Romana Gold Band 11
nicht … gut ginge“, fuhr sie bitter fort. Sie blickte an ihm vorbei in die Bibliothek, wo sie gewiss das halb gefüllte Whiskyglas auf Brians Schreibtisch stehen sah. „Ein anderes Mal vielleicht, Jaime. Dein Onkel ist offensichtlich beschäftigt.“
„Nein, bin ich nicht.“ Brian traf eine plötzliche Entscheidung. „Ich weiß auch nicht, wie Colin auf die Idee kommt, dass ich …“ Er schaute seine Mutter an. „Eine Stunde Zeit werde ich mir für meinen Neffen nehmen.“ Er lächelte den Jungen an. „Hol deinen Mantel, Jaime. Wir treffen uns beim Stall.“
Jaime stieß einen freudigen Schrei aus und schaute dann seine Großmutter entschuldigend an. „Verzeihung, Oma“, sagte er.
„Nun …“ Lady Invercaldy blickte zu ihrem Sohn auf, nachdem ihr Enkel außer Hörweite war. „Ist das wirklich klug, Brian? Ausreiten! Bist du dazu imstande?“
„Ich werde nicht herunterfallen, falls du das meinst“, erwiderte Brian trocken. Seine Mutter schnalzte.
„Aber Jaime ist kein erfahrener Reiter. Er hat Moonlight noch nie zuvor geritten. Ich bin sicher, dass Colin nichts von dieser unsinnigen Vergnügung weiß!“
„Vergnügung!“ Brian verzog die Lippen. „Wirklich, Mama, manchmal frage ich mich, in welchem Jahrhundert du geboren bist.“
„Genau einen solchen Kommentar erwarte ich von jemand, der morgens einen Whisky braucht, um aus dem Bett zu kommen“, gab seine Mutter ärgerlich zurück. „Ich mag zwar altmodisch sein, Brian, aber ich weiß wenigstens, welcher Tag ist.“
Brians Lippen wurden schmal. „Ich bin völlig nüchtern.“
„Ach, wirklich?“ Sie deutete auf das Whiskyglas auf dem Schreibtisch. „Und das ist Ingwerbier, nehme ich an. Oh Brian, wem willst du etwas vormachen? Wann wirst du dich endlich zusammennehmen?“
Brian blähte seine Nasenflügel, und der Optimismus, der ihn erfüllt hatte, schwand. Wem wollte er etwas vormachen, dachte er bitter. Nichts hatte sich wirklich geändert.
5. KAPITEL
Ein Quart Milch und ein Dutzend Eier lagen auf der Schwelle, als Isabel aus der Sprechstunde kam. Der Earl hatte sein Versprechen sofort erfüllt, überlegte sie.
Als sie für den laut maunzenden Bothwell etwas Milch einschenkte, spürte sie ein warmes Prickeln im Nacken. Sie sollte dankbar dafür sein, statt sich wegen der möglichen Konsequenzen seines Verhaltens Sorgen zu machen. Schließlich gab es keinen Grund, warum er sie anders als die anderen Dorfbewohner behandeln sollte. Allein Clares Verhalten hatte zu dieser Situation geführt.
Sie verdrängte jeden weiteren Gedanken an Brian Lindsay und wandte sich dem Wasserkessel zu. Edward war noch nicht einmal ein Jahr tot. Sie war einsam, das war alles, und der Ort war ihr fremd. Zweifel und die veränderten Umstände mischten sich mit ihren Gefühlen.
Nachdem sie an diesem Morgen mit den Websters gesprochen hatte, bestand kein Zweifel mehr an der Selbstlosigkeit von Brian Lindsays Handlungsweise. Natürlich war es möglich, dass Clare ihre Eltern vorbereitet hatte, doch Dr. Webster hatte zu erklären versucht, dass der Earl seit dem Tod seiner Frau als unberechenbar galt.
„Ich will nicht sagen, dass er krank ist“, fügte er hinzu, als Mrs Webster ihn warnend anschaute. „Zweifellos hat ihn Sarahs Tod aber sehr mitgenommen. Die verwitwete Countess, seine Mutter, hat viel Zeit und Geld für eine Behandlung investiert.“
„Eine Behandlung!“
Isabel starrte sie verdutzt an, weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass sie von demselben Mann sprachen. Er hatte auf sie nicht krank gewirkt. Nur amüsiert.
„Er trinkt“, stellte Mrs Webster fest. „Und der arme Colin wurde gezwungen, immer mehr von den Pflichten seines Bruders zu übernehmen. Seit Sarah Lindsays Tod ist Brian eine … Belastung.“
„Oh …“ Diesmal schaute Dr. Webster ein wenig befremdet drein. „Ich glaube nicht, dass man das sagen kann, Laura. Soweit ich weiß, hat Brian sein Anwesen nie vernachlässigt. Ich will damit nur sagen, dass Isabel seine Freundlichkeit nicht zu persönlich nehmen sollte.“
Was ebenso wie Clares Reaktion eine Warnung gewesen war, dachte Isabel jetzt, auch wenn die Websters sie weitaus herzlicher begrüßt hatten als ihre Tochter. Sie hatte Cory daheim gelassen, doch die beiden hatten gesagt, dass sie sie bald kennenlernen wollten, und Mrs Webster hatte Isabel sogar angeboten, sie am folgenden Morgen zum Einkaufen nach Strathmore zu fahren.
„Sie müssen dort zur Schule, um Cory anzumelden“, hatte
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