Romana Gold Band 11
entfuhr es Lorna. „Ich bin wütend!“ Sie konnte ihre Empörung nicht länger für sich behalten. „Am meisten auf die Leute – einige sind sogar Freunde von mir –, die die neue Entwicklung begrüßen.“ Sie setzte ihre Tasse so heftig ab, dass Martin Lorna überrascht ansah. „Diese Leute behaupten, mehr Tourismus würde neue Arbeitsplätze bringen und den Umsatz fördern. Wissen Sie, was ich denen geantwortet habe? Dass wir auf diese Segnungen der Zivilisation verzichten können!“
„Aber die Leute haben doch nicht ganz unrecht, oder?“, gab Martin zu bedenken und fing gleich darauf an zu schmunzeln. „Natürlich müsste dann auch etwas für die Straßen getan werden, und das wäre doch, weiß Gott, nicht übel!“
„Damit jeder wie verrückt über die Insel rasen kann?“ Lorna war nicht nach Scherzen zumute. „Freundlichen Dank!“
Sie stand auf, stellte ihr Frühstücksgeschirr zusammen und trug es zum Spülbecken. Martins Reaktion enttäuschte sie schwer. Warum drückte er sich so vage und zweideutig aus, nachdem sie gerade beschlossen hatte, ihm zu vertrauen? Das war außerordentlich beunruhigend.
Lorna beschloss, alles auf eine Karte zu setzen und ihn direkt zu fragen, ob er nicht doch irgendetwas mit dem Projekt zu tun habe.
„Martin …“, begann sie und entschied sich im letzten Moment gegen eine direkte Auseinandersetzung. Der Augenblick war schlecht gewählt, und sie kannte sich. Falls sich herausstellte, dass ihr anfängliches Misstrauen doch berechtigt gewesen war, würde sie alle Rücksicht, die sie ihren Gästen schuldete, vergessen und ihm ins Gesicht sagen, was sie von ihm hielt.
„Ja?“, fragte Martin und sah sie erwartungsvoll an.
Lorna überlegte fieberhaft, was sie stattdessen sagen sollte, und endlich kam ihr der rettende Gedanke. „Haben Sie heute irgendetwas vor? Ohne Auto sind Sie wahrscheinlich gezwungen, Ihre Pläne zu ändern.“
„Allerdings.“ Martins Gesicht verdüsterte sich. „Es passt mir gar nicht, hier festzusitzen. Mein ganzer Zeitplan kommt durcheinander.“ Er stand auf und ging nervös hin und her. „Hat dieser Andy McIntyre zufällig ein Auto, das ich mieten könnte? Dann wäre ich in meiner Bewegungsfreiheit nicht so eingeengt.“
„Sie können ihn fragen“, meinte Lorna, „aber ich fürchte, er wird Sie enttäuschen. Wohin möchten Sie denn fahren?“
Martin runzelte die Stirn. „Das kann ich ohne Karte nicht sagen, und die liegt in meinem Auto. Es ist zum Verrücktwerden!“ Er ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn ich etwas hasse, dann ist es Verschwendung – ganz besonders Zeitverschwendung.“
„Eine Karte könnte ich Ihnen leihen“, erbot sich Lorna. „Ich habe mehr als genug davon. Aber womit fahren? Ich fürchte, da bin ich ratlos.“ Sie zeigte zum Fenster, durch das der blaue Himmel hereinschimmerte. „Da Sie hier ‚festsitzen‘, wie Sie es ausdrücken, und offenbar nichts vorhaben, sollten Sie die Gelegenheit nutzen und einen ausgiebigen Spaziergang machen. Ich könnte Ihnen mehrere Ziele nennen“, fügte sie hinzu. „Heute ist ein wunderschöner Tag.“
„Ich sagte bereits, dass ich nicht gern Zeit verschwende, und im Schneckentempo durch die Landschaft zu kriechen ist in meinen Augen reine Zeitverschwendung. Nein, da bleibe ich lieber hier, wo ich meine Schreibarbeiten erledigen und telefonieren kann. Zumindest mein Büro muss wissen, wo ich bin.“ Martin bemerkte Lornas irritierten Gesichtsausdruck und mäßigte sich etwas. „Verzeihung, da hätte ich Sie wohl erst um Erlaubnis bitten sollen …? Sie sagten, dass Sie heute Vormittag ausreiten, daher nahm ich an, dass ich niemanden störe.“
Das war eine Feststellung und beileibe keine Bitte um Erlaubnis! Martins Art, ihre besondere Gastfreundschaft als selbstverständlich vorauszusetzen, gefiel Lorna immer weniger.
„Meine Gäste verlassen ihre Zimmer gewöhnlich bis zehn Uhr“, bemerkte sie spitz. „Es stimmt, ich bin heute Vormittag unterwegs, aber das bedeutet nicht, dass mein Haus allen offen steht. Da könnte ja jeder beliebige Fremde kommen und es sich bei mir gemütlich machen.“
Martin lächelte nachsichtig. „Aber dazu zähle ich nicht, oder?“
„Wozu?“
„Zu den Fremden – und wohl auch nicht zu den gewöhnlichen Gästen. Schließlich haben Sie mich zum Abendessen eingeladen, das gibt mir doch eine etwas andere Stellung in Ihrem Haus, oder?“ Seine Züge hatten sich während der letzten Worte entspannt, und plötzlich lächelte
Weitere Kostenlose Bücher