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Romeo für immer, Band 02

Romeo für immer, Band 02

Titel: Romeo für immer, Band 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jay
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Rinnsal und presse meinen Mund an den Marmor. Ich bin viel zu schwach, nur noch ein paar lose Fäden verbinden meinen Körper mit meiner Seele, doch das Wasser weckt meine Lebensgeister.
    Suchend taste ich mit der Zunge über den Stein und schmecke Hoffnung. Mit spitzen Lippen sauge ich gierig und hemmungslos, bis neben der lebensspendenden Wasserquelle ein Kichern die Abgeschlossenheit der Grabkammer durchbricht.
    Lebensspendend … Sofern der Franziskanermönch das Wasser nicht vergiftet hat.
    Erschrocken schiebe ich mich auf die andere Seite des Sarkophags und halte mir den Mund zu, um einen Schrei des Entsetzens zu unterdrücken. Ich ziehe die Beine an die Brust und zerkratze mir dabei die Knie. Hier drinnen ist gerade genug Platz, dass ich ein wenig Schutz und Geborgenheit finden kann, indem ich mich wie ein Embryo zusammenrolle.
    »Julia?«
    Aus seinem Mund klingt mein Name schmutzig und obszön. Seine Bösartigkeit durchdringt den Stein und legt sich klebrig wie Öl über meinen Körper. Ich schaudere.
    »Sprich mit mir, mein Kind. Damit ich weiß, dass du wohlauf bist.«
    Ich ziehe den Kopf ein, kneife die Augen zusammen und bete um Schlaf. Doch meine Müdigkeit ist wie weggewischt. Das Wasser hat etwas in mir in Bewegung gebracht, das nun nicht mehr aufzuhalten ist.
    »Ich dachte mir, du müsstest durstig sein. Ich habe versucht, den Stein zu bewegen, aber er ist viel zu schwer für einen alten Mann wie mich«, sagt er. »Wir müssen auf Romeo warten.«
    Romeo. Als ich diesen Tag zum ersten Mal durchlebte, zog mich der Mönch aus meinem Sarg und deutete auf Romeos Körper, der reglos auf dem Boden lag. Der Mönch erklärte mir, der Bote sei unterwegs vom Weg abgekommen, unsere Nachricht habe Romeo nie erreicht. Er habe nie erfahren, dass wir meinen Tod nur vortäuschen wollten. Er habe stattdessen geglaubt, dass ich das Gift genommen habe, um Paris nicht heiraten zu müssen. Deshalb habe auch Romeo von dem Gift getrunken. Das sei der Grund dafür, warum er leblos neben meinem Sarg auf der kalten Erde läge.
    Wie unglücklich und verzweifelt ich damals war. Ich glaubte, ohne meine große Liebe sei das Leben sinnlos. Und so fiel mir die Entscheidung leicht. Ebenso leicht zog ich dann den Dolch aus der Scheide und stieß ihn mir ohne Zögern ins Herz. Der unerträgliche Schmerz meines gebrochenen Herzens schien mir schlimmer zu sein als der Tod.
    Wollen sie das immer noch? Soll Romeo sich tot stellen, um mich in den Selbstmord zu treiben? Wenn es so ist, wieso ist dann der Mönch hier und tut so, als habe er nicht die Kraft, den Stein auf meinem Sarg zur Seite zu schieben? Er ist ein Söldner. Mit seiner Kraft könnte er den ganzen Sarkophag hochheben. Warum also …
    »Bitte, Julia … Ich weiß , dass du wach bist. Ich habe dein Weinen gehört.«
    Ich beiße mir auf die Zunge, um mein verzweifeltes Schluchzen besser zu unterdrücken.
    »Ich sorge mich um dich. Dein Verstand könnte durch unsere Tat Schaden genommen haben.«
    Ich nage an der aufgesprungenen Haut meiner Lippen und reiße einen kleinen Hautfetzen herunter. Der leichte Schmerz lenkt mich von meiner Angst ab. Romeo und der Mönch müssen sich etwas anderes überlegt und ihren Plan geändert haben. Doch diesmal bin ich gewappnet. Ich werde mich nicht kampflos ergeben. Ich werde mich überhaupt nicht ergeben. Ich will leben, um so viel Gutes für die Welt zu tun, wie ich nur kann. Ben würde es von mir erwarten. Ben, der niemals jemandem etwas Böses antun würde, der Junge, der mich in so kurzer Zeit so sehr geliebt hat. Ich werde ihn für immer in meinem Herzen behalten. Das wird mich trösten, wenn das Grauen mich zu überwältigen droht.
    Ich stelle mir Bens Gesicht und Augen vor, als ich dem Mönch flüsternd antworte: »Ich bin wach.« Meine Stimme ist leise und zittrig, doch der Mönch hat mich gehört. Ich weiß es.
    »Julia?«
    Wer sollte es wohl sonst sein, du Scheusal? Wie viele Mädchen hast du denn diese Woche sonst noch lebendig begraben? Schaudernd atme ich aus und grabe erschrocken meine Fingernägel in die Handflächen. Fast hätte ich die Worte laut ausgesprochen.
    Aber er darf nicht merken, dass ich weiß, wer er ist. Er soll denken, ich sei immer noch die unschuldige, naive Julia, die ihn für ihren Beichtvater hält. Solange er die Wahrheit nicht kennt, kann ich seine Ahnungslosigkeit zu meinem Vorteil nutzen. Das ist meine einzige Hoffnung.
    »Ja, Vater«, antworte ich. »Ich fürchte mich so sehr.«
    »Hab keine Angst, mein

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