Romy Schneider - die Biographie
porträtierten deutschen Jüdin, die sich in einen Franzosen verliebt und ihm zu helfen versucht, nennt Schneider die beste, die ihr seit langem angeboten wurde, der sie auch gefühlsmäßig am meisten zustimme. Was ihr daran gefällt, ist die Emotionalität der Figur, das Einstehen für Überzeugungen auch angesichts von Repressionen. Sie sieht auch eine gewisse Parallelität zu der von Teilen der deutschen Medien angefachten Diskussion rund um ihren angeblichen »Landesverrat«.
Schneider geht an ihre Figur, wie an alle anderen Rollen auch, zunächst völlig unpolitisch heran, sucht den emotionalen Zugang, der dann letztlich politische Dimensionen erhält. Es erstaunt sie, dass dreißig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs nationalistische Vorbehalte bis in die schauspielerische Arbeit zu beachten seien. Sie habe die Rolle aus beruflichen ebenso wie aus privaten Gründen angenommen, mutmaßt jedoch, dass man es ihr in Deutschland übel nehmen werde, kontert schon, bevor sie angegriffen wird: »Ich spiele das auch deshalb, um ein Signal zu setzen gegen die Nazi-Typen, die in Deutschland immer noch etwas zu sagen haben.« 518 In solchen Aussagen ist Schneider unverhohlen direkt, wie sich der Fotograf Robert Lebeck erinnert: »Jemandem, der etwa sagte, Hitler habe immerhin die Autobahn gebaut, dem hätte sie die Augen ausgekratzt. Das war schlimmer, als wenn jemand auf
Sissi
zu sprechen kam.« 519
Die Außenaufnahmen werden in Nevers gedreht. Romys neuer Privatsekretär Daniel Biasini besucht sie während der Dreharbeiten und berichtet von Trintignants spöttischen Bemerkungen über die Disziplin seiner deutschen Kollegin: »Wenn man dir sagt […], daß du für eine Szene den Kopf unter Wasser halten sollst, dann tust du es. Und wenn man dir zu sagen vergißt, daß du ihn wieder herausziehen mußt, dann wirst du eines Tages ertrinken […]. Ich kenne keine,die so viel Engagement einbringt und dabei so voll von ehrlichem Gefühl ist. Du bist eine wunderbare Darstellerin.« 520 Biasini hält überdies fest, dass Trintignant während der Dreharbeiten seiner Partnerin auch privat über das kollegiale Maß hinaus nahe gekommen sei.
In Deutschland liest man 1974, dass Romy Schneider
Nur ein Hauch von Glück
zu ihrem Lieblingsfilm erklärt, ein Bekenntnis, das sie ehre, leider aber auf die Qualität des Films ohne Einfluss geblieben sei. Man hätte sie schon in besseren Produktionen gesehen, vor allem das in der Romanvorlage von Simenon nicht vorgesehene »Happy End« kreidet man dem Drehbuch an, respektiert jedoch, dass auch Schneider sich dagegen ausgesprochen hatte. Allerdings lobt man explizit Schneiders Spiel, das in dem Film frei von jedem Extempore sei. Schneiders ruhige, zurücknehmende Art zentriert den Blick automatisch auf sie. Schon wenn sie scheinbar untätig auf der Leinwand erscheint, plötzlich im Halbdunkel eines Waggons sitzt, ist sie präsent. Ihr Akzent wird zunächst damit erklärt, dass sie Elsässerin sei, später erklärt sie: »Ich bin Deutsche, aber Jüdin.« Als ihr französischer Reisegefährte sie fragt, warum sie vor ihren Landsleuten flüchte, erklärt sie, dass man in Deutschland Juden verfolge und in Lager sperre. Der Franzose spricht aus, was sich viele denken: »Das hört sich unwahrscheinlich an. Bist du sicher?« Die weitere Handlung widerspricht jeglichem Zweifel.
»Oh, Sissi, wie tief bist du gesunken …«
Es ist eine Szene, die sich tief ins Bewusstsein der Fernsehzuschauer gegraben hat, obwohl man sich zumeist undeutlich, vielfach sogar falsch daran erinnert. In der Talkshow
Je später der Abend
ist Romy Schneider am 31. Oktober 1974 zu Gast bei Dietmar Schönherr. Er hat sie zuvor in Paris besucht und in seine Sendung eingeladen. Er weiß, dass sie solche Auftritte nicht mag, versichert ihr aber, dassihr nichts Böses widerfahren werde. Sie sagt zu, unter der Bedingung, dass private und persönliche Angelegenheiten ausgespart bleiben. Schönherr hat Verständnis für ihre Situation, die Angst, nicht ausreichend gebildet zu sein für fundamentale Auseinandersetzungen. So verharrt sie in der Sendung die meiste Zeit schweigend und etwas verkrampft in ihrem dunklen Samtanzug von Yves Saint-Laurent und einer Chenille-Kappe. Die Sensation, so moniert man in der deutschen Presse, erschöpfe sich in ihrer körperlichen Anwesenheit. Neben Schneider setzt man Burkhard Driest, Schauspieler und Autor, der Öffentlichkeit vor allem durch einen knapp vor Ende seines Jurastudiums
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