Romanzo criminale
nächste Mal schnappen?
Freddo fingerte am Radio. Die Nachrichten standen ganz im Zeichen der außergewöhnlichen Verbrechen der letzten Tage. Alle brachten Abscheu für Nembo und Bedauern um den Genossen Pio la Torre zum Ausdruck, der in Palermo erschossen worden war. Wenn ein Telefon in der Nähe gewesen wäre, hätte er sie angerufen. Um seiner Wut Luft zu machen. Was heult ihr, ihr Idioten, wisst ihr denn nicht, dass das Leben nun mal so ist?
– Hast du gehört, was ich sagte?
Robertas Gesicht war ernst. Freddo hatte sich einen anderen Empfang erwartet. Er igelte sich ein.
– Du hast genug auf der Kante, um dich zurückzuziehen. Hauen wir ab. Gehen wir weg von hier. Ich halte dieses Leben nicht mehr aus!
Fast hätte er gesagt, dass auch er es satthatte. Früher oder später würde er endgültig in den Knast wandern. Wenn sie sich nur auf die Kleinigkeiten beschränkten, vier oder fünf Jahre. Aber wie lange würde es dauern, wenn sie alles hinschmissen? Sie beide allein, vielleicht im Ausland, ohne eine Lira ... ohne die Straße ... ohne die Freunde ...
– Lass mich hier aussteigen. Ich gehe später nach Haus.
Sie hielt jäh an. Er versuchte zu lächeln, brachte aber nur ein schiefes Grinsen zustande. Roberta brauste davon. Die kommenden Tage würden schwierig sein.
– Freddo, mein Freund!
Dandi war zu Hause. Bei ihm war der Innenarchitekt: eine Tunte um die sechzig, mit gefärbten Haaren und Armbändern wie ein Hippie.
– Ich würde wirklich heftig davon abraten, einen Mafai neben einen Vespignani zu hängen ... hier würde ein Masson gut herpassen ... was halten Sie davon?
– Ach ja, ist gut ... wir sprechen ein anderes Mal darüber, Meister. Mein Freund ist gerade gekommen, und ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen.
Der Innenarchitekt steckte einen siebenstelligen Scheck mit Dandis krakeliger Unterschrift ein und verabschiedete sich mit einer höflichen Verbeugung.
– Was meinst du, Freddo?
– Du bist dicker geworden?
– Ich meinte, von der Wohnung!
– Ach, vom Museum! Mit den vielen Antiquitäten, den Wänden voller Bilder, dem Geruch von Kerzen und Weihrauch, den Lautsprechern hinter den Vorhängen, der Schlachthausmusik wie bei Trentadenari ...
– Unten habe ich einen Billardsaal eingerichtet ... möchtest du eine Partie spielen?
„Unten“ war ein mit Wirtshausmöbeln eingerichtetes Kellerstübchen, in welchem Abendessen, Feste und Saufgelage stattfanden. Freddo kreidete den Queue ein und bemerkte, dass der Käfig leer war.
– Und das?
– Das? Ach, der arme Alonzo! Er war zu groß geworden, er ging schon allen auf die Nerven. Mit einem Wort, ich hab ihn beseitigen müssen.
In diesem Requiem zeigte sich Dandi. Heuchelei und Gewalt. Freddo machte einen lustlosen Stoß und zündete sich eine Zigarette an. Er musterte seinen Freund. Die Stimmung war ein wenig wie beim letzten Abendessen mit Libanese. Aber die Zuneigung von früher war verschwunden. Er musste sich rechtfertigen.
– Nun, die Dinge entwickeln sich prächtig. Jetzt bist ja auch du wieder draußen, somit ...
Er spielte den Ahnungslosen, aber er konnte nicht verbergen, wie unangenehm es ihm war. Freddo dämpfte die Kippe in einem Aschenbecher aus, auf dem sich ein blauer Hahn befand. Dandi runzelte die Stirn.
– Pass ein wenig auf. Das ist ein Originalstück ... Grottaglie-Keramik ... hab ich von Pugliese geschenkt bekommen ... bei mir gibt es nur Stilvolles!
– Ach ja, und das nennst du Stil?
– Ja, was soll daran schlecht sein? Man muss sich von der Masse abheben!
– Und wann habt ihr euch zum letzten Mal von der Masse abgehoben? Als ihr Beato Porco zerstückelt habt? Oder als ihr Satana fertiggemacht habt, ohne ihn zu fragen, woher er den Stoff hat? Weißt du, was Radio Carcere sagt? Dass ihr eines Abends einen Penner angezündet habt ...
– So ein Blödsinn, rief Dandi, davon weiß ich wirklich nichts!
– Natürlich nicht! Du machst dir ja nicht die Hände schmutzig, du ...
Freddo war wirklich stinksauer. Dandi probierte es auf die freundliche Tour.
– Schon gut, Freddo. Sagen wir, die Jungs haben übertrieben. Zum Beispiel Nembo Kid: Er ist uns entglitten, der arme Freund. Und die anderen mit ihm. Was hätte ich tun sollen? Aber er hat ohnehin das Ende gefunden, das er verdient ...
– Auch darüber weißt du nichts, was?
– Wenn ich dir doch sage ...
– Rein gar nichts! Er fährt nach Mailand, steigt mit Diplomatenpass in einem Fünfsternehotel ab, erschießt beinahe ein hohes
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