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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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deshalb fehlte sie auf der ersten »Sonderkonferenz«
     deutscher Sozialdemokraten, die Wilhelm Dittmann einberufen hatte, um sich geschlossener gegen die badischen Budgetbewilliger
     auflehnen zu können: »Wir müssen […] immer wieder zusammenkommen – dem revisionistischen Block einen radikalen entgegensetzen.«
     Die revolutionären Kräfte müßten sich darüber klarwerden, wie sie die Budgetfrage bewerten wollen: »1. Nur Disziplinbruch
     (Nürnberger Beschluß, Budget) oder 2. auch Großblockpolitik im Landtag. Parlamentarischer Revisionismus. Gegen Dresdener Resolution.
     3. Begnügen mit Verurteilung und Forderung der Anerkennung der Mehrheitsbeschlüsse? 4. Niederlegung der Mandate. 5. Ausschluß
     aus der Partei.« 93 Die unterschiedlich lautenden Anträge an den Parteitag machten den 18 Teilnehmern (unter ihnen Dißmann, Haase, Haenisch,
     Henke, Ledebour, Lipinski und Wurm) klar, wie dringend eine Verständigung in den eigenen Reihen war. Sie erteilten Dittmann
     den Auftrag, in Magdeburg weitere Zusammenkünfte zu organisieren. Rosa Luxemburg hatte vermutlich von Dittmanns Plan gewußt,
     denn sie hatte in dessen Reichstagswahlkreis Lennep-Remscheid-Mettmann ihr Mandat für den Magdeburger Parteitag erhalten.
     Ihrer Initiative vom Frühjahr 1910 war es zu danken, daß mehrere Anträge die badische Budgetbewilligung nicht nur als |362| Bruch des Prinzips »Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!«, sondern auch als Bruch mit dem republikanischen Grundsatz
     der Parteipolitik verurteilten.

Freue mich schon auf Magdeburg, wo ich … einheizen will
    Auf der Rückreise nach Berlin las Rosa Luxemburg, umgeben vom Sprachgewirr der mitfahrenden Delegierten, Kleists »Penthesilea«.
     Es tat ihr wohl, sich »in eine himmelweit entfernte poetische Welt zu versetzen«, obwohl sie »das Stelzenhafte der klassizistischen
     Form stark fremdartig und tot« anmutete. Sie sinnierte über Philosophie und deren Einfluß auf die Wirklichkeit und riet Kostja
     Zetkin, sich einmal systematisch damit zu beschäftigen, denn: »je mehr ich mich in den Kampf stürze und darin untergehe, um
     so mehr beschließe ich bei mir, daß Du davor bewahrt werden müßtest. Der Parteikampf ist nichts für eine Natur wie Du; es
     ist ein Leben unter ständigen Beleidigungen alles dessen, was im Menschen fein und nobel ist.« 94 Rosa Luxemburg meinte, selbst stark genug zu sein.
    Am 17. September 1910 traf sie in Magdeburg ein, wo vom 18. bis 24. September der Parteitag der deutschen Sozialdemokratie
     stattfand. Mit ihr reisten fast 400 Delegierte an, die 720   038 Parteimitglieder vertraten. Sie wartete sehnsüchtig auf Clara Zetkin, die im Zimmer neben ihr logieren sollte. Die beiden
     Frauen verbündeten sich, als in den folgenden Tagen »alles drunter und drüber« ging, »Mogeleien und Drahtziehereien« stattfanden,
     »die jeden Moment neue Überraschungen bereiteten«. 95 Bei »scheußlichem Kopfweh« notierte Rosa Luxemburg vom ersten Verhandlungstag: Heute wurde »die halbe Tagesordnung abgehaspelt,
     ohne daß ein Mensch zuhörte; alles wartet auf ›den großen Tag‹ – morgen. Für meine Resolution kriege ich viele Unterschriften.
     Um mein Mandat war heute große Rauferei, alle Radikalen setzten sich zur Wehr, und schließlich wurde es anerkannt gegen –
     neun Stimmen. Das war der erste Gegenstand, der Aufmerksamkeit und Leidenschaft erregte.« 96
    Sie hielt es für das Wichtigste, sich auf dem Parteitag über die Veränderungen der Situation in Deutschland seit den Wahlrechtskämpfen |363| und Streiks im Frühjahr 1910 zu verständigen und Schlußfolgerungen für neue Kampfformen und inhaltlich weiterführende Orientierungen
     zu ziehen. Doch die Auseinandersetzung mit den Budgetbewilligern rückte in den Vordergrund und damit die Verteidigung altbewährter
     Tradition. Die Entrüstung über die Mißachtung von Parteitagsbeschlüssen und Grundsätzen im Verhalten zum bürgerlichen Staat
     fand unter anderem in 26 Mißbilligungsanträgen an den Parteitag Ausdruck, von denen 10 – aus den Parteiorganisationen Berlin
     I, Bremen, Breslau, Elberfeld-Barmen, Halle, Hanau-Gelnhausen, Kassel, Leipzig-Stadt und Land, Sande bei Wilhelmshaven und
     der von Fritz Zubeil und Genossen – direkt oder indirekt den Ausschluß der betreffenden Abgeordneten aus der Partei forderten.
     Dazu kam es nicht.
    Wie in Kopenhagen beraten, organisierten Wilhelm Dittmann, Hugo Haase, Wilhelm Haupt, Richard Lipinski, Kurt Rosenfeld,

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