Romana Gold Band 15
Unternehmen“, bemerkte Bayne ernst, „voll unermesslicher Mühen und Gefahren.“
„Ganz recht.“
„Dann bitte ich aufrichtig um Verzeihung und …“
„Nicht nötig“, unterbrach Jenna hastig. „Ich vermute, dieser Besuch ist nicht auf dein Schuldbewusstsein wegen gestern Abend zurückzuführen, sondern weil du irgendwelchem Ärger in deinem Haus aus dem Weg gehen möchtest.“
„Wie gut du mich kennst.“
„Ich kenne dich überhaupt nicht. Ich kenne nicht einmal deinen richtigen Namen oder das Haus, in dem du momentan wohnst. Wer bist du eigentlich? Und warum gehst du dauernd durch die Hecke in meinem Garten?“
„Weil es bequemer ist. Wenn man zu Fuß ist, erspart es einem den mühsamen Umweg über die Straße.“
„Das ist mir bekannt. Ich meine, gibt es keinen anderen Weg? Könnt ihr nicht durch euren eigenen Garten gehen?“
„Meine liebe Jenna, darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Mark hat diese Abkürzung ausfindig gemacht, und ich habe keine Ahnung, was in seinem Kopf vorgeht.“
Jenna kam das Gerede auf einmal kindisch vor. „Ist ja auch egal“, meinte sie schulterzuckend. „Wenn Helen nichts dagegen hat, werde ich mich nicht darüber aufregen.“
„Hast du denn etwas dagegen?“
„Nein, nein“, erwiderte sie ungeduldig.
„Schön. Aber wer ist Helen?“
Verblüfft antwortete Jenna: „Na, die Frau, der diese Villa gehört. Kennst du sie denn nicht?“
„Ich fürchte, nein.“
„Merkwürdig“, sinnierte Jenna. „Aber Helen sagte doch …“ Verwirrt brach sie ab.
„Was sagte Helen?“, forschte Bayne nach.
„Nichts.“ Wenn er Helen nicht kannte, konnte sie ihm folglich nichts von Jenna erzählt haben. Das war gut so. Um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, sagte Jenna kess: „Du siehst gar nicht aus wie ein Peter.“
„Durchaus meine Meinung“, gab Bayne liebenswürdig zurück. „Offenbar fand meine Mutter das auch.“
Jenna wurde aus diesem Mann nicht klug. Warum war er auf einmal wieder zum Scherzen aufgelegt?
„Aber wenn du mich Peter nennen möchtest, habe ich nichts einzuwenden“, bot er großzügig an. „Mit der Zeit werde ich mich sicher daran gewöhnen.“
Noch einmal hakte Jenna nach. „Du heißt also wirklich nicht Peter?“
„Nein. Mein Name ist Bayne.“
„Was machst du dann im Haus nebenan? Bist du bei Peter zu Besuch?“
Da war das vertraute spöttische Lächeln wieder, Jenna wusste nicht, ob es sie freute oder ärgerte. „Peter musste aus irgendwelchen Gründen plötzlich nach New York.“
„Und wieso bist du in seinem Haus?“
„Weil ich einen ungestörten Platz zum Schreiben suchte“, erklärte Bayne geduldig. „Peter kennt mich gut genug, um mir seine Villa zu überlassen, wenn er nicht da ist.“
„Hat er dir nichts von mir erzählt?“, bohrte Jenna hartnäckig weiter.
Bayne wollte sich gerade ins Gras setzen, doch nun hielt er inne und sah Jenna nachdenklich an. „Was soll ich darauf antworten? Sage ich Nein, fühlst du dich möglicherweise verletzt. Sage ich Ja, willst du sicher wissen, was er mir erzählt hat. Ich bin in einem Dilemma.“
„Ja. Aber da du dir einen Sport daraus machst, mich zu kränken“, meinte Jenna mit einem honigsüßen Lächeln, „kannst du ruhig die Wahrheit sagen.“ Sie war überzeugt, dass Peter nichts erzählt haben konnte, und sofort entspannte sie sich.
„Du hast dir einen Fingernagel abgebrochen“, stellte Bayne fest.
Jenna sah auf ihre Hand. „Tatsächlich.“
„Schönsein verlangt harte Disziplin, nicht?“
„Du sagst es.“
„Und was hast du heute so vor?“, erkundigte sich Bayne interessiert.
„Ich glaube, heute bleibe ich zur Abwechslung mal faul im Garten und schwimme dann ein bisschen.“
„Das heißt, zur Abwechslung vom Schwimmen und dann faul im Garten liegen, hm?“
„Richtig.“
„Du bist beneidenswert“, sagte er. „Wie spät ist es eigentlich?“
Jenna blickte zur Uhr. „Zehn vor zwölf.“
„Schon? Dann muss ich schleunigst gehen.“ Bayne winkte ihr lässig zu und verschwand.
6. KAPITEL
Jenna sah Bayne nach. Unwillkürlich traten ihr Tränen in die Augen. Bayne Rawson, der gefeierte, umworbene Autor, der so wenig Einfühlungsvermögen besaß. Aber sie war ja selbst wieder auf ihn eingegangen, anstatt ihn kurz abzufertigen.
Sie fühlte sich ausgesprochen elend. Ich sollte abreisen, dachte sie, bevor es zu spät ist. Aber war es nicht längst zu spät für sie? Warum war es nicht egal, was Bayne von ihr hielt? Andererseits,
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