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Romeo für immer, Band 02

Romeo für immer, Band 02

Titel: Romeo für immer, Band 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jay
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Haus gehst. Es kann sein, dass ich morgen eine Doppelschicht habe. Ich möchte gern ausschlafen.«
    Ich nicke und haste ins Bad. Dort lasse ich die Dusche laufen und ziehe meine schmutzigen Sachen aus, lege sie in den Flur und schließe die Badezimmertür hinter mir. Dann warte ich, bis das Wasser warm genug ist. Wie gewöhnlich dauert das eine Weile. Ich vertreibe mir die Wartezeit, indem ich das Blumendekor auf den rosafarbenen Fliesen betrachte.
    Eine dreiviertel Stunde später, nach einer ausgiebigen heißen Dusche, wickle ich mich in ein Handtuch und tripple auf Zehenspitzen in mein Zimmer. Der Trockner läuft bereits, doch unter der Tür meiner Mutter ist kein Licht mehr zu sehen. Wahrscheinlich schläft sie schon, und das sollte ich eigentlich auch tun. Es ist fast eins. Mir bleiben noch sechs Stunden, aber nur, wenn ich auf der Stelle einschlafe. Nach allem, was heute passiert ist, müsste ich eigentlich hundemüde sein, aber ich bin völlig überdreht und hellwach. Auch als ich meine gestreifte Pyjamahose und mein dünnes Schlafshirt angezogen habe, schalte ich das Licht nicht aus.
    Ich gehe zu meiner Staffelei und überprüfe die Leinwand, die ich heute Nachmittag aufgezogen habe. Sie sieht gut aus. Ich werde morgen beginnen können, die Fee zu malen, die ich vorgezeichnet habe. Vielleicht male ich aber auch etwas ganz anderes. Ich habe zurzeit eine mystische Phase, aber gerade im Moment überlege ich, ob ich nicht lieber ein Porträt male. Vielleicht wage ich mich ja endlich an das Selbstporträt, zu dem mir bisher immer der Mut gefehlt hat, weil ich glaubte, es nicht ertragen zu können, mich lange Zeit im Spiegel betrachten zu müssen. Möglicherweise schaffe ich es ja doch. Vielleicht entdecke ich sogar etwas in mir, was mir bisher entgangen ist.
    Etwas, was mir entgangen ist.
    Der Gedanke berührt mich eigentümlich. Tief in mir nagt der Verdacht, dass ich etwas Wichtiges vergessen habe. Etwas, was ich gesehen oder gehört habe? Ich kann mich nicht erinnern. Aber es ist da und lauert unter der Oberfläche meines Bewusstseins.
    Ich schaue von der Leinwand zu meiner Bildergalerie. Seit ich zwölf bin, hänge ich in meinem Zimmer meine gelungensten Malereien auf. Der Blick auf meine Bilder macht mich immer hoffnungsfroh, und er hilft mir beim Nachdenken. Wenn ich einen Schritt zurücktrete und meine Augen von dem Baum auf dem Berg zu dem Jungen auf demHügel und dann zu dem sterbenden Einhorn am Teich wandern lasse, komme ich normalerweise zur Ruhe und kann wieder klar denken.
    Normalerweise, aber nicht heute Abend.
    Während ich das Einhorn betrachte, überkommt mich ein Schwindelgefühl, und mir wird übel. Es ist so ähnlich wie das D é jà-vu-Gefühl vorhin in der Küche, nur sehr viel stärker. Etwas stimmt nicht. Ich gehe näher an das Bild heran. Stundenlang habe ich daran gearbeitet, damit es mir gut gelingt. Ich streiche mit den Fingern über das Gesicht des Einhorns und schaudere. Alles ist unverändert, aber ich weiß einfach, dass jemand in meinem Zimmer war und sich das Bild angesehen hat. Nicht Mom. Ein Fremder. Jemand, den ich nicht kenne, ist hier gewesen, hat sich umgesehen, meine Sachen angefasst und herumgeschnüffelt.
    Ich schaue mich in meinem Zimmer um. Alles ist an seinem Platz, so wie ich es verlassen habe. Auf dem Schreibtisch stapeln sich meine Hausaufgaben, die Schranktür steht halb offen, und die Bettdecke türmt sich als unordentliche Hügellandschaft auf dem Bett, nur auf der rechten Bettseite, dort, wo ich gesessen habe, um mir die Schuhe anzuziehen, ist sie platt gedrückt. Ich wandere durch das Zimmer, überprüfe den Schrankinhalt, öffne die Kommodenschubladen, ich knie mich sogar auf den Fußboden und schaue unters Bett. Alles ist unverändert, trotzdem verstärkt sich mein Gefühl, dass jemand in meinem Zimmer war. Ich weiß, es ist absurd, aber das Gefühl lässt mich nicht los, ich finde keine Ruhe.
    Schließlich, nachdem ich noch meinen Rucksack und meinen Schreibtisch durchsucht habe, ohne etwas zu finden, zwinge ich mich dazu, das Licht auszuschalten, und krieche ins Bett. Doch das nagende Gefühl wird intensiver. Ich könnte schwören, dass jemand anders in meinem Bett geschlafen hat, seinen Kopf auf mein Kopfkissen gelegt und seine eigenen Träume geträumt hat, hier in meinem Zimmer.
    Meins oder nicht meins? Die Stimmen … Was wäre, wenn sie nicht das sind, wofür ich sie immer gehalten habe?
    Das ist die Eingebung, auf die ich gewartet habe, sie beruhigt

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