Romanzo criminale
haust ab. Sofort. Klar?
– Vielleicht ist die Signorina nicht Ihrer Meinung ...
– Du bist noch immer hier? Kapierst du nicht? Los, zieh Leine! Raus!
Das letzte Wort hatte er auf Deutsch ausgesprochen. Raus. Der Junge schien überhaupt nicht bestürzt zu sein. Er sah sogar aus, als ob er riesigen Spaß hätte. Diese Entwicklung hatte Mainardi nicht vorausgesehen. Und ein Schubser war etwas anderes als eine Rauferei. Körperliche Auseinandersetzungen waren nicht seine Stärke. Vielleicht hatte der Junge den Karategürtel in Schwarz. Außerdem wäre es höchst unschicklich gewesen zu raufen: Er konnte sich keine Szene, geschweige denn eine Rauferei erlauben! Aber mittlerweile hatte er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Noch ein falscher Schritt und der Knirps würde ihm offen ins Gesicht lachen. Und wie würde es Rossana aufnehmen? Er beschloss, die Strategie zu ändern.
– Hör zu, sagte er gespielt höflich, versetz dich mal in meine Lage ... du verbringst einen schönen Abend in angenehmer Gesellschaft und plötzlich taucht ein Trottel auf und macht deiner Zukünftigen schöne Augen ...
– Nun, ihr habt mich eingeladen, seufzte der Junge sanft.
Mainardi wurde stinksauer.
– Jetzt reicht es mir aber wirklich. Ich rufe Nero und lass dich mit Arschtritten hinauswerfen!
– Nero?
– Ja. Den Chef. Der lässt nicht mit sich spaßen, mein lieber Arschstudent.
Der Junge dachte eine Zeitlang darüber nach, dann zuckte er mit den Schultern und hielt ihm die Hand hin.
– Ist gut. Ich habe einen Fehler gemacht. Entschuldigung. Ohne Groll?
Ohne Groll. Munter ging Mainardi an seinen Tisch zurück.
Rossana hatte den Champagner nicht einmal angerührt.
– Und der Junge?
– Ach der ... er lässt dich grüßen, aber er musste gehen.
– Du bist schuld!
– Ich? Was redest du? Ich habe ihn getroffen und er hat mich gebeten, dir zu sagen ... wohin gehst du?
Rossana hatte ihre Tasche gepackt und war aufgesprungen. Mainardi legte drei Hunderterscheine auf die Serviette und lief ihr nach. Auf der Straße folgte er dem Klappern ihrer wütenden Schritte auf dem Pflaster.
– Rossana, Liebling!
Der Schlag kam von hinten und traf ihn ins Genick. Betäubt ging er in die Knie, als ob ihm jemand einen Silvesterböller direkt in die Ohren geschossen hätte, und einen Augenblick später spürte er etwas Metallisches im Mund. Etwas Hartes, mit ekligem Geschmack nach ranzigem Öl. Es war der Lauf einer Pistole. Mainardi versuchte verzweifelt den Kopf zu heben, aber er bekam einen zweiten und dann noch einen dritten Schlag ab. Die Pistole steckte tief in seinem Hals und er erstickte beinah am Erbrochenen.
– Pass auf, dass du mich nicht dreckig machst, du Vieh!
Der Junge hatte die Pistole zurückgezogen und überprüfte, ober er vielleicht einen Spritzer abbekommen hatte. Aber alles war in Ordnung. Der Junge entsicherte die Pistole und hielt sie ihm an die Schläfe. Mainardi kotzte noch immer.
– Jetzt hör mir mal gut zu. Ich erschieße dich nur deshalb nicht, weil ich mir den Anzug nicht versauen will. Es ist ein guter Anzug und ich möchte ihn nicht ruinieren. Blut lässt sich ja wegmachen, aber Gehirnmasse nicht!
Mainardi begann zu heulen. Der Junge seufzte und sicherte den Revolver.
– Komm schon. Du bist noch mal davongekommen. Aber wenn ich dich noch einmal sehe, bist du ein toter Arzt. Und wasch dich, du bist widerlich!
Der Junge packte ihn unter den Achseln und half ihm beim Aufstehen.
– Noch was. Wenn du Nero siehst, sag ihm, Pischello lässt ihn grüßen.
Mainardi suchte mit dem Blick Rossana. Sie lehnte an ihrem Volvo, eine Zigarette im Mund. Das Schauspiel, dem sie gerade beigewohnt hatte, schien sie überhaupt nicht schockiert zu haben. Der Junge steckte die Pistole ein und ging zu ihr.
– Erschrocken?
– Überhaupt nicht.
– Darf ich dich nach Hause fahren?
– Was, so früh?
– Dann mach einen Vorschlag ...
– Ich würde gern ans Meer ...
– Ich mag das Meer ...
– Wir können mit meinem Auto fahren.
– Du hast was Besseres verdient.
Pischello knackte ihr zu Ehren den gelben Testarossa eines Arabers und fuhr mit ihr nach Fregene. Pischello erzählte ihr seine Geschichte. Sie erzählte ihm, dass sie mit vierzehn Jahren mit einer Freundin von zu Hause abgehauen war. Sie hatten drei Monate lang zusammengewohnt. Die Freundin fixte. Um den Stoff zu bezahlen, hatten sie in einem Pornofilm mitgespielt.
– Ich bin reich, sagte sie.
– Ich auch. Ich mag Geld ...
– Und was
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