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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Nachmittag fanden sie Moro in der Via Caetani. Irgendjemand sagte, man hätte ihn absichtlich auf halbem Weg zwischen Botteghe oscure und Piazza del Gesù abgeladen. Alle sollten kapieren, dass dies das Ende des historischen Kompromisses zwischen Katholiken und Kommunisten war. Scialoja bahnte sich mithilfe seines Ausweises einen Weg, hin- und hergerissen zwischen Bestürzung, Wut und Trauer. Im Kofferraum des roten Renaults lag eine zusammengekrümmte Gestalt. Das ist Vatermord, dachte Scialoja. Sie haben den alten Vater erschossen, sie haben ihm in die Augen geschaut, während er starb. Das ist ein Vatermord. Das Blut des Vaters fällt immer auf die Söhne. Das hagere, knochige Vogelgesicht, der ungepflegte graue Bart erinnerten ihn an seinen Vater, wie er im Sarg gelegen hatte. Als der Alte starb, hatte er nach seinem lebenden Sohn in der Ferne gerufen. Der kranke Alte, den er nicht mehr rechtzeitig zum letzten Mal hatte küssen können.
V.
    Als sich das Gerücht verbreitete, dass man Moros Leiche gefunden hatte, begann Scrocchiazeppi zu lachen und in die Hände zu klatschen. Libanese verpasste ihm mit finsterem Gesicht eine Ohrfeige.
    – Was ist in dich gefahren?
    – Was gibt es da zu lachen?
    – Tja, keine Ahnung, einer von ihnen ist krepiert, nicht wahr? Der Feind, wie du sagst …
    – Was heißt hier Feind! Wenn uns nicht alle beschissen hätten, hätten wir ihn retten können und wären als Helden dagestanden!
    – Wollen wir vielleicht Helden werden?
    – Bei Helden macht man keine Hausdurchsuchung im Morgengrauen, bei Helden sucht man keinen Stoff … Helden sind über jeden Verdacht erhaben … aber was rede ich da, du kapierst es ohnehin nicht!
    Zwei Monate später zog das Kassationsgericht die Haftbefehle zurück, „wegen völligen Mangels an Beweisen“.
    Bufalo wartete am Tor auf sie, er strahlte wie die Sonne.
    Dandi war nicht mehr zu halten gewesen. Kaum draußen, war er zu Trentadenari gelaufen und hatte ihn um zwanzig Riesen aus der Gemeinschaftskasse gebeten: Vorschuss auf den Gewinn, wir rechnen später ab, ich gebe dir einen Wechsel, vertrau doch einem alten Freund und so weiter und sofort. Alles für die Wiedervereinigung mit Patrizia, von der er in den nicht enden wollenden Monaten geträumt hatte. Trentadenari hatte ihm Ratschläge bezüglich des Drumherums gegeben, das, wie er hinzugefügt hatte, für eine Klassefrau wie Patrizia unbedingt notwendig war.
    Zuerst ging er in die Sauna und ließ sich die im Gefängnis spröde gewordenen Haare schneiden, dann wollte sich Dandi in einem eleganten Laden im Zentrum eine neue Garderobe kaufen. Der Verkäufer behandelte ihn jedoch wie den letzten Dreck, und am liebsten wäre er noch einmal mit dem Revolver hingegangen, um ihm Manieren beizubringen. Aber Patrizia war wichtiger. Also gab er sich mit dem weniger anspruchsvollen Kaufhaus
Clarke
zufrieden, das vor kurzem auf der Viale Marconi eröffnet worden war. Sakko, Hose, sechs Paar Socken und Bermudas aus reiner Seide, nicht allzu auffällige Krawatten, Mantel. Während er die Sachen anprobierte, sah er in der Kabine daneben einen Berater der Staatsanwaltschaft, der während der Verhöre mehrmals ins Hotel Regina gekommen war. Komische Situation, Staatsanwalt und Verbrecher statten sich in zwei Metern Entfernung voneinander aus: Zweifellos hatte der andere auch ihn erkannt. Aber Männer von Welt achten nicht auf solche Kleinigkeiten. Dann vier Paar Schuhe, zwei Paar Mokassins, zwei mit Schuhbändern, von
Boccanera
im Testaccio. Und zum krönenden Abschluss eine Magnumflasche Champagner und, mit weiteren fünf Scheinen aus dem Vorschuss, eine nagelneue Kawasaki 1300, noch mit Probekennzeichen. Sauber, einwandfrei.
    Patrizia öffnete ihm im langen Abendkleid. Sie musterte seinen Aufzug, schnupperte an seinem Rasierwasser
Metal Atkinson’s
, rümpfte die Nase und zog eine Schnute, woraufhin sein Lächeln gefror.
    – Ach, du bist’s. Wenigstens anrufen hättest du können. Es ist ein Wunder, dass du mich antriffst. Komm, gehen wir.
    Sie nahm ihm die Magnum ab und ließ ihn an der Tür stehen. Sie stellte sie in den Kühlschrank und kam zurück, hakte sich bei ihm ein und zog ihn mit, ohne Widerspruch zu dulden.
    Patrizia war sogar noch schöner und begehrenswerter, als er sie in Erinnerung hatte. Sie übertraf seine wildesten Fantasien. Aber kalt, distanziert, gleichgültig. Keine Rede von Sex. Gerade mal ihre kleinen spitzen Brüste und ihre nackten Arme durfte er berühren, während sie auf

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