Romana Gold Band 11
räusperte sich verlegen. „Das Abendessen ist fertig, Mr Ritchie. Wenn Sie bitte mitkommen würden?“
Er erhob sich leicht und geschmeidig. „Sie dürfen mich Martin nennen, wenn Sie mögen“, meinte er zu ihr und zog ein Stück Papier aus der Hosentasche, das er als Lesezeichen in das Buch legte.
Lorna konnte nicht verhindern, dass sie errötete. „Gut – dann nennen Sie mich bitte Lorna.“
Martin durchquerte rasch das Zimmer und hielt ihr die Tür auf. Im Vorübergehen streifte sie seinen Arm, was sie noch nervöser machte. Nimm dich zusammen, Lorna Morrison, ermahnte sie sich. Vergiss nicht, warum dieser Mann hier ist und was er vorhat. Mag er noch so charmant sein, es darf ihm nicht gelingen, dich umzustimmen.
Martin strahlte, als er in die Küche kam. „Fantastisch!“, rief er. „Sagten Sie nicht, es gebe nur eine einfache Mahlzeit? Dann scheinen Sie etwas anderes darunter zu verstehen als ich.“ Er betrachtete die Weinflasche. „Und dieser Bordeaux ist alles andere als ein einfacher Tischwein.“
„Mein Vater legte immer Wert auf einen guten Weinkeller“, erklärte Lorna. „Ich habe selten Gelegenheit, damit zu glänzen, und wollte den günstigen Anlass nicht ungenutzt lassen.“
Martin verzog das Gesicht. „Ich fürchte, dann verhungere ich. Es war ein langer Tag – in jeder Hinsicht.“
„Dann fangen wir an“, entschied Lorna. „Würden Sie bitte das Einschenken übernehmen, Martin? Ich serviere inzwischen das Hühnchen.“ Sie sah ihn absichtlich von der Seite an. „Ich hoffe, Sie denken jetzt nicht mehr so schlecht über uns wie heute Morgen. Unsere Straßen mögen verbesserungsbedürftig sein – in Ihren Augen sind sie es jedenfalls –, aber dafür wissen wir die feineren Dinge des Lebens zu schätzen.“
„Das sehe ich“, meinte Martin und schenkte den Wein so aufmerksam ein, wie er es verdiente. „Und ich verspreche, dass ich es mir merken werde.“
Jane hörte dem Wortwechsel erstaunt zu. Sie hatte ihre Freundin noch nie so beschwingt erlebt. Lornas grüne Augen leuchteten, wenn sie Martin über den Tisch ansah, und sie ging mehr aus sich heraus als jemals zuvor in Janes Gegenwart.
Lorna selbst vergaß immer mehr, dass sie sich vorgenommen hatte, Martin nicht zu mögen. Er erzählte viel und lebhaft und wusste über alles etwas zu sagen – sei es die Geschichte Schottlands, Literatur, Theater oder Politik.
Wenn er sich mit Jane unterhielt, betrachtete Lorna ihn verstohlen. Ob sie sich vielleicht doch in ihm getäuscht hatte? War dieser gebildete und charmante Mann wirklich hergekommen, um ihre geliebte Insel zu zerstören? Andererseits war er am Morgen durchaus nicht charmant gewesen, eher grob und feindselig. Falls er …
Martin blickte Lorna an und merkte, dass sie ihn beobachtet hatte.
„Eine Frage, Martin“, sagte sie hastig, ehe sie es sich anders überlegen konnte. „Sie erklärten heute Morgen, Sie seien geschäftlich hier, aber Sie haben uns noch immer nicht verraten, worum es dabei geht. Womit verdienen Sie Ihr Geld? Oder ist das vielleicht ein Geheimnis?“
Die Frage schien Martin zu amüsieren. „Was ich tue, ist weder besonders aufregend noch ein Geheimnis“, antwortete er. „Ich bin im Tourismus tätig, und da ich die Insel Mull noch nicht kannte, beschloss ich, einen Abstecher hierher zu machen. Zufrieden, Miss Morrison?“
Im Gegenteil, dachte Lorna bitter. Tourismus bedeutet Reisegruppen, und Reisegruppen bedeuten Unterkünfte wie die, von denen Jans Kundinnen geschwärmt hatten. Nein, sie war durchaus nicht zufrieden.
„Sie gehören aber nicht zufällig zu einer Planungsgruppe, die nach einem geeigneten Platz sucht, um ein Feriendorf zu errichten?“, forschte sie weiter.
„Ein Feriendorf?“, rief Martin überrascht. „Gütiger Himmel, Lorna! Wie kommen Sie auf die Idee?“
Lorna fiel ein Stein vom Herzen. „Ach, das ist so ein Gerücht“, antwortete sie ausweichend. „Vergessen Sie es. Wenn Sie jetzt Ihren Wein austrinken, bereite ich inzwischen einen Kaffee zu.“
Martin wollte noch etwas zu der seltsamen Befragung sagen, überlegte es sich aber anders und schwieg, zumal Lorna das verfängliche Thema fallen ließ.
Endlich sah Jane auf die Uhr. „Schon so spät?“, rief sie. „Dann muss ich nach Hause.“ Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. „Komm, Lorna, wir waschen noch schnell ab, aber dann muss ich wirklich gehen.“
Martin stand ebenfalls auf. „Das kommt nicht infrage, den Abwasch übernehme ich.
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