Romy Schneider - die Biographie
Wesenszügen. Siewirkt klein in einem Raum, wenn sie nicht als Schauspielerin vor der Kamera steht. Am Anfang ist sie nervös, versucht, wie man ihr beigebracht hat, nicht in das Objektiv zu sehen, fragt ihr Gegenüber mehrfach, ob er einen Kaffee möchte, nickt ihm dabei bestärkend zu. Der Gefragte lehnt dennoch ab. In ihrer Sprache mischen sich österreichischer und deutscher Akzent, wobei die Austriazismen überwiegen. Worte werden pointiert vorgetragen, manche Bemerkung wie ein eingelernter Text akzentuiert. Vehemente Kopfbewegungen unterstreichen die Aussagen. Sie baut ihre Sätze langsam auf, denkt voraus, setzt Begriffe manchmal wie Bojen, um das Fahrwasser zu markieren, in dem sie ihre Argumentation führt. Die ein Glas fest umschließende Hand legt sie vor das Gesicht, den Daumen vor den Mund, als wollte sie die Worte darin verschließen oder zumindest ein wenig länger darin zurückhalten. Manche Aussage klingt abgeklärt. Romy legt die Stirn in Falten, setzt manchmal ein mokantes Lächeln auf. Ihr Blick fixiert das Gegenüber. Gelegentlich strahlt sie, als könne sie mit der Seele lächeln, an anderen Stellen lacht sie selbstsicher mit weit offenem Mund. In vielen Darstellungen von Romy Schneider fehlen diese für ihren Charakter wesentlichen Züge: Lebensfreude, Lebenslust, Humor, Sinn für das Absurde, Ironie, die auch vor sich selbst nicht haltmacht.
Hinter den Rauschschwaden ihrer Zigarette grimassiert sie, nickt manchmal ihren eigenen Argumenten gleichsam bestärkend zu. Sie spricht konzentriert, den Kopf geneigt, die Lider oft gesenkt. Die Arme vor dem Bauch verschränkt, die Daumen pressen die Haut des Oberarms. Manchmal legt sie den Kopf auf die verschränkten Arme. Die Hände sprechen fast immer mit. Wenn sie die Handflächen öffnet, werden die Narben ihres Selbstmordversuches kurz sichtbar.
Ob sie Paris verlassen wolle, wird sie gefragt. Ihre bestätigend gemeinte Antwort zeigt im Grunde ihre Gespaltenheit: »Weg, weg, weg, weg von dem ganzen Getue, von dem ganzen Theater, dem ganzen hektischen, enervierenden Paris. Ich mein’, ich werd’s immer lieben, ich werd’immer wieder mal hingehen, aber dann ist es aus. Arbeit oder einmal, was weiß ich, zum Geldausgeben. Aber dann wieder weg. Sechs Jahre, das genügt jetzt. […] Ich bin kein Großstadtmensch. Ich will mich nicht irgendwo eingraben, was weiß ich, irgendwo hoch auf den Bergen droben, das könnte ich auch nicht aushalten. Dazu fühl ich mich zu jung […] Ich bin gerne von Zeit zu Zeit dort, aber dort leben ständig, das, das kann ich nicht. […] Genauso hab’ ich verloren dieses unbedingte Ich-versäum-was, wenn ich nicht jeden Tag in der Großstadt bin […] ich weiß nicht. Einerseits bin ich wirklich dazu gemacht und andererseits überhaupt nicht.« 349
Schneiders Zusammenarbeit mit Ernst Marischka, gipfelnd in dem gigantischen Erfolg der
Sissi
-Trilogie, liegt inzwischen zehn Jahre zurück. Sie ist zu jenem Zeitpunkt in der Angelegenheit noch um faire Differenzierung bemüht. »Dem Publikum hat’s gefallen, also war es richtig«, sagt sie 1966 über jene Zeit. 350 Der Blick scheint ein wenig um Entschuldigung zu bitten für dieses Zugeständnis.
Frau Meyen und Herr Schneider
Schneiders wichtigste Berliner Freundin ist Christiane Höllger. Erstmals getroffen haben sich die beiden 1964 in Paris. Höllger ist dort in einer Gesellschaft, spricht kein Französisch, erkennt aber zu ihrer Freude, dass eine andere deutschsprachige Frau anwesend ist, die ihr helfen kann. Das Gesicht kommt ihr bekannt vor, doch erst später wird ihr der Name Romy Schneider einfallen, und sie fragt: »Sagen Sie mal, sind Sie nicht mal durchs deutsche Kino getobt?« 351 Höllger entstammt einer jüdischen Familie, einigen von ihnen glückte in der NS-Zeit die Flucht ins Exil, sie landeten nach einer strapaziösen Odyssee über Argentinien und Italien nach dem Krieg schließlich im österreichischen Tirol. Nach Deutschland will der Familientorso zunächst nicht, bis sich Höllgers Großmutter Mitte der1950er Jahre doch entschließt, mit der Enkeltochter nach Berlin zu übersiedeln. Das später als typisch geltende Flair der Wirtschaftswunderjahre registriert die junge Christiane im Grunde gar nicht, sie ist zu sehr damit beschäftigt, sich in dem ihr fremden Land einzuleben, in dem es die Traumata aus der nahen Vergangenheit aufzuarbeiten gilt. Als Höllger 1964 in Paris Romy Schneider trifft, macht sie erneut eine schwierige Lebensphase durch, sie
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