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Romy Schneider - die Biographie

Romy Schneider - die Biographie

Titel: Romy Schneider - die Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krenn
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besucht sie, probt mit ihr. Plötzlich stört ihn der leichte deutsche Akzent in ihrem Französisch, der sich natürlich innerhalb der nächsten Wochen nicht eliminieren lässt. Der perfektionistische Regisseur ändert daraufhin die Nationalität ihrer Filmfigur in eine Elsässerin. Clouzot kaut an seiner Pfeife, sieht den Akteuren unter buschigen Augenbrauen zu. Er überwacht jede Einzelheit, korrigiert Feinabstimmungen, kontrolliert Licht, Ton, Gestik, Mimik. Im Frühjahr 1964 beginnt man mit Probeaufnahmen, Dany Carrel und Serge Reggiani sind Romys Partner. Clouzot akzeptiert keinerlei Improvisation, er will seine Vorstellung von den Szenen präzise umgesetzt sehen und lässt so lange probieren, bis er das gewünschte Resultat hat, Romy beginnt sich vor den anberaumten achtzehn Wochen der Zusammenarbeit ein wenig zu fürchten. Doch es kommt gar nicht erst dazu. Die Dreharbeiten in der zentralfranzösischen Auvergne stehen von Beginn an unter keinem guten Stern. Erst erkrankt Serge Reggiani, danach Romy Schneider. Jean-Louis Trintignant soll Reggianis Part übernehmen, doch nach drei Wochen erleidet Clouzot selbst einen Herzanfall, der den Fortgang der Arbeit unmöglich macht. Die Ärzte verordnen ihm ein Jahr Arbeitspause, das Filmprojekt ist damit gestorben, und Clouzots Produktionsfirma Orsay Films muss Konkurs anmelden.
    Fast fünfzehn Stunden Material soll es von dem Filmfragment geben. Anlässlich des 100. Geburtstags von Clouzot wurden 2007 in Anwesenheit seiner Witwe Ausschnitte aus
Die Hölle
gezeigt. Das Ergebnis demonstriert einen kühnen Versuch. Der Film sollte dem Publikum Zugang zu den Wahnvorstellungen eines jungen Ehepaares geben. Clouzot beabsichtigt, die Sehgewohnheiten seines Publikums radikal zu verändern, arbeitet experimentell mit optischen und farblichen Verfremdungen des Filmmaterials und seiner Protagonisten.
    Romy Schneider wird aus dem Arbeitsprozess gerissen. Sie merkt, wie wichtig ihr gerade dieses Projekt war, und erkennt auch, dass sie verstärkt an einer Existenz abseits von Film und Theater, mit Prioritäten wie Privatleben, Urlaub, Freunden arbeiten muss. »Ich will nicht eines Tages nur meinen Beruf haben; ich bin sowieso schon zu selbstständig geworden – und das ist gefährlich für eine Frau.« 284 Reggiani hat sich später in einem Interview mit »Ciné-Révue« und in seinem Buch
Serge Reggiani, la question se pose
über seine private Beziehung zu Romy Schneider geäußert: »Romy, das ist die Erinnerung an … Leidenschaft! Wenn sie mich anrief, sagte sie immer: ›Hier ist die Österreicherin!‹, dann kam sie zu mir nach Hause oder ins Studio mit Whiskey und ihren unvermeidlichen Socken – sie konnte es nämlich nicht leiden, dass man ihre Füße sah, obwohl sie durchaus niedlich waren.« 285
    Ein anderes Projekt, das ihr wieder eine Zusammenarbeit mit dem von ihr verehrten Luchino Visconti eingebracht hätte, die filmische Umsetzung von Hans Habes
Die Tarnowska
, für die Visconti auch Rudolf Nurejew gewinnen will, kommt ebenfalls nicht zustande. Romy Schneider, fasziniert vom Schicksal der Frau und dem Projekt an sich, erwirbt die Filmrechte. Sie unterschreibt für die Komödie
What’s new, Pussycat?/Was gibt’s Neues, Pussy?
und verliert dadurch zu ihrem Bedauern die Möglichkeit, in Orson Welles’ Shakespeare-Projekt
Campanadas a medianoche / Falstaff
(1965) mitzuwirken. Es wäre nur eine Drei-Tage-Rollegewesen, doch wie sie später beklagt, hätte sie diese gerne gegen ihre
Pussycat
-Hauptrolle eingetauscht. Auch Theaterpläne hat sie. Nach dem Besuch einer
Richard III.
-Aufführung unter Kortners Regie in München Anfang 1964, die sie begeistert, fragt sie nach einer möglichen Zusammenarbeit und nennt das Jahresende als idealen Zeitpunkt. Es kommt jedoch auch dazu nicht. Zumindest einige Szenen aus
Richard III.
wird sie elf Jahre später in Zulawskis
Nachtblende
spielen.
    »Vom Deutschen hat diese junge Pariserin nichts mehr«, zitiert »Der Spiegel« 1963 die Pariser Wochenzeitschrift »L’Express«, »keinen Akzent mehr, oder doch sehr wenig, keinen Appetit mehr, keinen schlechten Geschmack mehr … Die Metamorphose ist total.« 286 Ein paar Sätze später folgt auch die griffige Zeile aus »Time«, wonach Schneider das »Zeug hat, die größte Hure seit den Zeiten der Ptolemäer zu spielen.« 287 Nach den adeligen Anstandsrollen sieht das Publikum Romy Schneider als inzestuöses Renaissancegeschöpf (
Schade, daß sie eine Dirne ist
), als Callgirl mit

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