Romy Schneider - die Biographie
gewohnt, die ebenfalls erheblich war, findet die amerikanische jedoch eine Spur suggestiver. Die Fotos, die Romy Schneiders Karriere immer wieder begleiten, geben einen neuen Star wieder, zeichnen ein reiferes Bild. »Neues Gesicht für neue Rollen« benennt der »Stern« dann auch ein Titelbild aus dem November 1958. Eine ernste Romy blickt den Betrachter etwas skeptisch an. Das Haar ist zurückgekämmt und geschlossen, das Gesicht ist geschminkt, eine vierreihige Perlenkette umschließt ihren Hals.
Für das »Look«-Magazine muss sie sich ein viktorianisches Kleid anziehen – passend zum aktuellen Kinofilm. Romy freut sich über die ihr in Amerika entgegengebrachte Aufmerksamkeit, stöhnt über die anstrengende Tour, die sie von Interview zu Interview führt, freut sich, wenn einmal eine Show ausfällt und sie eine Ruhepause erhält. In einer davon sieht sie den Film
Sayonara
mit Marlon Brando und ist tief beeindruckt.
Am 26. Januar 1958 fliegt sie nach Hollywood. Der Cognac im Flugzeug wird ihr verweigert, weil sie noch nicht 21 ist. Der österreichische Generalkonsul Dr. Waller erwartet sie, dazu Repräsentanten von Disney und ein Indianerhäuptling namens Iron eye, eine der Attraktionen von Disneyland. Mit ihm und seinen Stammesgenossen posiert sie für eine Fotoserie. Romy besucht die Disney Studios, bestaunt die Zeichner, die mit weißen Handschuhen vor ihren Unterlagen sitzen. Die legendäre Corporation hat eine Kurzbiographie von ihr erdichtet. Romy korrigiert Details, die ihr wichtig erscheinen. Es seien keine 3000 Briefe, die sie täglich erhalte, sondern lediglich 600. Außerdem stimme es nicht, dass sie 10 000 Heiratsanträge bekommen habe. Die paar, die es tatsächlich gebe, seien nicht schriftlich formuliert worden.
Sie ist zu Hollywoodparties eingeladen, von denen sie schon so viel gelesen hat, trifft Emigranten wie William Dieterle und Gottfried Reinhardt, posiert gemeinsam mit ihrer Mutter neben der 76-jährigen einstigen Operettendiva Fritzi Massary, einer gebürtigen Österreicherin, die ihre größten Erfolge auf Berliner Bühnen feierte. Im Beverly Hills Hotel besucht sie Helmut Käutner und seine Frau. Romy wird von Joe Hyams interviewt, trifft Robert Taylor, Curd Jürgens, Lilo Pulver und Erich Pommer. Im Lokal »La Rue« bestaunt sie die Prominenz, vertreten durch Sophia Loren, Kim Novak und Frank Sinatra. Sie besichtigt wie ein Tourist die MGM-Studios, trifft sich zum Lunch mit Mel Ferrer, sowie mit der Klatsch-Journalistin Louella Parsons, und wird von ihr als das hübscheste Mädchen Europas bezeichnet.
Erste Probeaufnahmen entstehen, Schminken und Beleuchtungsproben sind ihr längst vertraut. Fixe Vereinbarungen werden nicht getroffen, man kündigt an, sich nach einem geeigneten Stoff umzusehen. Jahre später sieht Romy Schneider die einstige Unternehmung desillusioniert: »Die haben aus mir eine amerikanische Sissi machen wollen, haben mich angezogen wie ein bayrisches Weiberl mit Zöpferln.« 189
Im deutschsprachigen Europa freut man sich über die charmante Werbeträgerin in Übersee, die für »deutsche Filme aus Österreich« zu begeistern wisse. Im »Filmland Österreich« ist man jedoch besorgt darüber, dass man die Filme als »Made in Germany« klassifiziert, ein Umstand, der sich freilich ergibt, wenn der Weltvertrieb über deutsche Verleihfirmen erfolgt, da solche Einrichtungen in Österreich fehlen.
Die Wiener Erma-Filmproduktion und der Münchner Herzog-Filmverleih sammeln voller Stolz die zahlreichen per Telegramm eintreffenden Erfolgsbestätigungen für die
Sissi
-Filme. Es ist ihnen wichtig zu betonen, dass es den beiden Produktionen zum ersten Mal seit Kriegsende gelungen sei, dem deutschen Film im Ausland zum Erfolg zu verhelfen. Vor allem im nicht eben germanophilen Frankreich habe die freundliche Aufnahme überrascht. Größer als in Paris sei der Erfolg in den Provinzen gewesen, in Nizza etwa verzeichnete man die höchsten Einnahmen überhaupt. Man betitelt Romy unbewusst prophetisch als »Favoritin in Frankreich«, freilich noch als Repräsentantin deutsch-österreichischer Konfektionsware. Unter den Pariser Zuschauern, die von der österreichischen Schauspielerin begeistert sind, ist auch ein damals achtjähriger Junge namens Daniel Biasini, der später Romys zweiter Ehemann werden wird.
Auch in anderen Staaten erweisen sich die
Sissi
-Filme sogar US-Produktionen gegenüber als konkurrenzfähig. Man betont erneut, dass es österreichische Fabrikate sind.
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