gesicht, und er protestierte lautstark. Mit einer schnellen, geschmeidigen Bewegung war er neben ihr und packte mit festem Griff ihre Handgelenke. Jamsey versuchte vergeblich, sich zu befreien. Dabei rutschte sie auf dem schlammverschmierten Boden aus und fiel gegen Rons muskulöse Brust. Dicht an ihn gepresst, hörte sie deutlich seinen Herzschlag und fühlte die Körperwärme durch sein dickes Hemd. Ihr Puls raste. Sie hob das Gesicht und sah ihn an. Einen Moment lang waren sie beide wie erstarrt. Dann ließ Ron die Arme sinken und drehte sich leise stöhnend um.
„Die Suppe ist fertig“, verkündete Jamsey und wischte sich verlegen die Hände an einem Tuch ab. Sie goss die heiße Flüssigkeit in Tonschalen, die bereits auf dem hübsch gedeckten Tisch standen. Es war eine einfache Mahlzeit, schmeckte aber hervorragend. Gemüse und Kräuter waren frisch aus dem Garten, und das knusprige Brot war in appetitliche dicke Scheiben geschnitten. Jamsey genoss das Essen mit Ron. Sie aßen schweigend, und dann klopfte es plötzlich an der Tür.
„Da ist jemand für Sie“, sagte sie und begann, den Tisch abzuräumen. Sie trocknete gerade ab, als Ron zurückkam. Er sah blass und nervös aus.
„Was ist denn passiert?“, fragte Jamsey besorgt. Er ließ sich auf einen Stuhl sinken.
„Sara ist weg“, erklärte er benommen. Jamsey sah ihn verständnislos an.
„Sara?“, wiederholte sie. Er nickte seufzend und barg den Kopf in den Händen.
„Sara, meine jüngere Schwester. Sie besucht eine Schule in Frankreich. Man hat gerade bei mir zu Hause angerufen. Sie ist schon wieder einmal weggelaufen.“
„Wie schrecklich“, meinte Jamsey. „Was wollen Sie jetzt tun?“
„Nichts“, sagte er kühl. „Sie wird wieder auftauchen – das tut sie immer.“
„Aber sollten Sie nicht die Polizei verständigen?“, fragte Jamsey aufgeregt.
Ron hob den Kopf.
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