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Romeo für immer, Band 02

Romeo für immer, Band 02

Titel: Romeo für immer, Band 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jay
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süß schmeckt, dass ich mehr davon möchte. Ich will meinen Kopf in den Nacken werfen und sein Blut meine Kehle hinabrinnen lassen.
    Ich möchte lachen und tanzen und das Gefühl genießen, eins geworden zu sein mit der Dunkelheit.
    Keuchend wache ich auf. Es gelingt mir gerade noch, den Schrei zu unterdrücken, der aus meiner Kehle drängt. Das Herz klopft mir bis zum Hals. Zitternd versuche ich, mich zu beruhigen.
    Die Morgensonne scheint durchs Fenster und sendet ihre goldenen Strahlen in mein Zimmer. Sie lässt die Rüschen meiner Bettdecke wie Zuckerwatte aussehen. Es gibt nichts, wovor ich Angst haben müsste. Ich habe schlecht geträumt, das ist alles. Hier gibt es kein Blut, keinen bösen Mönch und auch keinen toten Jungen.
    Ich reibe mir verschlafen die Augen und sehe meine Bilderwand an. Irgendwie finde ich es tröstlich, den Jungen auf dem Hügel anzuschauen. Eventuell male ich noch ein Bild von ihm. Aber diesmal ein Porträt. Ein Porträt mit einem anderen Ausdruck als Angst in den Augen. Vielleicht Hoffnung oder Lachen oder … Liebe.
    Bei diesem Gedanken wende ich verlegen den Blick ab und erröte, als sei der Junge ein lebender Mensch, der mir die Gedanken vom Gesicht ablesen kann. Die Vorstellung ist albern, aber sie bringt mich zum Lachen. Es ist so wohltuend, albern zu sein, dass ich immer noch glücklich lächle, als ich aus dem Fenster schaue.
    Und in Dylans Gesicht sehe. Jetzt schreie ich. Ich stoße den Schrei aus, von dem ich dachte, ich hätte ihn unterdrückt.

7
    Romeo
    V erdammt! Erwischt. Ich mache Zeichen mit den Armen und halte verzweifelt Ariels Tasche hoch, damit sie aufhört zu schreien, bevor ihre Mutter angerannt kommt. Ich hätte den Kopf einziehen sollen, aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihr beim Aufwachen zuzuschauen. Mit ihren verwuschelten Haaren und ihrem sanften Lächeln war sie unglaublich süß. Sie sieht so jung und unschuldig aus, wenn sie lächelt.
    Mit vom Morgentau feuchten Schuhen stand ich vor ihrem Fenster und wünschte mir, dass sie für alle Zeit so unschuldig bliebe. Niemals solle sie erfahren müssen, wie es ist, von den eigenen Fehlern vergiftet zu werden. Ich wünschte von ganzem Herzen, ich könnte sie davor bewahren. Ariels Anblick lenkte mich von meiner Angst ab, die mich fast die ganze Nacht wach gehalten hatte, weil ich jeden einzelnen meiner Schritte in der Höhle immer wieder durchlebte.
    Jetzt ist die Angst wieder da.
    Mir bleiben nur noch drei Tage. Drei Tage, um Ariels Entsetzensschrei bei meinem Anblick in ein Lächeln zu verwandeln. In dieses Lächeln . Das mag unmöglich sein, aber ich muss es versuchen. Nicht nur versuchen. Ich muss es schaffen, oder ich bin verloren. Und mit mir die ganze Welt.
    Scheiß auf die Welt, denke ich. Aber diesmal fühlt sich der Gedanke falsch an, nicht wie sonst. Ich will nicht, dass die Söldner siegen, so viel weiß ich.
    »Hier, ich bringe dir deine Tasche. Ich will nur mit dir reden«, flüstere ich und hoffe, dass Ariel mich durch das geschlossene Fenster hindurch verstehen kann. Die Scheibe sieht ziemlich dick aus, aber ich möchte nicht riskieren, durch lautes Reden ihre Mutter zu wecken, falls sie nicht ohnehin bereits aufgewacht ist. »Es tut mir leid«, artikuliere ich lautlos.
    Sie hält sich erschrocken die Hand vor den Mund und schaut ängstlich zur Zimmertür, ehe sie die Decke von sich wirft und aus dem Bett springt. Sie trägt ein enges weißes Shirt mit Spaghettiträgern, das die Narben an ihrem Arm enthüllt, und eine gestreifte, schlabbrige Pyjamahose, die ihr tief auf den Hüften sitzt. Die Hose gibt einen Streifen ihrer hellen Haut frei und gewährt mir einen Blick auf die Wölbung ihres Bauches. Dieser kleine Streifen Haut hypnotisiert mich. Ich stelle mir vor, wie es wäre, meine Hände über ihren schlafwarmen Körper gleiten zu lassen, über ihre langen Arme, von denen der eine perfekt und seidig ist, der andere von Narben gezeichnet und dennoch wunderschön.
    Sie ist eine Schönheit. Trotz ihrer Narben. Vielleicht … vielleicht sogar gerade deshalb. Sie ist der lebende Beweis dafür, wie kostbar und vergänglich das Leben ist. Niemand, der das Glück hat zu leben, darf das als selbstverständlich erachten. Jeder Mensch sollte mit beiden Händen nach dem greifen, wonach er sich sehnt.
    Sehnsucht. Mit einem Mal ertrinke ich darin. Ich sehne mich schmerzhaft danach, sie zu berühren. Meine Zunge wird so schwer, dass ich anfange zu stottern, als sie das Fenster

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