Romana Gold Band 15
und alle möglichen Gefühle vermischten sich. Nicht im Traum hätte sie erwartet, so herzlich empfangen zu werden. Sie hatte sich also umsonst geängstigt. Sie wurde sogar gefragt, was sie vorzog! „Juan“, antwortete sie leise, „da wir doch in Spanien sind.“
„Sehr schön!“ Die grauen Augen funkelten warm.
Die nächsten zwei Stunden vergingen wie im Flug und waren angefüllt mit frohem Gelächter und angenehmer Plauderei. Doña Luisa half dabei, Johnny zu baden, zu füttern und schließlich zu Bett zu bringen.
Weder ein Vorwurf noch ein böses Wort, noch ein unfreundlicher Blick. Schade, dass Javier nicht ebenso warmherzig und tolerant wie seine Mutter sein kann, dachte Cathy. Sie fragte sich, wo dieser Unmensch wohl war. Sonst verpasste er nie die Zeit vor dem Zubettgehen, um mit seinem Neffen zu toben.
„Er wird von Anfang an Englisch und Spanisch lernen“, flüsterte Doña Luisa, während sie auf das schläfrige Kind in der Wiege hinunterblickte. „Zweisprachig aufwachsen, noch bevor er in die Schule kommt.“
Cathy zwang sich zu einem Lächeln. Es würde noch Monate dauern, bevor Juan überhaupt die ersten verständlichen Worte aussprechen konnte. Bis dahin wären er und sie schon längst wieder abgereist. Aber sie brachte es nicht über sich, die ältere Frau zu verletzen. Sie hatte ihren Mann und ihren jüngsten Sohn verloren. Wenn sie davon ausging, dass ihr Enkelsohn nun ein permanenter Teil ihres Leben werden würde – nun, diesen Irrtum aufzuklären, hatte es noch Zeit.
Doña Luisa deutete Cathys Schweigen als Aufforderung, das Kind schlafen zu lassen. Sie beugte sich nochmals über die Wiege und ging dann auf Zehenspitzen aus dem Raum.
„Ich werde Sie jetzt allein lassen“, flüsterte Doña Luisa, „damit Sie auspacken können. Wenn Sie irgendetwas benötigen, egal was, brauchen Sie nur zu fragen. Ach, und wir essen um zehn Uhr zu Abend, aber kommen Sie doch um neun in den Saal. Wir werden zusammen einen Aperitif trinken und können ein wenig plaudern.“
Doña Luisa hatte nichts von dem Monster, das Cathy sich vorgestellt hatte. Mit Blicken folgte sie Javiers Mutter, die das Zimmer verließ. Warum hatte er darauf bestanden, das Treffen so lange hinauszuzögern? Warum hatte er so getan, als ob seine Mutter Zeit brauchte, sich seelisch auf den Enkel und die unmoralische Frau vorzubereiten?
Sie hätte ohne Schwierigkeiten die sechs Wochen ihres geplanten Aufenthalts in Spanien hier mit Juans charmanter Großmutter verbringen können. Also war ihr Instinkt doch richtig gewesen. Doña Luisa würde verstehen, dass das Baby bei der Mutter besser aufgehoben war – nun, seiner Adoptivmutter. Vielleicht konnte sie ihr sogar die Wahrheit sagen, wenn sie sich erst besser kannten, dass sie, Cathy, das Kind wie ihr eigenes liebte und, wenn sie es Javier überlassen müsste, es ihr das Herz brechen würde. Doña Luisa würde Verständnis dafür haben. Und sicherlich könnte sie sich auch für Cathys Anliegen bei ihrem despotischen Sohn einsetzen, nicht wahr?
Sich an diese Hoffnung klammernd, schaute Cathy auf ihre Armbanduhr. Es blieb noch eine Stunde, bis sie sich mit Doña Luisa treffen sollte. Wahrscheinlich auch mit Javier. Bei dem Gedanken erschauerte sie. Sie wusste nicht, warum, aber dieser Mann hatte diese unliebsame Wirkung auf sie, hatte sie von Anfang an gehabt. Und die Art und Weise, wie sie auf seine belanglosen Zärtlichkeiten reagiert hatte, machten die Dinge nicht einfacher.
Mit seinem kaltblütigen Heiratsantrag konnte sie fertig werden, denn das stand völlig außer Frage, aber die Gefühle, die sie überkamen, wann immer sie an diese Episode dachte … Die Bilder verfolgten sie, stiegen unerwartet in ihr auf und ließen sie schwindeln – vor Scham natürlich.
Cathy war flau im Magen, als sie die Schranktür aufzog und ihr kleines Schwarzes herausholte, das einzige Kleid, das einigermaßen passend für die Gelegenheit war. Entschlossen ging sie in das anliegende Badezimmer und stellte sich unter die Dusche.
Natürlich war sie viel zu früh fertig, und so sah sie sich in den Räumen um, die man ihr zugewiesen hatte.
Vier große Fenster gingen zum Garten hinaus, der eine riesige Anlage sein musste. Die Wandteppiche aus Brokat in Silber und Seegrün waren von unaussprechlicher Schönheit und harmonierten mit der kunstvoll geschnitzten Holzdecke. Das Mobiliar war antik, und in einer silbernen Vase strömten weiße Rosen einen betäubenden Duft aus. Sie hätte hier eine
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