Romanzo criminale
und als Mensch bist du keine Lira mehr wert. Und es geschieht dir recht, denn du hast viele zum Weinen gebracht. An deiner Stelle würde ich mir ’ne Kugel verpassen und gute Nacht. Es zahlt sich nicht mal aus, dich zu kaufen. Du hast also großes Glück. Wie heißt es noch mal in diesem Film: „Da oben liebt mich jemand“ ... mit einem Wort, du verstehst mich, Bulle. Oder?
Dandi schlug mit der Hand auf den Tisch.
– Ich kaufe dich. Um es kurz zu machen: Ich habe beschlossen, dass du für mich arbeitest!
Scialoja brach in Lachen aus. Dandi lehnte sich im Stuhl zurück.
– Lach nur, denn Mama hat Gnocchi gemacht. Ach, nichts Großes, mach dir keine großen Hoffnungen! Letzten Endes bist du doch nur ein Verräter. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie mühsam es war, die anderen zu überreden. Aber, wenn sich Dandi was in den Kopf setzt ... bloß ein paar kleine Jobs, damit du dir die Möse leisten kannst, auf die du so geil bist ...
Scialoja schloss die Augen und versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. Er verspürte den dringenden Wunsch, dem fetten Bastard ein Loch in den Wanst zu schießen. Einen ziehenden, fast schmerzhaften Wunsch. Irgendwo musste doch eine Pistole sein. Sich auf ihn stürzen. Ihn fesseln. Die Waffe suchen oder sich sagen lassen, wo sie war. Sie verwenden. Hier, in seinem Unterschlupf. Wo er sich am sichersten fühlte. Hinter mir die Sintflut. Er konnte auf Notwehr plädieren. Dandis Stimme ging in ein hinterhältiges Flüstern über.
– Ich weiß, was du gerade denkst. Versuch es. Und du bist du tot. Diesmal ist es nicht wie in Patrizias Wohnung. Akzeptiere, dann habe ich dir zweimal das Leben gerettet. Versuch es und ... bum, bum ... du bist tot.
Dandi machte mit den Fingern das Zeichen der Pistole. Scialoja ballte die Hände zu Fäusten. Nie und nimmer würde man ihm Notwehr abnehmen. Man würde ihm lebenslänglich geben. Irgendeiner seiner Freunde würde ihm unter der Dusche die Gurgel durchschneiden. Er musste überleben. Er stellte sich vor, wie Patrizia sich nach dem Sex den Büstenhalter zumachte, und dieses Bild zauberte ein vages Lächeln auf sein Gesicht.
– Und?
– Ich denke darüber nach.
Sie war sein schneller Triumph und seine lebenslange Niederlage. Irgendwo zu Hause musste noch eine Flasche sein. Dandi war mittlerweile in eine Art Hauptbuch vertieft. Zerstreut hob er den Blick.
– Schick mir ’ne Karte, wenn du dich entschieden hast.
An der Bar der Diskothek sagten sie ihm, er sei ein Gast des Hauses. Er bestand darauf, den doppelten Whisky zu zahlen. Die Zigeuner tauchten hinter ihm auf. Er folgte ihnen gefügig. Mitten auf der von psychedelischen Lichtern beschienenen Tanzfläche stand er plötzlich dem Jungen und der eleganten Blonden gegenüber.
– Ich kenne dich, schrie er, in dem Versuch, den Krach zu übertönen.
– Bitte?
– Du bist der, den sie Pischello nennen.
– Ich verstehe Sie nicht.
Er klammerte sich an die Blonde.
– Wissen Sie, dass Ihr Freund ein Mörder ist?
Sie schüttelte mit einem verlegenen Lächeln den Kopf. Die Zigeuner schleppten ihn davon. Irgendwo zu Hause musste noch eine Flasche sein.
1989
Die Freiheit
I.
So ist das Leben. So ist Rom. Anstelle der Bar, wo du König warst, ein Bierlokal voller Versager, in dem dich keiner kennt. Neue Gesichter im Club, die den Blick abwenden, wenn du sie grüßt, als ob du Aids hättest. Scheele Blicke, unterdrücktes Gelächter. Alle gehen ihren Geschäften nach, im Auftrag von Dandi und im Schutz von Dandi, diesem riesengroßen Arschloch. So ist das Leben. So ist Rom. Du sitzt im Knast und denkst: Wenn ich rauskomme, werde ich euch schon zeigen, wo es langgeht. Aber in dem Augenblick, in dem du rauskommst, bist du ein Niemand. Wenn du im Knast bist, verlieren die anderen den Respekt. Mit zwei Lire in der Tasche und einer Wut im Bauch, die sogar eine Klapperschlange umbringen würde, wenn sie dich bisse. Scrocchiazeppi fühlte sich wie der Russe von Porta Portese, der ihm die Knarre verkauft hatte: als Überlebender. Der Russe war dem Kommunismus davongelaufen, er dem Glück. Und der Vergangenheit. Ja, ein Veteran. Und völlig abgebrannt. Die Wohnung war beschlagnahmt worden. Er musste in einer kleinen Pension hinter dem Bahnhof schlafen. Mit einer Makarow und einem Umschlag voller verrosteter Patronen, für die er sein letztes Bargeld ausgegeben hatte. Für die Rolex hätte er etwas Besseres bekommen. Aber lieber tot und mit Rolex als am Leben und ohne. Zuerst klopfte er bei
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