Romeo für immer, Band 02
Klingen. Es ist ein weicher und zutiefst menschlicher Duft.
Ich beiße die Zähne zusammen und zwinge mich dazu, hart zu bleiben. »Das ist für all die Menschen, die du verletzt hast. Und für die, die du nicht mehr verletzen kannst.« Mein Arm zittert, meine Hände schwitzen. »Es dient … «
»… einem höheren Zweck«, sagt er in der Sekunde, als auch ich es ausspreche.
Mein Ellbogen verkrampft, mein Arm wird taub. Ich lasse die Pistole sinken.
»Das hat mir die Botschafterin im Körper von Gemmas Mutter gesagt, als sie mir vorhin die Waffe gegeben hat«, erklärt er und deutet über seine Schulter zur Bühne. Ich folge seinem Blick, sehe aber nichts. Der Vorhang ist zugezogen. Aber insgeheim frage ich mich, was wäre, wenn …
»Sie sagte, wenn ich dich töte, wäre das ein großmütiges Opfer zum Wohl der Allgemeinheit, es diene einem höheren Zweck. Sie denkt, für dich wäre es besser zu sterben, als für die dunkle Macht zu kämpfen. Aber ich glaube ihr nicht.« Er kommt so nah, dass ich meinen Kopf zurückbeugen muss, um ihn anzusehen. »Ich glaube nicht, dass es gut oder großmütig ist, dich zu töten. Ich liebe dich, und ich weiß, dass du ein viel besserer Mensch bist als ich. Lass nicht zu, dass Botschafter oder Söldner dich zu etwas bekehren, was du nicht bist.«
»Ich bin nicht … «
»Du bist doch im Grunde kein Mensch, der glaubt, dass es in Ordnung ist, seine beste Freundin bewusstlos zu schlagen.«
Mein Mund wird trocken. »Woher weißt du … «
»Sie war hier, um mich zu warnen. Sie macht sich große Sorgen um dich.«
»Ich habe nur versucht, sie zu schützen«, flüstere ich. Es klingt verlogen.
»Das glaubst du doch selbst nicht. Genauso wenig wie du glaubst, dass es in Ordnung ist, eine Waffe in einem Saal voller Leute abzufeuern oder den Menschen zu töten, den du liebst«, fügt er leise hinzu. »Obwohl dieser Mensch vor dir steht und dir sagt, dass du das Beste bist, was ihm im Leben passiert ist.«
Seine Augen schimmern feucht. Ich weiß, dass ich ihn für seine falschen Tränen und für seine Lügen hassen müsste, aber das tue ich nicht. Ich bin traurig und verwirrt. Und überwältigt von dem Wunsch, meinen Kopf an seine Brust zu legen. Wenn er wirklich lügt, dann tut er das so perfekt, dass ich unfähig bin, ihn zu durchschauen. Wenn er aber die Wahrheit sagt …
Tja, dann ist er ein guter Mensch. Und ich bin so verrückt wie eh und je.
»Ich werde jetzt meine Waffe weglegen«, verkündet er. »Die Botschafterin im Körper von Mrs Sloop hat zwar gesagt, dass ihre Magie ihr verbietet, dir etwas anzutun, aber ich möchte es lieber nicht darauf ankommen lassen. Lauf durch den Notausgang nach draußen und versteck dich irgendwo. Die Polizei wird jeden Moment hier sein. Ich werde ihnen sagen, dass ich nichts gesehen habe.« Er wischt die Waffe an seinem Hemd ab und wirft sie weg. Sie landet mit einem lauten Knall auf dem Boden.
Er hat seine Waffe fallen lassen! Er will mich gar nicht töten! Er will sich ja noch nicht einmal verteidigen! Zum ersten Mal seit heute Nachmittag, als ich meinen eigenen Tod mit ansehen musste, ist mein glühender Zorn verflogen. Ich bin wieder ich selbst und bei klarem Verstand.
Zuerst verspüre ich eine große Erleichterung, und dann … Entsetzen. Maßloses Entsetzen. »Oh Gott!« Ich lasse die Pistole fallen und zucke erschrocken zusammen, als sie scheppernd neben mir auf den Boden fällt. »Ich … fast hätte ich dich … «
»Aber du hast es nicht getan.« Er nimmt mich in die Arme und zieht mich an sich. Dann schiebt er mich energisch zur Tür. »Jetzt lauf! Beeil dich! Ich liebe … «
»Nein. Du verstehst es nicht.« Das Sirenengeheul wird lauter, aber ich kann ihn hier auf keinen Fall alleine lassen. »Sie hat mir erklärt, was ich tun muss, um dich endgültig zu töten. Ich sollte zuerst dich erschießen und danach den anderen Jungen.«
»Welchen anderen Jungen?«
»Das … ist … Er ist da drin. Sie hat ihn mit ihrer Magie betäubt, und ich habe ihn gefesselt.« Ich deute mit zitternder Hand hinter mich in die Garderobe. Langsam zeigt der Wahnsinn des heutigen Tages seine Wirkung. Ich fühle mich fein und zerbrechlich wie Porzellan, als würde ich jeden Moment auseinanderfallen. Alles ist plötzlich so fein und zerbrechlich und scheint sich aufzulösen: mein Körper, mein Verstand, die Grenze zwischen Richtig und Falsch, der Unterschied zwischen Gut und Böse.
Unfassbar, dass ich Gemma bewusstlos geschlagen habe. Ich habe
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