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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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gegen die bestehende kapitalistische Gesellschaftsordnung, könne nicht aus der süddeutschen Kleinstaatperspektive
     gegen Preußen mit »allen erdenklichen Mitteln« kämpfen wollen und gleichzeitig der Monarchie des eigenen Bundesstaates seine
     Reverenz erweisen. Gegen das herrschende Regime müsse in allen seinen Institutionen gekämpft werden. Das Ausnutzen der bürgerlichen
     Gesetzlichkeit und der bundesstaatlichen Unterschiede dürfe nicht zum Aufgeben von Grundpositionen der Sozialdemokratie –
     des Antimonarchismus, des Antimilitarismus und des Antikapitalismus – führen. Stets müsse im Sinne des Gesamtprogramms der
     Partei opponiert werden. 80
    Rosa Luxemburg erlebte in Baden eine kleine Generalprobe für den Magdeburger Parteitag. Einerseits stritt sie von Angesicht
     zu Angesicht mit maßgeblichen Vertretern der Budgetbewilliger wie Ludwig Frank, Mitglied der Landtagsfraktion. Andererseits
     wirkte sie gemeinsam mit Budgetbewilligungsgegnern für die Einhaltung revolutionärer Oppositionsprinzipien und bekam Kenntnis
     von ersten Versuchen organisierten Kampfes gegen den Revisionismus.
    |356| Adolf Geck und Hermann Merkel brachten sie in Kontakt zu den Marx-Klubs, die unter anderem in Mannheim, Karlsruhe, Durlach,
     Pforzheim und Offenburg entstanden waren, um »die Genossen, welche mit der prinzipiellen und taktischen Führung der badischen
     Parteipolitik nicht einverstanden waren, zu sammeln und uns durch gemeinsame Aussprache und Vorträge theoretischer Natur im
     Sinne des wissenschaftlichen Sozialismus zur theoretischen Klarheit zu erziehen«. Sie wollten in den Parteiversammlungen energischer
     und organisierter auftreten, wußten sie doch aus bisherigen Erfahrungen: »Der Revisionismus kann die Durchbildung der Genossen
     nicht ertragen, er ist nur lebensfähig unter einer das Wesen des Kapitalismus nicht erfassenden Anhängerschaft.« 81 Auf Rosa Luxemburgs Unterstützung konnten die badischen Marx-Klubs bauen, während Ludwig Frank zusammen mit Friedrich Ebert
     vom Parteivorstand alles darauf anlegte, daß die Klubs als »parteischädigende Sonderbündler« und »Disziplinbrecher« verunglimpft
     und aufgelöst wurden, was 1911 auch geschah. 82
    Ludwig Frank, der in Mannheim agierte, war als einer der einflußreichsten Vertreter der »süddeutschen Fronde« für den Magdeburger
     Parteitag als Korreferent August Bebels vorgesehen. Er hatte 1908 in Nürnberg zu den Initiatoren der Erklärung der 66 gehört,
     die dem Parteitag das Recht absprachen, sich in Fragen der Landespolitik einzumischen.
    Wilhelm Dittmann, ein Vertrauter von Rosa Luxemburg und Clara Zetkin, warnte vor diesen Kräften: Sie hatten auf den Parteitagen
     die Gruppierung der Delegierten entsprechend ihres Standpunktes zu den strittigen Fragen eingeführt, und bereits in Nürnberg
     »saßen nicht etwa nur die süddeutschen Landtagsabgeordneten zusammen, die in Bayern, Württemberg und Baden das Budget bewilligt
     hatten, sondern alle revisionistischen Führer aus dem Reich, wie David, Ulrich, Südekum, Hug-Bant, Böhle, Eisner usw.[…] Der
     Genosse Auer-München war ihr Organisator und Geschäftsordnungsredner.« Sie alle kamen auch mittags und abends in besonderen
     Lokalen zusammen und verabredeten ihre Taktik. 83 In den »Sozialistischen Monatsheften« wurde darüber frohlockt: »Die Einsicht von der Nützlichkeit der von den Gewerkschaften
     von je befolgten Gegenwartstaktik ist auf keinem früheren Parteitag |357| mit solcher Deutlichkeit wie in Leipzig hervorgetreten. Noch ist diese Einsicht längst nicht Gemeingut aller Parteigenossen.
     Aber ihre relativ starke Verbreitung gibt der Sozialdemokratie immerhin mehr Ellbogenfreiheit im Kampf um die Verbreitung
     ihrer Ziele. Ellenbogenfreiheit auch in dem Sinne, als die faktische Gleichberechtigung, die der Revisionismus sich mittlerweile
     neben der altehrwürdigen radikalen Anschauung errungen hat, ohne Zweifel den inneren Auseinandersetzungen in der Partei viel
     von ihrer bisherigen Gehässigkeit nehmen wird. So ist denn zu hoffen, daß der Leipziger Parteitag für die gesamte deutsche
     Sozialdemokratie eine Etappe auf dem Wege zur Anteilnahme an der politischen Macht und zu deren späteren Erringung darstellt.« 84
    Die Exponenten des revisionistischen Blocks wollten die deutsche Sozialdemokratie durch ausschließliche »Gegenwartstaktik«
     für die bürgerlichen Parteien koalitionsfähig machen und auf dem »Weg der Anteilnahme an der politischen Macht«

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