Romana Gold Band 15
Ungerechtigkeit!“
„Einbuchten heißt Hausarrest, nehme ich an.“
„Ja.“
„Wieso bist du dann draußen, Freund? Ausgebüchst, hm?“
Mark machte ein so jämmerliches Gesicht, dass Jenna ihn vor Mitleid am liebsten umarmt hätte. Mit fünfzehn hatte man mitunter hart am Leben zu kauen.
„Was sollte ich denn machen?“ Marks Stimme klang flehend. „Wenn der Vogel nun stirbt?“
„Du willst also jetzt nach ihm sehen?“
„Ja.“
„Soll ich dir helfen? Ich könnte dich an den Beinen festhalten, während du dich über den Rand beugst“, schlug Jenna vor. Sie würde Mark kaum hindern können, sein Vorhaben auszuführen, aber sie konnte ihm beistehen, ihn vor Waghalsigkeiten bewahren.
„Würdest du das tun? Wirklich?“
„Klar. Momentan habe ich nichts Besonderes vor“, versicherte sie. Mark seufzte dankbar.
Sie hielten auf der Klippe. Mark legte sich an den Rand und sah hinunter. Der Vogel war da, wies jedoch keinerlei Verletzung auf, sondern putzte sich gemächlich das Gefieder. Als er Mark bemerkte, wandte er den Kopf, blinzelte verächtlich und flog davon.
„So eine Unverschämtheit“, meinte Jenna. „Da keuchen wir durch die Hitze, riskieren schärfste Strafen, und dieses Tier ist putzmunter. Sagt nicht mal Danke. Also, ich weiß nicht, diese jungen Vögel heutzutage … Keinen Anstand, keine Erziehung, wenn du mich fragst.“
„Das könnte man ebenso von einer gewissen jungen Frau sagen, die Strafen unterläuft und Jugendliche zu Dummheiten verleitet“, sagte Bayne hinter ihr. Seine Stimme klang keineswegs amüsiert.
Aus ihrer hockenden Stellung sah Jenna zu ihm auf. Und wieder tat ihr dummes Herz einen Satz. Baynes dunkles Haar war vom Seewind zerzaust, seine Augen schienen noch blauer, seine Haut gebräunter. Warum hatte der Mann diese verheerende Wirkung auf sie?
Jenna war sich nicht bewusst, dass sie mit dem Schmutz im Gesicht und dem wirren Haar genauso jung wie Mark aussah. „Auf frischer Tat ertappt“, bekannte sie schuldbewusst. „Kommen wir jetzt ins Gefängnis, bei Wasser und trocken Brot?“
„Mindestens“, bestätigte Bayne grimmig. Er warf Mark einen zornigen Blick zu. „Ich frage dich gar nicht erst, warum du mein Verbot missachtet hast, das nur zu deinem Besten war. Ich würde wahrscheinlich wieder nur halb hinhören, nicht? Ich mache dir keine Vorwürfe wegen deines Ungehorsams. Aber ich finde es unverzeihlich, dass du Clarissa beleidigt hast. Wenn du sie schon nicht magst, kannst du wenigstens höflich zu ihr sein.“
„Ich habe sie nicht beleidigt! Wenn sie das behauptet, lügt sie!“ Erregt sprang Mark auf.
„Hast du ihr nicht gesagt, sie sei blöd?“
„Nein! Sie wollte bloß nicht zuhören, und ich musste doch nach dem Vogel sehen“, verteidigte sich der Junge. „Oder hättest du gewollt, dass ich ihn sterben lasse?“
„Wer will das schon?“, gab Bayne zu.
„Ich weiß“, fuhr Mark zerknirscht fort, „wenn ich gleich gehorcht hätte und nicht zu den Klippen gegangen wäre, hätte ich den Vogel nicht gesehen und …“
„Richtig. Geh jetzt nach Haus, und entschuldige dich bei Clarissa“, befahl Bayne ruhig.
„Muss ich das wirklich, Bayne?“
„Ja.“
„Aber sie …“ Ein einziger Blick aus Baynes blaugrünen Augen ließ Mark verstummen. Mit zusammengekniffenen Lippen starrte er seinen großen Bruder an und rannte davon.
„Und dir wäre ich dankbar, wenn du Mark nicht noch bestärken würdest.“ Geistesabwesend streckte Bayne die Hand aus, um Jenna hochzuhelfen. „Clarissa hat auch ohne deine Einmischung schon genug Sorgen. Meinst du nicht, du hast dem Jungen gegenüber eine gewisse Verantwortung? Er ist noch nicht gefestigt, und er bewundert dich. Wenn du ihn dazu bringst, Verbote zu ignorieren …“
„Ich habe ihn zu nichts gebracht“, stellte Jenna richtig. „Wenn Clarissa Mark ungeschickt behandelt, ist das nicht meine Schuld.“
„Bevor du aufgetaucht bist, war Mark nicht so aufsässig“, wandte Bayne ein.
„Liegt das wirklich an mir?“ Jenna versuchte, in seinen Augen zu lesen, doch sie blieben ausdruckslos. „Wie lange arbeitet Clarissa schon bei dir?“
„Ein paar Monate.“
„Könnte es nicht sein, dass Mark ihre Einmischung nicht erträgt?“
„Clarissa mischt sich nicht ein“, erwiderte Bayne ungerührt. „Sie ist fürsorglich und hat einen besänftigenden Einfluss auf Mark. Was man von dir nicht sagen kann.“
Sie wollte auffahren, aber er sprach weiter. „Clarissa ist unscheinbar, sie besitzt
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