Romy Schneider - die Biographie
fühlt sich unwohl unter Menschen, muss eine Trennung verarbeiten. Schneider reagiert, wohl aus eigener Erfahrung heraus, verständnisvoll und behutsam. Sie kenne das, sagt sie, es sei, als ob die Sterne herabgefallen wären. 352 Es entsteht eine Freundschaft, die fast zwanzig Jahre andauert, eine Beziehung, die auch durch die Tatsache ermöglicht wird, dass, wie Höllger sagt, Schneiders künstlerischer Status dabei unberücksichtigt blieb.
Was Christiane Höllger imponiert, ist Schneiders Fähigkeit, in jeder Situation die absurden Aspekte zu erkennen, dieser Umstand verbindet die beiden sonst so unterschiedlichen Charaktere sofort. Schneider spricht selbstbewusst von veränderbaren Moralbegriffen und der Abschaffung des Patriarchats. Sie empfiehlt Höllger, eigenes Geld zu verdienen, von Männern unabhängig zu sein. 1964 stellen sich beide darunter eine Art »Vermännlichung« vor, durch die individuelle Autarkie zu erreichen und zu sichern wäre. Erst später wird Höllger klar, dass die ungebundene Schauspielerin Schneider sich außerhalb konventioneller Gesetzgebung befindet, nach der Frauen in jener Zeit nur nach Zustimmung ihrer Ehemänner berufstätig sein dürfen und das erworbene Geld auf ein gemeinsames, vom Ehegatten verwaltetes Konto fließt.
Christiane Höllger entschließt sich trotz aller Vorbehalte 1964 dafür, in Deutschland zu leben, Romy dagegen will zunächst in Frankreich bleiben. Dass es zu jener Zeit keine ernst zu nehmenden deutschen Filmangebote an sie gibt, erleichtert ihr die Entscheidung. Die beiden Frauen bleiben in Kontakt. Höllger wird für Schneider einerseits zu einerKontrastfigur und andererseits einer Art Vorbild für ein mögliches anderes Leben. Jemand, der sich für Deutschland entscheidet, sich seinen Traumata aktiv stellt, eine neue Existenz aus der erfolgreichen Vermengung von Alltag, Beruf (Höllger ist Journalistin und Drehbuchautorin) und Beziehung erarbeitet. Das möchte Romy Schneider auch – vor der Kamera. So eine Frauenrolle müsse sie ihr schreiben, bittet sie ihre Freundin bezeichnenderweise. Vor der Kamera könne sie alles, im Leben dagegen nichts, wird Schneider später überspitzt formulieren. Christiane Höllger erkennt, dass Schneider der Beruf oft alles andere im Leben ersetzen muss.
1966 zieht auch Romy Schneider nach Deutschland, um in Berlin am Grunewald an der Seite Harry Meyens zu leben. Sie fühlt sich geborgen, hat ihre Unruhe verloren, den krankhaften Ehrgeiz, wie sie ihn nun nennt, besiegt. Filmangebote gibt es wenige, die österreichische »Volksstimme« behauptet sogar, Romy habe angekündigt, auf ihre Karriere verzichten zu wollen, und schreibt dies ihrer resignativen Einsicht zu, dass »ihr Typ kein Interesse mehr findet. Gewiß, Romy hat ein hübsches Gesicht, ein charmantes Wesen und schauspielerisches Talent.« 353 Als romantische Heldin würde man sie jedoch als altmodisch empfinden, sie könne weder einen Vamp darstellen, glaubt man, noch in ihr altes Fach zurückkehren. Sie sei erledigt, resümiert das Blatt. Als wolle sie dem widersprechen, schreibt die Werbung anlässlich der Premiere von
Schornstein Nr. 4
im August 1966 über Romy: »Nach 7 Jahren ihr großartiges Comeback im deutschen Film!« 354
Beides ist übertrieben, denn allzu sehr verändert hat sich die Filmszenerie nicht. In den deutschen Filmzeitschriften dominieren 1966 immer noch die bewährten weiblichen Protagonistinnen aus den Karl-May- und Edgar-Wallace-Serien, die sich auch in den Ausläufern des Heimatfilm-Genres einsetzbar erweisen: Karin Dor (
Der unheimliche Mönch
), Marie Versini, (
Im Reich des silbernen Löwen, Ferien mit Piroschka
) sowie die 22-jährige NeuentdeckungUschi Glas (
Der unheimliche Mönch, Winnetou und das Halbblut Apanatschi
). Einen anderen, beinahe »neoveristischen« Typ von Frau gestaltet Maria Emo in Georg Tresslers ungewöhnlichem Heimatfilm
Der Weibsteufel
. In internationalen Produktionen engagiert sind Romys österreichische Kolleginnen Senta Berger
Poppies are also flowers /Mohn ist auch eine Blume
) und Marisa Mell (
Train d’enfer / Der Zug zur Hölle
). Zu den erfolgreichsten französischen Schauspielerinnen zählen Simone Signoret (
Compartiment tueurs / Mord im Fahrpreis inbegriffen
), Annie Girardot (
Trois chambres à Manhattan / Drei Zimmer in Manhattan
) und Jeanne Moreau (
La baie de anges / Die blonde Sünderin
) sowie der Nouvelle-vague-Star Anna Karina (
Pierrot le fou /11 Uhr nachts
). Ende 1966 steht Karina für
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