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Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)

Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)

Titel: Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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Sound, der einen perfekt einlullt, aber der Erkenntnisgewinn tendiert gegen null. Eigentlich ist es eine hübsch verpackte Banalität. Richard Clayderman, als Buch. Das wäre noch kein Vorwurf.
    Antoine de Saint-Exupéry wurde 1900 geboren, mit vier Jahren verlor er den Vater, erzogen wurde er in einem Internat. Saint-Exupéry arbeitete meistens als Pilot, er war dauerndauf Achse, seine Beziehungen zu Frauen litten darunter. Ein glücklicher Mann war er wohl nicht. Es heißt sogar, er sei depressiv gewesen. 1944 stürzte er mit einem Aufklärungsflugzeug über dem Mittelmeer ab, vielleicht ein gewöhnlicher Absturz, vielleicht abgeschossen von der deutschen Luftwaffe, vielleicht auch ein Freitod, das ist bis heute unklar. »Der kleine Prinz«, vom Autor selbst illustriert, kam 1943 in New York heraus: Der Ich-Erzähler ist in der Wüste notgelandet. Dort begegnet ihm der kleine Prinz, eine Art Kind, das von einem fernen Planeten stammt und ihm sechs Tage lang seine Geschichte erzählt. Aus der Begegnung wird eine Offenbarungsgeschichte, ausgeschmückt mit zahlreichen Lebensweisheiten. Der Planet, von dem der kleine Prinz gekommen ist, ist ganz winzig. Eine Rose wächst dort. Das größte Problem stellen die Affenbrotbäume dar, die in rücksichtsloser Weise den Planeten zu überwuchern drohen.
    Auf seiner Reise besucht der Prinz sechs andere Himmelskörper, auf denen unter anderem ein machtverliebter König, ein Eitler, ein in den Reichtum verliebter Geschäftsmann, ein Forscher und ein Säufer wohnen. Diese Besuche bieten Gelegenheiten zu Gesprächen über menschliche Schwächen und zu Lehren über das Leben als solches. Der – Achtung, magische Zahl – siebte Planet ist schließlich die Erde. Am – schon wieder! – siebten Tage verlässt der Prinz sie wieder, indem er sich von einem nützlichen, aber bereits in der Bibel negativ besetzten Tier beißen lässt, einer Schlange. Vielleicht fliegt er ab, vielleicht ist es ein Freitod, das bleibt beim kleinen Prinzen ebenso unklar wie bei seinem Verfasser. Die Tonlage ist der von Jesus nicht ganz unähnlich, theologisch Gebildete nennen diesen Sound gern »jesuanisch«.
    Aus dem Buch ist, vor seiner Karriere als Adventskalender,etliche Male ein Theaterstück gemacht worden, ein Comic, mehrere Opern, ein Ballett, ein Computerspiel mit der Stimme von Ben Becker, eine Suite für Orchester, eine Fernsehserie, ein Puppentheater und eine tiefenpsychologische Deutung von Eugen Drewermann. Eine der Verfilmungen entstand in der DDR, Regie Konrad Wolf. In der japanischen Stadt Hakone steht der Asteroid des kleinen Prinzen sogar als Brunnendenkmal, im »Museum of The Little Prince«.
    Trotz seines pseudoreligiösen Charakters ist das Buch offenbar überall gut angekommen, unter allen Regimen, bei allen Kulturen, bei Diktatoren ebenso wie bei raffgierigen Oligarchen, denn in der Theorie sind, meines Wissens, alle für Humanismus, für Liebe und für Freundschaft. Auch Oberst Gaddafi war es.
    Damit will ich, um Himmels willen, nichts vergleichen, ich will nur sagen: Man erschrickt oft darüber, wie der Humanismus von seinen Verfechtern so ganz konkret umgesetzt wird. Deswegen tendiere ich zu der Ansicht, dass man sich den jeweiligen Humanismus immer genau anschauen muss.
    Was genau verkündet der kleine Prinz?
    Kinder müssen mit großen Leuten viel Nachsicht haben. (Der kleine Prinz, Seite 22)
    Gewiss. Umgekehrt aber auch. Wenn man mit dem Auto fährt und das Kind fragt zum fünfzigsten Mal: »Wann sind wir denn endlich da?«, müssen auch große Leute viel Nachsicht haben.
    Antoine de Saint-Exupéry starb kinderlos, das merkt man seinem Blick auf Kinder an. Diese romantische Überhöhung des Kindseins, die Ernennung des Kindes zum besseren, reineren Menschen, so etwas fällt Kinderlosen deutlich leichter.Es findet sich auch auf Seite 97: »Nur die Kinder wissen, wohin sie wollen.« Und bei dem Sänger Herbert Grönemeyer, der, obgleich Vater, eine Art Nachdichtung verfasst hat: »Die Welt gehört in Kinderhände. Kinder an die Macht.«
    Ach, man liebt ja die Kinder. Obwohl sie keine Übermenschen im Taschenformat sind, sondern Egoisten und manchmal Nervensägen und soziales Verhalten sowie Affektkontrolle erst noch lernen müssen. Sie können auch grausam sein – darf man das sagen? Wenn das Kind zwecks eigener Erheiterung die Katze zum zwanzigsten Mal am Schwanz zieht oder, was ich mal gesehen habe, wenn Kinder dem Hund eine Tüte an den Schwanz binden und dieselbe

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