Romana Gold Band 15
…“
„Clarissa, ich weiß.“
„Gut. Lass uns jetzt gehen.“
Jenna gab auf. Sie ging in ihr Schlafzimmer und begann, sich ausgehfertig zu machen.
„Ist es nicht zu anstrengend für dich?“, erkundigte sich Bayne beiläufig, als sie zu Fuß zum Hotel liefen.
„Nein.“ Seltsamerweise hatte Jenna seit ihrer Rückkehr nach Shepton Mallet keinen Augenblick lang an ihr Bein gedacht. Ob das an Bayne und der übrigen Aufregung lag?
Im Hotel wurde Jenna begrüßt wie eine lang vermisste Tochter. „Jenna! Geht’s dir besser?“
„Viel besser.“
„Wie schön. Komm herein, ihr habt das Restaurant ganz für euch allein.“
„Oh, Jim“, meinte Jenna mitfühlend, „gehen die Geschäfte schlecht?“
„Scheint so“, erwiderte Jim. „Aber keine Sorge, Maggie wartet nur darauf, euch mit ein paar neuen Gerichten zu verwöhnen.“
Mit einem bemühten Lachen gab Jenna zurück: „Woher weiß sie, dass wir die auch bestellen?“
„Braucht ihr gar nicht, ihr bekommt sie sowieso serviert.“ Jim musterte Bayne verstohlen und nickte befriedigt. Dann ging er die Weinkarte holen.
Jenna wählte einen Tisch am Fenster. „Maggie ist seine Frau“, erklärte sie Bayne. „Die beste Köchin der Welt.“
Er lächelte. „Die Geschäfte gehen nicht besonders, wenn ich richtig verstehe.“
Jenna seufzte. „Für uns alle. Wir hatten dieses Jahr nicht viele Touristen. Aber wir lassen die Hoffnung nicht sinken.“
„Bist du hier aufgewachsen?“, wollte Bayne wissen.
„Ja. Ich war zwei Jahre zur Ausbildung in London, und ich habe mich die ganze Zeit zurückgesehnt. Die Umgebung ist herrlich, die Menschen sind freundlich.“
„Du magst das Kleinstadtleben, die vertraute Nachbarschaft?“
„Unbedingt.“ Wenn Bayne sie für provinziell hielt, konnte sie ihm nicht helfen. „Meine Freunde sind mir wichtig, ich brauche das Gefühl, gemocht zu werden. Ich reise zwar gern und interessiere mich für andere Menschen, aber ich komme immer gern wieder nach Haus. Was ich nicht mag, sind Streit, Intrigen, Bosheit. Das macht mir Angst.“
Meine Güte, was plappere ich daher, sagte sie sich. Das kann Bayne doch kaum interessieren. Aber hatte Mark sie nicht gewarnt? „Plötzlich erzählt man ihm Sachen, die man für sich behalten wollte.“
Jim kam mit der Weinkarte. Bayne traf seine Wahl, Jim pries seine Kennerschaft. Nicht, dass es Jenna beeindruckte, aber Bayne schien auch auf diesem Gebiet Experte zu sein. Jim verachtete Gäste, die sich als Gourmets aufspielten und im Grunde keine Ahnung hatten. Wenn man ihm dagegen seine Unwissenheit gestand, beriet er auf liebenswürdigste Weise.
Die Weinflasche wurde geöffnet, Bayne probierte und war zufrieden. Jenna blickte in den Garten hinaus. Eine Amsel sonnte sich mit gespreizten Flügeln auf dem Weg. Ein Eichhörnchen kletterte zum Vogelfutterplatz empor, missbilligte das Nahrungsangebot und sprang davon. Jenna beneidete das Tier um seine Leichtfüßigkeit.
„Erzähl mir mehr von dir“, bat Bayne und lenkte damit ihre Gedanken auf die Gegenwart zurück.
Jenna blickte aufs Tischtuch herunter und murmelte: „Da gibt es nicht viel zu erzählen.“
„Dann erzähl mir von deiner Rückreise.“
„Sie war lang und anstrengend.“
„Kann ich mir vorstellen. Deine Nase ist fast verheilt.“
„Stimmt.“
„Der Schorf steht dir gut. Ich mag übrigens deine Mutter sehr.“
„Ich auch. Hat sie sich auf die Chaiselongue drapiert?“
Bayne lachte. „Allerdings. Sie meinte, wenn dein Vater nicht auf der Stelle erkennt, dass sie ein Luxusweib ist, reicht sie die Scheidung ein.“
Jenna lächelte mechanisch und senkte wieder den Blick. Sie fühlte sich unbehaglich, sie litt bei diesen angestrengten Gesprächen. Aber sie konnte Bayne ja wohl nicht anschweigen, sie musste sich zusammenreißen. Anscheinend besaß sie doch schauspielerische Talente.
„Bist du hergeflogen?“, fragte sie.
„Ja. Ich bin stolz auf mich, dass ich das geschafft habe. Alle Flüge waren angeblich ausgebucht, also habe ich mich fürchterlich aufgeführt und Vorzugsbehandlung gefordert. Ich habe schamlos alte Damen beiseitegedrängt …“
„Alte Damen mit kleinen Enkelkindern vermutlich?“
„Mit Babys“, trumpfte er auf, „kranken Babys, möchte ich meinen, damit sie mir ihren Platz überließen.“
„Aber du brauchtest doch nur einen.“
Bayne lachte. „Im Flugzeug geht nichts über Arm- und Beinfreiheit.“
„Wahrscheinlich. Aber wie hast du Helen erreicht, die du ja gar nicht
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