Romana Gold Band 13
Caroline.
„Chérete“ , erwiderte Elpida. Dann trug sie ihren Krug hinaus in die Küche. Als sie zurückkehrte, war der Krug leer. Sie sagte etwas zu Rafe, und er antwortete „Ne“ , was „ja“ bedeutete. Anscheinend hatte er sie gebeten, später wiederzukommen, denn sie wandte sich zur Tür. Bevor sie ging, drehte sie sich mit einem hochmütigen Lächeln zu Caroline um und spielte dabei mit ihren kostbaren Ohrringen.
Anscheinend hat er sie erst kürzlich ihr geschenkt, dachte Caroline. Belustigt stellte sie fest: „Ich kann also deiner Mutter sagen, dass es dir gut geht?“
„Ja, sag ihr das … falls du ihre Spionin bist.“
„So würde ich es nicht nennen“, begehrte sie auf. Doch er war der Wahrheit recht nahe gekommen. Bei ihrer Rückkehr würde sie Mrs Drayford jede Einzelheit berichten müssen. Allerdings nur ihr. Robert und Christopher Drayford würden nichts davon hören wollen.
„Und ich dachte, du wärst der Köder“, sagte er.
„Wie bitte?“ Caroline sah ihn verständnislos an.
„Lies den Brief!“, forderte er sie auf.
Er legte das Blatt Papier auf den Tisch neben die Pinsel und die Farbtuben. Dieser Tisch, eine Staffelei und ein Hocker waren die einzigen Möbelstücke im Raum. Am liebsten hätte sie sein Ansinnen zurückgewiesen. Doch ihre Neugier siegte, und Caroline begann zu lesen:
Lieber Rafe, ich hoffe, dieser Brief erreicht Dich und es geht Dir gut. Hier hat sich wenig verändert, aber ich wäre glücklich, Dich einmal wiederzusehen. Dein Vater auch, wenn Du ihm nur ein wenig entgegenkommen könntest …
Wie kühl und unpersönlich, dachte Caroline. Der Brief klang, als würde Mrs Drayford einem früheren Angestellten eine Bewährungschance bieten. Doch dann wurde der Ton langsam wärmer. Er fehle ihr, schrieb Rafes Mutter, und sie mache sich Sorgen um ihn. Er gehöre nach Virginia Grove, zu seiner Familie und seinen Freunden … mit einer Frau wie Caroline, die im Frühjahr seinen Bruder heiraten würde. Wenn Du nach Hause kommst, Rafe, wirst auch Du eine solche Frau …
Caroline ließ den Brief sinken. „Du lieber Himmel!“
„Reizend, stimmt’s?“ Rafe verzog das Gesicht. „Dabei war ich mit einer solchen englischen Schönheit so gut wie verlobt, und einer der Gründe für mein Verschwinden war die Aussicht, den Rest meines Lebens mit ihr verbringen zu müssen.“
Er musste seine Begleiterin auf der Party meinen. „Da hat die Ärmste wohl noch einmal Glück gehabt“, entgegnete Caroline scharf, denn sie ärgerte sich über seine geringschätzige Bemerkung. Glücklicherweise brauchte sie sich nicht lange aufzuhalten. „Du hast jetzt deinen Brief“, begann sie, „dann kann ich ja wieder gehen. Du brauchst dich mit der Rückkehr nicht zu beeilen. Ich weiß gar nicht, welche Freunde deine Mutter meint. Ich bin nie jemandem begegnet, der dich vermisst.“
Rafe blieb ungerührt. „Du erledigst deinen Auftrag nicht besonders gut.“
„Was für einen Auftrag?“
„Hat dich meine Mutter nicht als Kundschafterin geschickt?“, fragte er. „Viel hast du noch nicht herausgefunden. Das Haus, die Bilder, die Suppe von einer Nachbarin. Sie wird mehr erwarten. Wird sie nicht wissen wollen, ob ich eine Geliebte habe oder im Gefängnis war?“
„Beides würde mich nicht überraschen.“ Sie war sogar davon überzeugt, dass er eine Geliebte hatte – die freundliche Nachbarin zum Beispiel, die so herausfordernd mit ihren Ohrringen gespielt hatte. Dass er im Gefängnis gesessen hatte, war auch denkbar. Er sah ziemlich wild aus. „Aber ich glaube, so genau will sie es gar nicht wissen.“
„Sie hat die Welt immer nur durch eine rosarote Brille sehen wollen“, stimmte er zu. „Ich würde gern hören, was in der Zwischenzeit zu Hause geschehen ist. Bleib noch einen Moment. Ich teile die Suppe mit dir.“
Er ging in die Küche, und zum ersten Mal fand Caroline Zeit, sich in Ruhe umzusehen. Bisher hatte sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Bewohner des Hauses gewidmet. Nun ließ sie den Blick umherschweifen. Der Boden bestand aus gestampftem Lehm, und die Zimmerdecke lag auf rohen geschwärzten Balken. In der Ecke führte eine Leiter offenbar ins Obergeschoss unter dem Dach. Durch den Türbogen sah Caroline einen Herd, einen Tisch und roh behauene Stühle. Von den Balken hingen zahlreiche Bunde Zwiebeln, Kräuter und getrocknete Tomaten.
Im Sommer musste dies ein malerisches Dorf sein, und das Haus hatte bestimmt einen rauen Charme. Doch nun wirkte der Ort öde und
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