Romy Schneider - die Biographie
Zu Beginn des Jahres 1957 reagiert man in Wien verärgert aufeine Vorführung in Beirut, bei der
Sissi, die junge Kaiserin
vom deutschen Gesandten als bundesdeutsches Erzeugnis angekündigt wird. Das österreichische Handelsministerium legt deshalb bei der deutschen Botschaft in Wien offiziell Beschwerde ein. Die deutsche »Abendzeitung« analysiert daraufhin mit leichtem Amüsement das rotweißrote Erfolgsrezept als »die hundertprozentige Masche von Herz, Gemüt und unseren Schlössern nebst dazugehöriger Landschaft. Die Österreicher wachen eifersüchtig darüber, daß dieser Film, der sich anschickt, Europa zu erobern, auch unter der richtigen Flagge, nämlich der rotweißroten Österreichs läuft. Und da bin ich der Meinung: Ehre, wem Ehre gebührt. In diesem Fall gebührt sie den Österreichern.« 190
Mehr als Liebelei: Christine
Zurück in Europa, findet sich Romy Schneider in ihrer ungeliebten Situation wieder. Sie sucht in ihren beruflichen wie privaten Entscheidungen zunehmend nach Unabhängigkeit, ist aber an Verträge gebunden. Europäischen Fachmagazinen erklärt sie, dass es noch keine fixen Vereinbarungen mit Hollywood gebe, sich aber die Walt Disney Organisation und MGM gemeinsam um einen geeigneten Stoff für sie bemühen würden. Sie ist für
The Third Man on the Mountain
im Gespräch, erhält die Rolle jedoch nicht. Auch Kirk Douglas versucht während der Filmfestspiele von Cannes 1957, sie für einen amerikanischen Film zu engagieren.
Am 12. März 1958 beginnen die Aufnahmen zu
Mädchen in Uniform
, zuvor war Schneider noch für ein Remake von
Hanneles Himmelfahrt
im Gespräch, das Projekt kommt jedoch nicht zustande.
Mädchen in Uniform
führt das Publikum in das Preußen des Jahres 1910. Der Film um die Vorkommnisse in einem Mädchenpensionat beginnt mit harten Stimmen, man sieht Floskeln, die wie Sprechblasen an Wände gepinselt wurden: »Wie die Zucht so die Frucht.«Selbst der Goldfisch der verhärmten Leiterin (Therese Giehse) ist viel zu groß für sein gläsernes Gefängnis. »Wir Deutschen haben uns großgehungert«, verkündet man stolz, die Mädchen sollen Soldatenmütter werden, gehorsame Frauen sind gute Frauen, die Prioritäten fungieren in der Alliteration: Kinder – Kirche – Küche. Porträtbüsten von Friedrich dem Großen und Bismarck sehen Zöglingen und Personal mit marmorner Strenge über die Schulter. So gesehen mag sich die im Publikum sitzende deutsche Frau von 1958 bereits relativ liberal vorgekommen sein. Das Internat präsentiert sich als Zitadelle, die Eingangstüren mit Eisen beschlagen.
Romy Schneider spielt die junge Meinhardis, die sich als Neuling in der Erziehungsanstalt zurechtfinden muss. Ein wenig mag es Schneider wie eine Überzeichnung ihres früheren Internats Goldenstein vorgekommen sein. Die Zöglinge schwärmen für Schauspieler, das von ihr gespielte Mädchen vertraut sich nur ihrem Tagebuch an – und danach einer Erzieherin, der von ihr verehrten Frau von Bernhardis (Lilli Palmer). Eine zärtliche Freundschaft entsteht zwischen dem Mädchen und seiner Lehrerin, eine Schultheatervorstellung von
Romeo und Julia
gibt Meinhardis die Gelegenheit, der Lehrerin ihre Liebe zu erklären. Als Romeo spielt Romy Schneider erstmals gegen ihr Rollenstereotyp an, bricht, wenn auch geschützt in einer Theater-auf-dem-Theater-Szene, gefühlsmäßig aus ihren bisherigen Rollen aus. Sie nimmt die Herausforderung ernst, arbeitet besessen, wird während der Studioarbeit mehrmals vor Erschöpfung ohnmächtig. Nachdem der reglementierte Ablauf durch einige Konflikte aus den Fugen gerät, bleibt zumindest das Lächeln auf den Lippen der Schlafenden als Hoffnung zurück, die alte Ordnung schlurft jedoch weiter am Stock, die geliebte Erzieherin verschwindet wie ein Schatten.
Die Zeitungen weisen auf die erste Verfilmung des Stoffes (1931) unter der Regie von Leontine Sagan hin, finden das Remake »eine saubere Arbeit«, etwas zahmer als dasOriginal, konstatieren aber zufrieden, dass »das lesbische Spiel durchaus dezent und geschmackvoll über die Runden [kommt].« 191 Nachdem Produzent Artur Brauner seinen zur Berlinale 1958 eingeladenen Film
Polikuschka
zurückzieht, zeigt man dort stattdessen seine Produktion
Mädchen in Uniform
. In Österreich erhält der Film das Prädikat »wertvoll«.
Die »neuen« Rollen helfen Romy Schneider nicht wirklich dabei, sich in ihrer Karriere weiterzuentwickeln. »Für das Publikum hieß ich ›Sissi‹, für die Produzenten war
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