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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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sprachen, gestaltete sich zu einem Höhepunkt der Massenproteste. Waren sie nun alle einig?
    Rosa Luxemburg spürte mehr als viele ihrer Freunde, daß an der Krise der deutschen Sozialdemokratie nicht allein der Parteivorstand
     und der oder jener Revisionist bzw. Reformist schuld war, sondern auch eine gewisse Trägheit der Mitgliedschaft, die bequeme
     Gewöhnung an offizielle Aufforderungen von oben und das geringe Verlangen nach Selbstbestimmung in den örtlichen Parteiorganisationen.
     Ein Parteileben, in dem sich Führung und Mitglieder tatkräftig ergänzten, war ihrer Auffassung nach eine entscheidende Voraussetzung
     für entschlossenes und realistisches Handeln auf innen- und außenpolitischem Gebiet. Unter der Überschrift »Wieder Masse und
     Führer« stellte sie knapp 14 Tage vor dem Jenaer Parteitag ihre Gedanken darüber zur Diskussion: »Der idealste Parteivorstand
     einer Partei wie die Sozialdemokratie wäre derjenige, der als das gehorsamste, prompteste und präziseste Werkzeug des Willens
     der Gesamtpartei fungierte. Aber der idealste Parteivorstand |389| wird nichts ausrichten können, wird unwillkürlich im bürokratischen Schlendrian versinken, wenn die natürliche Quelle seiner
     Tatkraft, der Wille der Partei, sich nicht bemerkbar macht, wenn der kritische Gedanke, die eigne Initiative der Parteimasse
     schläft. Ja, noch mehr. Ist die eigne Energie, das selbständige geistige Leben der Parteimasse nicht rege genug, dann haben
     ihre Zentralbehörden den ganz natürlichen Hang dazu, nicht bloß bürokratisch zu verrosten, sondern auch eine völlig verkehrte
     Vorstellung von der eignen amtlichen Autorität und Machtstellung gegenüber der Partei zu bekommen.[…] Gegen Schlendrian wie
     gegen übermäßige Machtillusionen der Zentralbehörden der Arbeiterbewegung gibt es kein andres Mittel als die eigne Initiative,
     eigne Gedankenarbeit, eignes frisch pulsierendes politisches Leben der großen Parteimasse.« 170
    Der Vorstand brachte vor dem Parteitag eine Broschüre über den Marokkokonflikt in Umlauf, in der Rosa Luxemburgs Anliegen
     arg diffamiert wurde. »Indiskretion«, »Irreführung«, »Illoyalität« lauteten die Vorwürfe. »Mich berühren alle diese Kläffereien
     wenig«, schrieb sie an Kostja Zetkin, »ich habe nur kalte Verachtung dafür, und ein Kämpfer muß ja das alles ruhig vertragen
     können.« 171
    Es war schwer, ihre Position in der Marokko-Angelegenheit zu verteidigen, da ihre Gegner behaupteten, den Frieden zu wollen
     und diesbezüglich nichts versäumt zu haben. Zudem billigte auch August Bebel, der z. B. Rosa Luxemburgs Tätigkeit an der Parteischule
     hochschätzte, die Haltung des Vorstandes und betrachtete ihre kritischen Artikel als Verdrehung der Tatsachen. Er war gekränkt
     und verärgert, hatte ihr jedoch intern eine Information zukommen lassen, daß einige Delegierte sie und andere Linke der Konspiration
     gegen den Parteivorstand bezichtigen wollten. 172 Schließlich schien die vorübergehende Abschwächung der Marokkokrise den Zauderern im Parteivorstand recht zu geben.
    Die Diskussion ging weiter, und man wartete gespannt, wie sich die Auseinandersetzungen auf dem Jenaer Parteitag fortsetzen
     würden, der vom 10. bis 16. September 1911 stattfinden sollte. Die Tagesordnung wies zahlreiche Diskussionspunkte aus: Gewerkschaftsprobleme,
     die Kandidatur für den an Stelle des verstorbenen Paul Singer neu zu wählenden Parteivorsitzenden, |390| Veränderungen am Organisationsstatut und vor allem die Planung des Reichstagswahlkampfes. Obwohl Rosa Luxemburg mit vielen
     ihrer Mitstreiter korrespondiert und gesprochen hatte und die »Magdeburger Sieben« aktiv gewesen waren, vermochten die Linken
     dennoch nicht geschlossen für eine Position zu plädieren.
    Rosa Luxemburg sprach als erste in der Diskussion zum Geschäftsbericht des Vorstandes. Sie ging auch auf die Marokkofrage
     ein, obgleich ihr der Vorsitzende Heinrich Dietz empfohlen hatte, sich nicht vor der für den nächsten Tag erwarteten ausführlichen
     Stellungnahme August Bebels zu diesem Thema zu äußern. Mit Rosa Luxemburg forderten besonders Robert Dißmann, Wilhelm Dittmann,
     Alfred Henke, Gustav Hoch, Georg Ledebour, Paul Lensch, Karl Liebknecht, Heinrich Laufenberg und Clara Zetkin eine offensive
     Friedenspolitik der Partei und einen aktionsfähigeren Parteivorstand. In einem Zusatzantrag zum Resolutionsvorschlag des Parteivorstandes
     verlangten Rosa Luxemburg, Gustav Hoch und Clara

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