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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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ungeachtet der Gefahr, wieder ins Gefängnis geworfen zu werden. »Liebknechts
     ›Landesverrat‹ besteht darin, daß er um den Frieden
kämpfte
. Aber die ganzen weiteren Schicksale des deutschen und internationalen Sozialismus hängen davon ab, ob das Proletariat verstehen
     wird, den Frieden zu
er
kämpfen
und zu diktieren.« 107 Das aber heiße nicht, erläuterte sie, »dem Reichskanzler im Parlament zuzureden, untertänige Bittschriften zu unterzeichnen
     oder in politisch genehmigten Versammlungen Beifall zu klatschen und für Friedensresolutionen Hände hochzuheben, um anderntags
     weiter Munition zu drehen und mit hungerndem Magen geduldig die Militärdiktatur zu ertragen. Nein – um Frieden kämpfen heißt,
     alle Machtmittel der Arbeiterklasse zu gebrauchen.«

Komme kaum zur Besinnung vor Lauferei und Sitzungen
    Über der Politik vergaß Rosa Luxemburg keinen Augenblick, sich liebevoll um Sophie Liebknecht zu kümmern. Die junge, schöne
     und durchaus couragierte Sophie geb. Ryss aus Rostow am Don war zunächst völlig ratlos. Rosa Luxemburg war während der Haussuchung
     in der Wohnung bei ihr, begleitete sie ins Rechtsanwaltsbüro in der Chauseestr. 121, half ihr, Sachen für Karl Liebknecht
     in den Arrest zu bringen, und sorgte mit dafür, daß Sophie ihren Ehemann besuchen durfte. Sie beriet mit Theodor Liebknecht,
     einem der Brüder Karl Liebknechts, über juristische Maßnahmen und hoffte, daß die Immunität |528| den Genossen vor einem Strafverfahren und einer Verurteilung schützen würde.
    Seit der Schicksalsstunde auf dem Potsdamer Platz entwickelte sich zwischen beiden Frauen eine intensive Freundschaft, die
     sich in Rosa Luxemburgs späteren Briefen aus dem Gefängnis ergreifend widerspiegelt. Sophie Liebknecht erinnerte sich, daß
     sie sich nach dem 1. Mai 1916 fast täglich sahen. »Sie begleitete mich oft ein Stück Weges, wenn ich meinem Mann Zeitungen
     und Essen nach Moabit brachte und manchmal versuchte, am Potsdamer Platz einen Wagen zur Fahrt nach Moabit zu erjagen. Ich
     brachte nachher die von meinem Mann erhaltenen Kassiber ins Café ›Fürstenhof‹ am Potsdamer Platz und übergab sie Rosa. Meistens
     tranken wir dort noch eine Tasse Kaffee und versuchten, uns selbst und der Umwelt eine Art Lustigkeit vorzugaukeln. Wenn ich
     nicht nach Hause eilte, fuhren wir noch zu Rosa nach Südende, wo sie ihre Kochkunst demonstrierte, was ihr großen Spaß bereitete
     und uns gut schmeckte.« 108
    Rosa Luxemburg schrieb im Jahre 1916 auch Clara Zetkin viele lange Briefe, um sie aufzumuntern und über das Parteileben in
     Berlin zu informieren. Vor dem 1. Mai hatte sie über die häufigen langen Sitzungen und Konventikel gestöhnt, »die einen zerfasern
     und kaputt machen«. »Es kommt bei alledem fast nichts Greifbares heraus, und ich messe diesem ganzen Froschmäusekrieg in den
     ›Instanzen‹ gar keine Bedeutung zu, und doch kann ich nicht auf die Seite gehen und mich frei machen, denn die Proletarier
     würden mir das sehr verargen – sie selbst überschätzen ja diese Instanzenbalgerei sehr stark.« 109 Nach der Verhaftung Karl Liebknechts riet sie ihr, öfter ein gutes Buch zu lesen oder sich an ihrem herrlichen Garten zu
     erfreuen, ließ sie jedoch gleich wissen, daß die Leute um Haase-Ledebour ungenierter um »Versöhnung« warben – »und das frisch
     nach der Schweinerei, die sie am 1. 5. begangen hatten […]. Natürlich kriegen sie den verdienten Fußtritt.« 110
    In den meisten Berliner Kreisgeneralversammlungen vollzog sich ein deutlicher Linksruck, die Distanz zum Parteivorstand und
     zum Zentralvorstand der Berliner Wahlkreisvereine wurde größer.
    Anfang Juni konnte Clara Zetkin die Freundin endlich für |529| wenige Tage in Sillenbuch willkommen heißen. Auf der Heimfahrt suchte Rosa Luxemburg auch Paul Levi in Königstein im Taunus
     auf.
    Am 18. Juni wurde sie mit Hugo Eberlein, Max Zirkel, Freigang, Käte Duncker und Otto Franke in den Kreisvorstand des Wahlkreises
     Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg gewählt und für den Großberliner Parteiausschuß vorgeschlagen. Der bisherige rechtssozialdemokratisch
     orientierte Vorstand war seines Amtes enthoben worden, weil er die Veranstaltung demonstrativ verlassen hatte. Zum ersten
     Mal wurde damit in einem Groß-Berliner Wahlkreis eine organisatorische Trennung von rechten Kräften in der Partei herbeigeführt.
     Auf der Generalversammlung des Groß-Berliner Verbandes der sozialdemokratischen

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