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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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zunächst in der Wilhelmstraße 114, zog jedoch bald in die früheren Büroräume der
     russischen Telegraphenagentur in der Friedrichstraße 217. Die Redaktion der »Roten Fahne« blieb in der Wilhelmstraße. Der
     Aufbau der Organisation wurde durch freiwillige Spenden finanziert. Stärkeren Einfluß besaß er außer in Berlin in Bayern,
     Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Hessen, Frankfurt (Main), Leipzig, Magdeburg, Niederrhein, Nordwest, Oberschlesien, Ostpreußen,
     Ruhrgebiet, Stuttgart, Thüringen und Wasserkante.
    Rosa Luxemburg bezeichnete auf der Sitzung vom 11. November als nächste Aufgaben, eine eigene Tageszeitung, die Wochenschrift
     »Die Internationale« und Zeitungen für die Jugend, die Frauen und die Soldaten herauszugeben sowie eine Zeitungskorrespondenz
     aufzubauen. 21 Am dringlichsten war jedoch zunächst, das Erscheinen der »Roten Fahne« zu gewährleisten.
    Als Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 11. November ihre Redaktionstätigkeit für die »Rote Fahne« aufnehmen wollten, protestierte
     das aufgehetzte Setzer- und Druckerpersonal in einer Betriebsversammlung. Es hätte nicht viel gefehlt und beide wären erneut
     verhaftet worden. Der Scherl-Verlag |590| kam der vom Vollzugsrat erlassenen Verfügung nicht nach, »die täglich erscheinende Zeitung ›Die Rote Fahne‹ unter der Redaktion
     von Frau R. Luxemburg (Vertreter E. Meyer) zu drucken und die für die Herstellung und Verbreitung erforderlichen Einrichtungen
     zur Verfügung zu stellen« 22 . Auch Rosa Luxemburgs Versuch, durch eine kommerzielle Vereinbarung mit dem Verlag den Druck der Zeitung zu sichern, blieb
     erfolglos. 23 Die Regierung ordnete die Freigabe der besetzten Zeitungsverlage an und stellte sie unter militärischen Schutz. Die aufgehetzten
     Arbeiter des Scherl-Verlages erhielten für ihre Weigerung, die »Rote Fahne« zu drucken, insgesamt rund 16   000 Mark. Wer sich gegen die Weigerung ausgesprochen hatte, wurde entlassen. 24
    Dem Spartakusbund gelang es nur mit großer Mühe, bei Arthur Lehmann in der Königgrätzer Straße 40/41 eine Druckgelegenheit
     zu finden, so daß die »Rote Fahne« nach einer Woche, am 18. November, wieder erscheinen konnte. Der Sohn des Besitzers überwachte
     den Verbrauch des nach dem Kriege sehr raren Papiers, das vom Spartakusbund beschafft wurde. Er begegnete Rosa Luxemburg täglich,
     da sie die Verwendung des Papiers persönlich kontrollierte. »Nun, ich hatte sicherlich nicht viel Verständnis damals für die
     Arbeitslast, die sich auf Rosa Luxemburg türmte. Aber ich war mir doch dessen bewußt, daß sie überaus angespannt war. Und
     deswegen wirkte es so auf mich, daß sie immer eine Frage nach meinem Befinden hatte, häufig auch ein ermunterndes Wort für
     mich fand.« 25
    Am 17. November verfaßte Rosa Luxemburg die am nächsten Tag in der »Roten Fahne« abgedruckten Artikel »Der Anfang« und »Das
     alte Spiel«. Darin warnte sie vor Illusionen über das Erreichte. Die weit verbreiteten Gerüchte über den angeblichen Putschismus
     und Anarchismus des Spartakusbundes verurteilte sie als üble Hetze, die von den scheußlichsten Verleumdungen zehre. Nicht
     über Marställe, Bäckerläden und furchtsame Philister werde der Sturm der aufgeklärten Massen hereinbrechen, sondern »die Kreise
     der abhängigen Sozialdemokraten, der Scheidemann, Ebert, Otto Braun, der Bauer, Legien und Baumeister«, die die öffentliche
     Meinung mit schamlosen Lügen vergifteten und das Volk gegen den Spartakusbund aufhetzten, »wird er hinwegfegen, ihr gestrigen
     Kumpane |591| der bürgerlichen Reaktion und des Prinzen Max, ihr Schutztruppen der kapitalistischen Ausbeutung, ihr lauernden Vorposten
     der Gegenrevolution, ihr Wölfe im Schafpelz!« 26
    Zufrieden, daß die »Rote Fahne« nun wieder auf dem Zeitungsmarkt war, schrieb sie am 18. November an Clara Zetkin, mit der
     sie seit ihrer Ankunft nur telefonisch bzw. telegraphisch in Verbindung gestanden hatte. »Liebste, in aller Eile nur zwei
     Zeilen. Ich bin, seitdem ich aus dem Zug gestiegen bin, noch nicht mit einem Fuß in meiner Wohnung gewesen. Die ganze Zeit
     bis gestern war Jagd hinter der ›Roten Fahne‹ her. Erscheint sie – erscheint sie nicht? Darum drehte sich der Kampf von früh
     bis spät. Endlich ist sie da. Du mußt Geduld mit ihr haben, sie ist technisch noch nicht auf der Höhe, das kommt alles nach
     und nach. Vor allem aber will ich Dein Urteil über den Inhalt hören. Ich habe das Gefühl, daß wir

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