Romy Schneider - die Biographie
absolvierten Banküberfall bekannt. Driest wird von Schönherr gefragt, was nach seinem Dafürhalten eine politische Aktion sei. Der antwortet: »Wenn ich persönlich jetzt beschließe, Herrn Brandt ’n Ei an den Kopf zu werfen, dann ist das nicht politisch, sondern das ist unanständig oder ungezogen.« Schneider, deren Sympathie für Brandt und seine Politik bekannt ist, lächelt und sagt spontan: »Sie gefallen mir. Sie gefallen mir sehr« und berührt mit ihrer Hand Driests Arm. Nicht das Knie, wie danach in unzähligen Ausschmückungen der Szene zu lesen sein wird. Schönherr hält später fest, dass Romys beinahe zärtliches Lob nicht Driest selbst, sondern seinem Brandt verteidigenden Argument galt. In der Boulevardpresse freilich wird es anders interpretiert, sie ergeht sich in genüsslicher Häme über Romys vermeintlich allzu offen demonstrierte Sympathie für den Ex-Häftling Driest, rückt die kleine Geste in die Nähe von Exhibitionismus, sogar eine spontane Affäre will man dokumentiert wissen. Romy Schneiders bereits in den Abspann der Sendung hineingesagten Satz, sie hätte Driest gern noch etwas gefragt, ist symptomatisch. Was es ist, erfährt man nicht, über den unbekannten, vielleicht völlig trivialen Satz entzünden sich wilde Spekulationen. »Die Zeit« fasst die allgemeine Aufregung aus einiger Distanz selbstkritisch zusammen: »Und wenns auch im faktischen Sinne nicht wahr war: daß das vom Leben gezeichnete feinsinnigeBewußtsein laut mit dem grobschlächtigen, kriminellen Unterbewußtsein in uns allen spricht, gar sagt, es gefalle ihm sehr, ist wahrer als jede Wirklichkeit.« 521
In einer der TV-Sendung folgenden abendlichen Journalistenrunde dementiert Romy, dass sie mit ihrer Nervosität kokettiere, und beklagt sich erneut darüber, dass man ihr immer noch vorwerfe, nach Frankreich gegangen zu sein, obwohl die Gründe dafür rein privater Natur gewesen wären. »Warum läßt man mich nicht in Ruhe? Ich kann nicht reden, wie man es erwartet. Es heißt, daß ich einen schlechten Charakter habe, weil ich keine Frau bin, die immer nur ja sagt. Wenn ich die Brauen hochziehe, sehe ich bestimmt böse aus. Ich frage mich nur, was die anderen mit meiner Freiheit anfangen können? Sie gehört doch nur mir?« 522
Nicht unbeeinflusst durch das Medienecho auf
Je später der Abend …
will Fassbinder 1982 sein geplantes Projekt
Cocaine
nach dem Roman von Pitigrilli mit Schneider realisieren. Als männlichen Partner hat er Burkhard Driest vorgesehen. Doch die Umsetzung des Projekts sollten weder der Regisseur noch die Schauspielerin erleben. Fassbinder stirbt acht Tage nach Romy Schneider.
Schneiders nächste Arbeit entsteht wieder in Frankreich.
Sommerliebelei / Un amour de pluie
(1974) wird im Club Méditerranée von Vittel gedreht. Es ist ein Film ihres Freundes Jean-Claude Brialy, dem sie versprochen hat, einmal unter seiner Regie zu agieren. Sie hätten beide gewusst, dass man nicht
Lady Macbeth
drehe, scherzt Romy Schneider, aber es sei ein hübscher Film geworden. Mutter und Tochter verbringen darin einen gemeinsamen Kuraufenthalt, beide verlieben sich, beide Affären überdauern die Ferien nicht. Man leistet sich einige Insidergags. Die beiden Urlaubenden entdecken das Kinoplakat zu dem Visconti-Film
Les damnés
/
Die Verdammten
und beschließen hinzugehen. Auch ihr Hotelzimmer trägt den Namen »Luchino«. Romy hat in
Sommerliebelei
denselben Vornamen wie in
Ludwig
und natürlich der Marischka-Trilogie: Elisabeth. Regisseur Brialy selbst hat sich einen Gastauftritt als glückloserCharmeur vorbehalten. Regie zu führen brauchte er bei ihr kaum, wie er meint: »Sie lebte so in ihrer Rolle, daß ich sie kaum unterbrechen mochte. So intensiv, wie sie spielte, lebte sie auch.« 523
Brialy stellt sich, ohne deren inszenatorischen Leistungen folgen zu können, in die Tradition französischer Filmemacher, die ihrer Liebe zum Film Ausdruck verleihen möchten. Beiläufig wird von Filmen erzählt, die man durch die Türen eines Vorführraumes sieht. Der Vater ihres Kindes, erzählt Elisabeth, sei der erste Mann gewesen, der sie ins Kino einlud, also aus dem Elternhaus herausholte. »Ich sagte mir, wenn ich mich mit dem verheirate, dann gehe ich jeden Abend ins Kino und überhaupt wird mein ganzes Leben wie ein Film.« Es gibt jedoch Filme, die schlecht enden, weiß sie jetzt. »Du meinst«, fragt die Tochter, »mit einer Heirat?« Der Vater und Ehemann ist nur eine ferne Stimme am Telefon, Mutter und
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