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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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der Kriegsminister,
     auf § 186, 196, 200, 61. Wir werden also die |450| Militärmißhandlungen aufrollen. Ich sage heute dem Ros[enfeld], daß er mit dem Parteivorstand wegen Verteidigung spricht,
     und zwar möchte ich, daß Du mich mit Ros[enfeld] verteidigst.« 41 Am selben Tag schrieb sie Eva und Franz Mehring in die Schweiz, an den Genfer See, sie könne ihre Freude gar nicht ausdrücken:
     »Wieder also ein Prozeß, in dem nicht etwa ein Lapsus linguae, eine Dummheit oder Ungeschicklichkeit des Redners zu Gericht
     steht, sondern elementare Wahrheiten, notwendige Bestandteile unserer politischen Aufklärung.« 42
    Kriegsminister von Falkenhayn bezog sich in seinem vom Kanzler Bethmann Hollweg bewilligten Strafantrag auf Rosa Luxemburgs
     Rede in Freiburg i. B. am 7. März 1914, in der sie erwähnt hatte, in der deutschen Armee seien Soldatenmißhandlungen an der
     Tagesordnung. Das Hin und Her mit dem Parteivorstand und der Presse wegen der Aufrufe an Betroffene und Zeugen von Soldatenmißhandlungen
     sorgte bei der Angeklagten für Aufregung und Wutausbrüche. Sie gestand Paul Levi, er müsse die Zeugensuche in die Hand nehmen.
     »Heute hielt mir Schulz eine große Pauke über mein unverantwortliches Treiben. Und im Parteivorstand wurde ich behandelt wie
     eine schwere Verbrecherin. Es war mir danach so jämmerlich zumute, daß Rosenf[eld] Mühe hatte, mich wieder aufzutakeln.« 43 Kurt Rosenfeld erinnerte sich später, daß Rosa Luxemburg wiederum nicht nach der drohenden Strafe fragte. »Sie interessierte
     nur, wie der Wahrheitsbeweis geführt werden könnte. Sie wollte nicht mehr und nicht weniger beweisen, als daß buchstäblich
     in jeder Stunde irgend ein deutscher Soldat mißhandelt wurde, d. h. 24 Tag für Tag und zwar auf Jahre hinaus. Um dies zu beweisen,
     mußten wir Tausende von Menschen mobil machen, die im Laufe der letzten Jahre Soldatenmißhandlungen gesehen oder am eigenen
     Körper gefühlt hatten. So viele Zeugen waren nur im Wege der öffentlichen Aufforderung in den Zeitungen ausfindig zu machen.
     Nur die Arbeiterpresse kam dafür in Frage, und so führte uns der Weg zum Vorstand der sozialdemokratischen Partei, dem Kontrollorgan
     von damals etwa 100 Tageszeitungen. Niemals werde ich die Sitzung mit dem Parteivorstand vergessen! Ich trug die Sache vor,
     stieß aber auf allgemeinen Widerspruch. Ein Mitglied |451| nach dem andern erklärte: natürlich würde es wichtig sein, die Soldatenmißhandlungen vor Gericht zu beweisen, aber welches
     Gericht würde solche Beweisführung zulassen! Vor allem aber sei die große Gefahr, daß sich auf die Zeitungsaufforderung nicht
     genügend und nicht genügend zuverlässige Zeugen melden würden, und daß das Gericht dann von der Leichtfertigkeit der Beschuldigungen
     sprechen würde. Wichtiger sei, daß die kostbare Kraft der körperlich schwachen Rosa vor zu langer Gefängnishaft geschützt
     würde. Während dieser Ausführungen sah ich meine Klientin immer aufgeregter werden. Sie verlangte stürmisch das Wort und sprach
     […]. Ich weiß noch sehr genau, wie stark sie auf den Parteivorstand wirkte. Einer nach dem anderen, wurden die Genossen unserem
     Verlangen geneigter und schließlich wurde einstimmig beschlossen, die Aufforderung zur Zeugenmeldung zu publizieren. Die Wirkung
     der Veröffentlichung war eine ungeheure. Buchstäblich Tausende meldeten sich, und so saßen wir, mit uns auch Paul Levi, den
     wir als Mitverteidiger zugezogen hatten, schon nach wenigen Tagen vor riesigen Stapeln von Briefen, die mehr oder weniger
     ergreifend die Mißhandlungstragödien schilderten.« 44
    Nachdem diese Aktion in die Wege geleitet war, freute sich Rosa Luxemburg auf die Ankunft von Paul Levi. »Mir wird es hell,
     wenn ich an Deinen feinen Kopf und die tiefen Augen denke.« 45
    Am 14. Mai hatte Karl Liebknecht im preußischen Abgeordnetenhaus unter typischem Hohngelächter der Mehrheit dieses Hauses
     für Rosa Luxemburg Partei ergriffen: »Meine Herren, […] Sie haben damit eine Märtyrerin geschaffen (Lachen und lebhafte Zurufe.),
     die Richter von Frankfurt haben damit eine Märtyrerin geschaffen, die durch ihre Worte Flammen der Begeisterung erwecken kann,
     wohin sie immer geht, wo sie immer ihre Versammlungen hält, und Flammen der Begeisterung erweckt hat allenthalben und die
     in diesen Versammlungen und dem Prozeß, der gegen sie geführt ist, dem Militarismus schwere Wunden geschlagen hat, schwerere,
     als sie jemals geschlagen

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