Romana Gold Band 15
würde die Wahrheit nicht mit solcher Wucht auf sie niederprasseln.
Cathy hatte das getan, was sie schon hätte tun sollen, als Javier in London auftauchte: Sie hatte an Cordy geschrieben und ihr in dem Brief alles erklärt.
Vielleicht hatte sie damit auch ihr Gewissen ein wenig beruhigt und konnte deshalb die wenigen freien Momente gelöst genießen. Der Abend war angenehm kühl, sie saß im Garten und lauschte dem Gurren der Tauben, in das sich das leise Plätschern des Springbrunnens mischte.
Es hatte keinen Zweck, sich zu wünschen, dass alles anders verlaufen wäre. Sie hatte nicht wissen können, dass Javier sie aufsuchen würde, hatte nicht wissen können, was das Schicksal für sie bereithielt – dass sie ihr Herz an den gut aussehenden Spanier verlieren würde und wahrscheinlich auch das Baby, das sie so vergötterte.
Sie hätte nicht lügen sollen. Sie hätte Javier von Anfang an die Wahrheit über Cordy erzählen sollen. Selbst wenn diese Lügen aus der besten Intention heraus entstanden waren. Wenn er alles herausfand, würde er sie in dem gleichen Licht wie ihre Schwester sehen – unfähig, eine gute Mutter zu sein.
Er war despotisch und ließ sich nicht so schnell von einem einmal gefassten Vorhaben abbringen, aber er war nicht gemein. Wenn sie ehrlich mit ihm gewesen wäre, hätte er ihre Bemühungen, das Baby bei sich zu behalten, anerkannt, und sie hätten eine Regelung finden können. Er hätte sie nie von Juan getrennt, wenn er ihre Integrität erkannt hätte. Das wusste sie jetzt. Aber jetzt war es zu spät.
Cathy seufzte. Sie presste die Zähne zusammen und spürte, wie die Anspannung zurückkam. Und hinter ihr sagte Javier leise: „Warum so traurig, mi Cathy?“ Er trat vor sie hin, aber in der Abenddämmerung konnte sie sein Gesicht nicht erkennen. „Wenn ich der Grund für diesen tiefen Seufzer sein sollte, ist meine Entschuldigung mehr als angebracht.“ Er reichte ihr ein Glas eisgekühlten Manzanilla und setzte sich zu ihr.
Mit zittrigen Fingern hielt Cathy das Glas. Sie hatte nicht gewusst, dass er zurück war. Sein plötzliches Auftauchen war wie Magie – als ob ihre Gedanken, ihre Gefühle, die sie sich selbst gegenüber nicht zuzugeben wagte, seine Anwesenheit heraufbeschworen hätten. Sie schauderte, wusste nicht, wie sie mit dem Gemisch aus Gefühlen und Ängsten fertig werden sollte.
„Ist Ihnen kalt? Möchten Sie lieber ins Haus gehen?“
Cathy schüttelte den Kopf. Ihr langes Haar benutzte sie dazu, ihr Gesicht zu verbergen. „Nein, es ist angenehm kühl.“
„Gut. Ich muss mit Ihnen reden. Hier draußen haben wir die nötige Ruhe und sind allein, bevor wir zum Dinner hineingehen.“
Er klang besorgt und verfiel in Schweigen. Die Stille dehnte sich aus. Sie war gespannt darauf, was er zu sagen hatte, aber er sprach kein Wort. Und sie wusste, dass er der Vernunft gefolgt war, wusste, dass ihre Argumente, als sie das letzte Mal zusammen geredet hatten, auf Gehör gestoßen waren.
Er würde zugeben, dass sein Vorschlag für eine Ehe unsinnig gewesen war, unlogisch, und es würde ihr wehtun. Denn auch wenn sie wusste, dass sie ihn nie heiraten konnte, nicht zu seinen Bedingungen, so war ihr sein Drängen angenehm gewesen, auch wenn sie es ihm gegenüber nie zugegeben hätte.
Solange er eine Ehe als Lösung für das Sorgerecht für Juan betrachtet hatte, hatte er sich um sie gekümmert, direkt oder indirekt, aber ihr war das immer bewusst gewesen. Sie brauchte seine Nähe, es war für sie wie eine Droge. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Sie hatte sich so an seine ernsten Züge gewöhnt, an seinen sinnlichen Mund, an das Feuer in seinen Augen und die samtene, dunkle Stimme.
„Ich möchte mich entschuldigen.“ Endlich brach er das Schweigen.
Sie sah ihn fragend an. Wollte er sich für den Heiratsantrag entschuldigen? Reue war nicht unbedingt seine stärkste Charaktereigenschaft. Die wenigen Fehler, die er machte, wurden mit einem Schulterzucken bedacht und sofort vergessen.
„Ich möchte mich entschuldigen, dass ich fortgegangen bin und Sie allein gelassen habe. Als Sie über meine Frau sprachen, haben Sie einen wunden Punkt berührt, haben mich an Dinge erinnert, die ich meinte, längst vergessen zu haben. Aber das rechtfertigt nicht mein Benehmen. Ich hätte nicht die Beherrschung verlieren dürfen.“
Ich hatte also recht gehabt, dachte Cathy zerknirscht. Er hatte seine Frau so sehr geliebt, dass er selbst nach ihrem Tod den Gedanken nicht
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