Romy Schneider - die Biographie
verstehen, Delon sei frei von Moral und Unmoral.
Am nächsten Tag fliegt Romy Schneider nach Ibiza, um das Drehbuch zu lesen. Delon schreibt einen sehr korrekten Brief dorthin, sie antwortet im selben Stil. Ein anderer französischer Schauspieler der Produktion, Jean-Claude Brialy, der ein wenig Deutsch spricht, wird bei den Dreharbeiten ihr vertrauter Freund, er muss zwischen den Filmpartnern vermitteln, die sich zunehmend ihrer gegenseitigen Antipathie versichern. Erst beim Filmball in Brüssel, vor Beginn der Dreharbeiten im September 1958, ändert sich die Lage. Romy reist gemeinsam mit Delon per Zug von Paris aus an. In Brüssel verlässt schließlich ein flirtendes Paar den Zug. Magda Schneider kommentiert die Veränderung mit leiser Ironie. An sich kein ungewöhnlicher Zustand, da Romy Schneider mit zahlreichen Filmpartnern flirtet. Diesmal jedoch reagiert »das Kind« empfindlich, kommt es zum offenen Streit mit der Familie.
Schon bei
Monpti
hatte es wegen ihres Flirts mit Horst Buchholz Krach mit dem Stiefvater gegeben. Romy gibt damals klein bei, wohl auch weil Buchholz’ Resonanz sich in Grenzen hält. Zudem sieht sie sich zu fest im Familienverbandverankert, als dass sie sich einer solchen Anordnung widersetzt hätte. Dieselbe Linie verfolgt die Familie nun auch bei Delon. Auf dem Filmball sitzen die Jungverliebten an getrennten Tischen. Romy bei ihrer Familie, Delon im Kreise französischer Filmleute. Sie tanzen gemeinsam, Delon bittet sie an seinen Tisch. Als sie ihren Eltern den Vorschlag unterbreitet, reagiert man brüskiert. Sie dürfe nicht zu einem fremden Mann an den Tisch gehen. Abseits der von Filmfirmen arrangierten Treffen für die Presse habe man Distanz zu wahren. Wieder gehorcht sie, doch ihr Ausbruch aus der familiären Aufsicht steht unmittelbar bevor.
»Romy Schneider in
Christine
, nach einem Werk von Arthur Schnitzler« verkünden die Titelcredits. Der Beginn des Films scheint noch nicht allzu weit von Marischka entfernt. Romy agiert als charmant lächelndes Geschöpf, das sich – wie in
Die Deutschmeister
– in einen Leutnant verliebt. Allerdings ist das Ende diesmal tödlich. Beim Singen wird sie wie in
Wenn der weiße Flieder …
gedoubelt. Den Moment der Erkenntnis, dass ihr Geliebter um einer anderen willen in einem sinnlosen Duell stirbt, nutzt Romy Schneider zu einem beeindruckenden dramatischen Moment, wie sie ihn Jahre später und expressiver in
Das Mädchen und der Kommissar
wiederholen wird. Sobald sie ahnt, dass etwas Furchtbares geschehen ist, erstarrt ihr Mienenspiel. Nur die Mundwinkel bewegen sich ein wenig, während sie zaghaft nachfragt. Die Augen suchen nach den Antworten, die ihre Gesprächspartner nicht geben wollen, der Blick findet keinen Halt. Dann erstarrt der Ausdruck. Unbewegt lässt sie sich sagen, dass ihr Geliebter tot ist. Mit einem ersten leichten Verzweifeln in der Stimme fragt sie nach dem Warum. Niemand antwortet mehr, sie errät selbst, dass er sich wegen einer verheirateten Frau duelliert hat. Umsonst fragt sie nach dem Grund, danach, welche Bedeutung sie selbst denn dann überhaupt für ihn gehabt haben könne. Ein letzter kurzer Gefühlsausbruch endet in einer emotionalen Implosion. Als sie sich vom Balkonin die Tiefe fallen lässt, starren ihre weit offenen Augen als eingefrorenes Einzelbild von der Leinwand, bevor die Kamera noch einmal auf eine leere Heurigenszenerie überblendet.
Noch sind nicht alle Kritiker von ihrem Talent überzeugt. Die deutsche Zeitschrift »Filmdienst« goutiert Schneiders Ausflug ins Dramatische nicht sonderlich, man gesteht ihr zu, sie »versteht sich schon routiniert auf äußerliche Wirkung, auf eine falsche Lieblichkeit, der man ansieht, dass sie ›gemacht‹ ist. Ihr fehlt das lyrisch-weiche. Selbst wenn sie bittere Tränen vergießt, spürt man die Bewusstheit. Von ihrem jungen Gegenspieler (es ist ein Franzose) lässt sich nur sagen, dass er wie ein uniformierter Liftboy wirkt.« 195
Die Filmarbeiten beginnen in den Pariser Ateliers in Boulogne und übersiedeln dann zu Außenaufnahmen nach Wien. Das junge Paar trifft sich regelmäßig, Delon zeigt Romy Schneider Paris. Sie besuchen Cafés, Theater, bummeln durch die Stadt. Auch in Wien weicht er nicht von ihrer Seite. Während der Dreharbeiten in Österreich wohnt Romy mit ihrer Mutter wieder im Hotel Sacher, wo auch Alain abgestiegen ist. Zwei junge Berliner Schauspieler sitzen in jener Zeit im Restaurant des Sacher bei Tafelspitz und sehen an einem
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