Romy Schneider - die Biographie
Trauschein (
Boccaccio 70
) und als Ehebrecherin (
Der Kampf auf der Insel
). Es folgen die sich prostituierende Violinistin in
Die Sieger
und die promiske Leni in
Der Prozeß
. »Ich wollte immer modern und hart sein – kein Trugbild vergangener, glanzvoller Kaiser-Tage, sondern einfach eine junge Frau. Ich mußte davonlaufen – von Deutschland und von den Millionen-Rollen. Als ich es endlich tat, warf man mit Steinen nach mir.« 288 Mit diesen Sätzen wird Romy Schneider im Herbst 1962, drei Jahre nach ihrer »Emigration«, zitiert. Dazu die kolportierte Aussage aus dem US-Magazin »Look«: »Ich werde […] mit den deutschen Filmproduzenten kein Wort wechseln.« 289 Sie sei nicht umsonst einen weiten Weg gegangen, der sie von der niedlich-harmlosen imperialen Darstellerin zur menschlich ausgeprägten modernen Schauspielerin geführt habe über Rollen in
Boccaccio 70
, worin sie Skeptiker noch nicht überzeugt habe, und in
Der Prozeß
, worin sie eine Nymphomanin spiele. Als sie bei den Synchronisationsarbeiten zu
Boccaccio 70
erfährt, dass die Freiwillige Selbstkontrolle einige Änderungswünsche geäußert hat, ereifert sie sich: »Die schneiden mir doch keine Szene raus? […] Sollen doch kommen und zuhören, dann sehen sie ja, daß wir nicht ›Scheiße‹ sagen oder was sonst verboten ist in Deutschland.« 290 Sie selbst habe sich in den Szenen nie nackt gefühlt, meint sie. Ihre deutschsprachige Fangemeinde reagiert zum Teil empört, zumeist ohne den Film gesehen zu haben. Ein Leserbrief aus Essen fasst die Stimmung zusammen: »Wenn ich die Magda Schneider wäre, würde ich mit einem Rohrstöckchen meiner Tochter auf die Finger klopfen, mit denen sie sich so frivol entblättert.« 291
Der moralische Zeigefinger des deutschen Kinopublikums trifft jedoch nicht nur Romy Schneider, immer wieder stehen gerade weibliche Stars ob ihres vermeintlich »unzüchtigen Images« in der Kritik. Im Januar 1964 porträtiert das Magazin »Film und Frau« Hildegard Knef als »ein Gesicht des Jahres«. 292 Daraufhin protestiert eine Leserin: »Eine solche Frau gehört doch wohl nicht in Ihre Zeitschrift. Früher haben Sie nur Leute herausgestellt, die ein Vorbild sein könnten. Bei Hildegard Knef scheint mir das nicht der Fall zu sein.« 293 Nach Meinung der Autorin handle es sich bei Knef nicht um eine echte Künstlerin, ja nicht einmal eine echte Schauspielerin, wie der »scheußliche Film«
Die Sünderin
(1950) beweise. Als nächstes, befürchtet die aufgebrachte Dame, könnte man dann auch der skandalumwitterten Brigitte Bardot einen Beitrag widmen, und schließt mit der Bitte, in Zukunft wieder ausschließlich über seriöse Künstlerinnen zu berichten. Ein paar Ausgaben später spricht sich jedoch eine überwiegende Anzahl an Leserinnen in Briefen für Knef und ihr Erscheinen in »Film und Frau« aus.
Man interviewt dort auch Gunnel Lindblom, die schwedische Schauspielerin aus Ingmar Bergmans
Das Schweigen
. Bergmans mit Preisen und Strafandrohungen gleichermaßen bedachtes düsteres Porträt einer Welt ohne Hoffnung, über Sprach- und Gefühllosigkeit provozierte 1964 nichtnur in Deutschland heftige Publikumsreaktionen und Diskussionen, vor allem wegen der erotischen Darstellungen. Der Produzent Artur Brauner meinte, es hätte ihn durchaus gereizt, einen solchen Film zu produzieren, vor allem weil durch die kontroversen Reaktionen bei Publikum und Presse großer finanzieller Erfolg garantiert wäre. »Allerdings hätte ich den Plan als unrealistisch zurückstellen müssen, da ein deutscher Produzent und ein deutscher Regisseur – und wenn es der allerkünstlerischste wäre – nicht bei der Selbstkontrolle durchzubringen gewesen wäre.« 294 Die angesprochene Selbstkontrolle hat den schwedischen Film im Übrigen einstimmig akzeptiert.
Rita Hayworth, in die sich Romy Schneider in ihrer Internatszeit hineinträumte, geht in einer Ausgabe der Zeitschrift »ungeschminkt durch Toledo«. Sie habe einen Strich unter ihre skandalöse Vergangenheit gezogen, die nun 46-Jährige sei eine Darstellerin ohne Allüren und Hysterie geworden. Das entthronte Idol hat nun auch ein Anrecht auf menschliche Schwächen. Von ihren Beinen hätte einmal die ganze Welt gesprochen, steht unter einem Foto, auf einem anderen darf sich Hayworth mit erschöpftem Gesichtsausdruck einen ihrer Pumps ausziehen. Die Füße sind müde, erläutert man. Es sind Aufnahmen, wie sie ihr Hollywood-Management Jahre zuvor wohl nicht freigegeben hätte,
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