Romy Schneider - die Biographie
schildern. Der Chanel-Stil unterstreicht ihr neues Selbstgefühl einer eleganten, modernen, wohlhabenden jungen Frau. Auf Fotoszupfen Chanels Hände Schneiders Kleidung zurecht, die Zigarette hängt der kleinen Französin dabei lässig aus dem Mund, bevor ein zufriedenes Lächeln die neue Kreation als Gesamtkomposition adelt. Für Schneider ist es ein perfektes neues Styling. Ein auf Romy abgestimmtes Labeling, wie es Givenchy mit Audrey Hepburn betreibt, wird jedoch nie erwogen. Mitte der 1970er Jahre gibt Schneider der Garderobe von Yves Saint-Laurent den Vorzug, zuvor trägt sie auch Haute Couture von André Courrèges.
Die Zusammenarbeit mit Visconti ist eine der wichtigsten künstlerischen Begegnungen für Romy Schneider. Man habe sie vor ihm gewarnt, berichtet sie später, ebenso vor Kortner, Clouzot und Orson Welles. »Wer mit Visconti gearbeitet hat, dem kann nichts mehr passieren. Er ist der härteste Regisseur, den man sich denken kann, der beste Lehrmeister. Ihm verdanke ich, daß ich heute jedes Atelier ohne Angst betrete.« 261
Die Wertschätzung für den italienischen Regisseur, für den sie Jahre später noch einmal die Rolle der Kaiserin Elisabeth annehmen wird, bleibt. 1971 sieht sie seine Version von
Tod in Venedig
, liest daraufhin Thomas Manns Novelle erneut, ist überzeugt, sie in all ihrer dichterischen und menschlichen Kraft erst jetzt, nach dem Film, begriffen zu haben. Von den Regisseuren, die sie später als die wesentlichsten ihres Lebens bezeichnet, zu denen neben Visconti noch Orson Welles, Claude Sautet und Andrzej Zulawski gehören, reiht sie den Italiener an die erste Stelle. »Er hat mir beigebracht, was er allen beibringt, die mit ihm arbeiten, nämlich seine Art, die Dinge auf die Spitze zu treiben, seine Disziplin.« 262
Der Erfolg auf der Theaterbühne gibt ihr Sicherheit. Sie bezeichnet sich als glücklich, meint jedoch, viel dafür bezahlt zu haben. Sie ist Delon und ihren Freunden dankbar für ihr neues Leben und meint einem Reporter gegenüber: »Weißt du, das Schöne ist, daß einem keiner mehr wehtun will, wenn man es zu etwas gebracht hat. Das habe ich in Deutschland nie kennengelernt.« 263
Romy verhandelt mit dem österreichischen Jungfilmer Herbert Vesely über eine Mitwirkung bei der Verfilmung von Heinrich Bölls
Das Brot der frühen Jahre
. Da sie jedoch zuvor bereits für ein französisches Projekt unterschrieben hat, kommt es nicht dazu. Erst sechzehn Jahre später wird sie in einer anderen Böll-Verfilmung,
Gruppenbild mit Dame
, zu sehen sein. 1961/62 dreht Romy Schneider ihren ersten französischen Film
Le combat dans l’île/Der Kampf auf der Insel
, Regie führt Alain Cavalier. Auch für den ehemaligen Assistenten von Louis Malle ist es die erste Produktion, und Cavalier weiß, dass er sein politisches Anliegen in eine Liebesgeschichte verpacken muss. Der Film schildert, nur leicht verklausuliert, die Bestrebungen der OAS, einer 1961 gegründeten französischen Untergrundbewegung namens Organisation de l’Armée Secrète, für den Verbleib Algeriens bei Frankreich. Ihren Anschlägen fallen tausende Algerier zum Opfer. Es wird ein unspektakulärer Film mit einem brisanten Thema, manche Szenen entstehen in Louis Malles Appartement in der Rue Boissière 84. Romy Schneider bilanziert danach bedächtig, sie habe es nun immerhin zu mittleren Rollen in modernen Filmen gebracht. Zu ihren Partnern zählen Henri Serre und Jean-Louis Trintignant, der sie danach als schwierige, aber großartige Darstellerin bezeichnet. Ihre Wege werden sich noch öfter kreuzen. In Frankreich hat man Schneiders Wandlung unter Viscontis Händen bereits erfreut zur Kenntnis genommen, in Deutschland registriert man erstaunt, dass Schneider in Cavaliers Film als typische Französin verkauft werde, und zitiert Louis Malle: »Wir haben in Frankreich keine junge Schauspielerin, die diese Rolle so hätte spielen können, wie wir es uns vorstellen.« 264
Der Prozeß
So schwierig die Tournee mit der
Möwe
für sie war, sie endet für Romy Schneider mit einer positiven Überraschung. Orson Welles bietet ihr per Telegramm eine Rolle in seiner geplanten Kafka-Verfilmung
Le procès/Der Prozeß
an. Schneider bewundert den als genial, aber schwierig geltenden Regisseur, natürlich kennt sie seine bisherigen Arbeiten, unter anderem
Citizen Kane
(1941) und
The Lady from Shanghai
(1947). Vor den Dreharbeiten begegnet man einander im Elysée Matignon, Welles ist mit Marlene Dietrich dort und Romy
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