Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)
und Fett, wieder neu zusammengesetzt. Ganz nach Bedarf und Marktlage kann die Molkerei also Magermilch oder halbfette oder fette Milch herstellen.
Durch die Globalisierung gleichen sich die Essgewohnheiten an. Das heißt, in Asien zum Beispiel geht der Trend nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO weg vom Vegetarier und hin zum Fleischesser. Weil man sieben Kilo Getreide braucht, um ein Kilo Fleisch herzustellen, bringt der höhere Fleischverbrauch fast automatisch die Brotpreise zum Steigen, und Fleisch wird in der Relation zum Brot billiger – ein Teufelskreis, wenn man so will.
China muss seit einiger Zeit Getreide importieren, hauptsächlich, um damit Fleisch herzustellen. Neuerdings wird dort auch immer mehr Milch verzehrt – als Joghurt, als Käse, als Eis, in den verschiedensten Formen, obwohl die Körper der meisten Asiaten den Milchzucker, die Laktose, eigentlich nicht vertragen. Auch in Afrika und in Südeuropa vertragen viele keinen Milchzucker. Die Milch ist eben ein historisch neues und für den menschlichen Organismus ungewohntes Nahrungsmittel. In Asien muss sie von der Industrie durch Entzug der Laktose überhaupt erst genießbar gemacht werden.
Warum steigt der Milchpreis? Da gibt es mehrere Theorien. Es hängt mit der gestiegenen asiatischen Nachfrage zusammen, sagen die einen. Asien baut erst allmählich eine Milchwirtschaft auf, demnächst wohl mit japanischen und koreanischen Turbokühen. Wer weiß, vielleicht dreht Japan den Spieß schon bald um, wie bei der Autoproduktion, und in 20 Jahrentrinken wir Toyota-Milch aus Japan. Außerdem haben die wachsende Produktion von Biosprit und eine Dürre in Australien weltweit das Futter knapper und teurer gemacht.
Andere dagegen, wie der grüne Europapolitiker Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringsdorf, haben den Handel im Verdacht, die Preise zu manipulieren. Fest steht, dass wir in Deutschland in den letzten Jahren nur zwölf Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben haben, im internationalen Vergleich ist das wenig. Da könnte schon jemand auf die Idee kommen, dass es Luft gibt für höhere Preise. Fest steht auch, dass die Milchfabriken von den höheren Preisen bisher nicht viel abbekommen.
Die Tierschützer wollen, dass die Kühe ebenso ins Bewusstsein der Verbraucher dringen wie vor ein paar Jahren die Hühner. Sie wollen, dass der Milchpreis steigt, aber davon sollen auch die Kühe etwas haben. Sie sollen sich nicht in Maschinen verwandeln müssen, in riesige, willenlose, entzündete Euter, sondern Kühe bleiben dürfen.
Das älteste Tier im Heim ist 18. Trude. Die war der Liebling der Bäuerin, sagt Natascha Hirschmann, deswegen wurde sie nicht geschlachtet. Sie konnte nicht mehr stehen, als Hirschmann sie holte, lag schon zum Sterben, steife Gelenke. Aber das zahme Schwein hat sie immer wieder hochgescheucht, bis die Kuh schließlich so genervt war, dass sie beschloss weiterzuleben. Die alte Kuh frisst kein Gras, das hat sie in ihrem langen Leben nämlich nie gesehen, sie frisst nur Heu. Bei Christiane, einer Turbokuh, stellte sich heraus, dass sie schwanger war. Nun hat sie zum ersten Mal nach einer langen Reihe von Schwangerschaften ihr Kalb behalten dürfen. Man merkt direkt, wie glücklich sie ist, sagt Hirschmann, eine untypische Bemerkung für sie, sonst wirkt sie eigentlich unsentimental.
Die Kuh passt jede Sekunde auf das Kalb auf, rennt ihm eifrig hinterher, obwohl sie augenscheinlich bei jedem Schritt Schmerzen hat und die Knochen laut knacken. Die alte Kuh schwankt beim Gehen wie ein Betrunkener, ihr Euter schleift fast am Boden. Wenn das Kalb in ein paar Monaten groß ist, wird die Mutter vermutlich getötet werden müssen, es geht einfach nicht mehr, jede Bewegung ist eine Qual für sie. Aber immerhin, sagt Hirschmann, ein paar gute Monate hatte sie.
Kühe sind gar nicht dumm, sagt sie dann, obwohl das immer behauptet wird. Die erkennen Menschen, und jede hat einen anderen Charakter. Kühe sind aber unheilbar gutmütig. Sie wehren sich nicht. Wenn du eine Kuh quälst, schaut sie dich nur fragend an und tut keinen Mucks. Deshalb, wegen ihrer Gutmütigkeit, wird sie von uns für dumm gehalten.
Die Totmacher
Im Frühsommer 1999 werden in Ostdeutschland neun Kleinkinder von ihren Müttern zu Tode gebracht. In der Stadt Brandenburg sperrt eine Mutter ihr Kind in den Keller und wartet, bis es verhungert. Danach wirft sie die Leiche in den Wald. Es ist Mai. Am 4. Juni werden in Mühltroff in Sachsen drei
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