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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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ärgerte sie, daß Birk schließlich die Oberhand gewonnen hatte, während sie mit Racker nicht fertig geworden war. Und noch mehr ärgerte es sie, daß Birk ihr an den nächsten Abenden das Melken überließ und sie dabei auf Wildfangs Rücken umkreiste, während sie dort kniete. Nur um ihr zu zeigen, was für ein Mordskerl er war.
    »Blaue Flecke oder nicht«, sagte Ronja schließlich.
    »Warte bis ich mit Melken fertig bin, dann zeig ich dir, was Reiten ist!«
    Und sie zeigte es ihm. Dort graste Racker und ahnte nichts. Ehe er sich's versah, hatte er Ronja auf dem Rücken. Das gefiel ihm gar nicht. Mit allen Kräften bemühte er sich, sie abzuwerfen, und er wurde ängstlich und auch störrisch, als er merkte, daß es ihm nicht gelang. Nein, diesmal würde es ihm nicht glücken, das hatte sich Ronja vorgenommen. Mit festem Griff hielt sie sich an seiner Mähne, umklammerte ihn mit den Beinen und blieb sitzen. Da jagte er mit ihr davon, geradewegs in den Wald hinein, so daß ihr die Fichtenzweige und Kiefernbüschel um die Ohren schlugen, ja, in wildem Galopp brach er mit ihr durch, und sie schrie entsetzt:
    »Hilfe! Jetzt geht's mit mir zum Donnerdrummel! Hilfe!«
    Aber Racker war wie von Sinnen. Er raste dahin, als gelte es das Leben, und Ronja wartete jeden Augenblick darauf, daß sie abstürzte und sich den Hals brach. Da kam Birk auf Wildfang hinterhergejagt. Und sein Pferd war ein Renner ohnegleichen. Bald war er neben Racker und an ihm vorbei. Da brachte Birk sein Pferd plötzlich zum Stehen, und Racker, der in vollem Galopp hinterhergesaust kam, mußte so jäh stehenbleiben, daß Ronja um ein Haar über seinen Kopf geflogen wäre. Doch sie hatte ihren Griff nicht gelockert, sie richtete sich wieder auf, und Racker stand verblüfft da. Jetzt hatte er sich ausgetobt. Er triefte von Schaum und zitterte am ganzen Körper. Da klopfte Ronja ihm Hals und Schenkel und lobte ihn sehr, weil er so gut gelaufen war, und das beruhigte ihn.
    »Dabei hättest du eigentlich eins aufs Maul verdient«, sagte sie.
    »Es ist ein Wunder, daß ich lebe!«
    »Ein größeres Wunder ist es, daß wir reiten«, sagte Birk, »schau, jetzt wissen die beiden Biester endlich, worauf es ankommt und wer zu bestimmen hat.«
    Im ruhigen Trab ritten sie zurück zu Lia, holten ihre Milch und überließen Racker und Wildfang ihren Spielen. Und dann wanderten sie heim zur Grotte.
    »Birk«, sagte Ronja, »hast du gemerkt, daß Lia jetzt weniger Milch hat?«
    »Ja, sie kriegt wohl ein neues Fohlen«, meinte Birk.
    »Und dann steht sie bald völlig trocken.«
    »Dann gibt's für uns nur wieder Quellwasser«, sagte Ronja.
    »Und ohne Brot müssen wir auch bald leben.«
    Das. Mehl, das Ronja von zu Hause mitgebracht hatte, war aufgebraucht. Sie hatten die letzten harten Fladen auf den erhitzten Steinen ihres Herdes gebacken. Noch gab es Brot in der Bärenhöhle, doch bald würden sie keins mehr haben. Zu hungern brauchten sie deshalb trotzdem nicht. Im Wald gab es viele kleine Seen, die voller Fische waren. Auch Vögel gab es in großer Zahl. Ein Birkhuhn oder einen Auerhahn konnten sie sich jederzeit fangen, wenn der Hunger drohte. Und Ronja pflückte auch Krauter und grüne Blätter, alle, die eßbar waren, das hatte sie von Lovis gelernt. Und jetzt waren die Walderdbeeren reif.Rot und üppig leuchteten sie nahe den Windbrüchen,und baldwürden auch die Blaubeeren soweit sein.
    »Nein, hungern müssen wir nicht«, sagte Ronja.
    »Aber der erste Tag ohne Brot und ohne Milch, der wird mir nicht gefallen!«
    Und dieser Tag kam schneller als erwartet. Gewiß antwortete Lia ihnen treu, wenn sie abends nach ihr riefen, aber sie wollte sich nicht länger melken lassen, das merkte man. Schließlich konnte Ronja nur noch ein paar Tropfen aus ihr herauspressen, und Lia zeigte deutlich, daß sie nun genug vom Melken hatte. Da nahm Ronja ihren Kopf in die Hände und sah ihr in die Augen.
    »Ich danke dir, Lia, für diese Zeit. Im nächsten Sommer hast du ein neues Fohlen, weißt du das? Und dann hast du wieder Milch, aber die ist für dein Fohlen, nicht für uns.«
    Ronja streichelte die Stute. Sie wollte gern glauben, daß Lia ihre Worte verstand, und sie sagte zu Birk:
    »Du mußt dich auch bei ihr bedanken!«
    Und das tat Birk. Noch lange blieben sie bei Lia, und als sie dann in dem hellen Sommerabend zur Höhle zurückgingen, folgte ihnen die Stute ein Stück. Fast schien es, als verstehe sie, daß dies alles nun ein Ende hatte, all dieses Wundersame,

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