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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Auffassung nach nicht zu einem offenen Krieg gegen Lenin und die Bolschewiki führen. Ein Bruch mit den Bolschewiki würde
     das Chaos in der Partei vergrößern und den Menschewiki den größten Nutzen bringen, »die die gefährlichste Pest sind für die
     Partei und insbesondere für uns, da sie Protektoren der PPS und unsere erbitterten Feinde aus tiefster Seele sind. Ich gebe
     zu, daß die Bereitschaft zur Kriegserklärung an die Bolschewiki hauptsächlich daher rührt, daß ihr tatarischer Marxismus
auf die Nerven fällt
und das psychologische Bedürfnis weckt, ihre Arroganz zu bändigen.« 90 Politische Erwägungen aber zwängen zu vernünftigem Umgang miteinander. Darin wurde sie durch das Interesse Lenins an ihrem
     Verhalten bestärkt; so hatte er sie 1910 sofort um das Material über die Polemik mit Karl Kautsky gebeten.
    An der Zusammenkunft der Linken in Kopenhagen nahmen außer Lenin und Rosa Luxemburg Emanuel Wurm (Deutschland), Jules Guesde,
     Charles Rappoport (Frankreich), Adolf Braun (Österreich), Louis de Brouckère (Belgien), Pablo Iglesias Posse (Spanien) und
     G. W. Plechanow sowie D. B. Rjasanow |360| (Rußland) teil. 91 Zur Debatte stand, wie der Gefahr der weiteren Ausbreitung des Opportunismus begegnet werden sollte. Beschlüsse wurden in
     diesem Kreis nicht gefaßt; im Kongreßverlauf und -ergebnis war jedoch ein abgestimmtes Zusammenwirken der Linken bemerkbar.
     So bekräftigte die einstimmig angenommene Resolution der Abrüstungs- und Friedenskommission über die Aufgaben im Kampf gegen
     den Krieg den von Lenin, Luxemburg und Martow wesentlich präzisierten Beschluß des Stuttgarter Kongresses und erklärte das
     organisierte sozialistische Proletariat aller Länder zum einzigen zuverlässigen Bürgen für den Weltfrieden.
    Rosa Luxemburg hatte zu den Tagen in Kopenhagen ein gebrochenes Verhältnis. Sie nahm einerseits manches, was sich abspielte,
     zu persönlich, andererseits vermochte sie ihren Anteil an einigen Aktivitäten nicht recht einzuschätzen. Innerhalb der 24köpfigen
     polnischen SDKPiL-Delegation hatten sich die Delegierten Irena Izwolska, Julian Marchlewski, Adolf Warski, Karl Radek und
     Rosa Luxemburg als eine eigene Sektion konstituiert. Reaktionen auf Radeks Äußerungen in der Militärkommission veranlaßten
     Rosa Luxemburg, für ihn eine Erklärung auszuarbeiten, die am 1. September 1910 in der Abrüstungs- und Friedenskommission verlesen
     wurde. Der Text verwahrte sich gegen Behauptungen in der bürgerlichen Presse, Radek wolle die sozialdemokratischen Anstrengungen
     zur Sicherung des Friedens durch Distanz zur Abrüstungsforderung mindern. Das Gegenteil sei der Fall, er trete für die größtmögliche
     Wirksamkeit ein, wolle allerdings pazifistische Illusionen kritisieren und hervorheben, daß nur der revolutionäre Klassenkampf
     den Krieg verhindern könne. Mehr hätte man nicht korrigieren können, klagte sie privatim gegenüber Leo Jogiches. Sie verhehlte
     nicht, wie müde und taumelig sie solche Pannen und die Rücksichtnahme auf die Befindlichkeit anderer machten. »Julek [Marchlewski]
     wieder scheint ziemlich dumm in der anderen Kommission [gegen die Tschechen] geredet zu haben und hat vor allem nicht auf
     den Angriff von Horwitz in bezug auf die
› Spaltung der Gewerkschaftsbewegung‹
geantwortet. Auch für Julek habe ich heute eine Erklärung geschrieben, die er zu Protokoll gegeben hat. Die meiste Zeit ist
     mir bisher dafür draufgegangen, zu erkunden, welche Dummheiten unsere Leute |361| machen, und sie zu reparieren. Ich selbst bin wegen großen Augenmerks für ›Fraki‹ [PPS-Revolutionäre Fraktion] in der idiotischen
     Kommission für die Todesstrafe versackt, die es mir unmöglich gemacht hat, irgend etwas Ernsthaftes in einer anderen zu tun.
     […] Hier in diesem Wirrwarr die Aktion gegen die Fraki zu beginnen heißt wie ein Hündchen bei großem Lärm unter dem Tisch
     zu bellen. Zu solchen ›Aktionen‹
wird mich nichts bringen
. Wenn ich etwas beginne, so will ich Wirkung sehen. Bei der nächsten ordentlichen Sitzung des Internationalen Büros werde
     ich diese Frage ruhig, aber entschieden vortragen. Daszyński ist hier, er ist auf einmal ganz grau geworden. K. K. [Karl Kautsky]
     ist plötzlich abgereist, denn er bekam einen
›gänzlichen Zusammenbruch der Nerven‹
. Einige Leute gaben mir schon zu verstehen, daß das meine Schuld sei.« 92
    Rosa Luxemburg gehörte nicht zur Delegation der deutschen Sozialdemokratie, auch

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