Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.
Soldaten zur
Wahl von Räten auf. Darin wurden folgende Aufgaben zur Weiterführung der Revolution genannt: Entwaffnung der Polizei und der
Offiziere; Bewaffnung des Volkes; Übernahme aller Behörden und Kommandostellen durch Vertrauensmänner der Arbeiter- und Soldatenräte;
Beseitigung des Reichstags und aller Parlamente sowie der bestehenden Reichsregierung; Abschaffung aller Dynastien und Einzelstaaten;
einheitliche Republik; Übernahme der Regierung durch den zu wählenden Berliner Arbeiter- und Soldatenrat; Wahl von Arbeiter-
und Soldatenräten in ganz Deutschland; Aufnahme der Beziehungen zu den sozialistischen Bruderparteien und Rückberufung der
sowjetrussischen Botschaft, die auf Grund einer Provokation am 5. November 1918 ausgewiesen worden war. 16
Die Spartakusgruppe empfahl, in allen revolutionären Massenversammlungen eine Resolution mit den wichtigsten dieser Forderungen
anzunehmen, und schlug vor, Rosa Luxemburg in den zentralen Arbeiter- und Soldatenrat Deutschlands zu delegieren. »Wir begrüßen
in ihr die Frau«, schloß der Resolutionsvorschlag, »die für Hunderttausende Männer und Frauen |588| West- und Osteuropas die geistigen Waffen des Freiheitskampfes gegen den Imperialismus schon lange vor dem Kriege mitgeschmiedet
hat und die darum bis zum letzten Augenblick von den herrschenden Klassen als ihre Todfeindin im Kerker festgehalten worden
ist.« 17
Als Rosa Luxemburg in die Redaktion der »Roten Fahne« kam, »wehte dort bereits ein anderes Lüftchen«, berichtete Hermann Duncker.
»Die Gefügigkeit, mit der sich die Herren und das gesamte Personal am Vortage dem revolutionären Willen des Proletariats unterworfen
hatten, war einer immer stärker werdenden Widersetzlichkeit und Sabotage gewichen.« Die »Revolutionsregierung« hatte auf Beschwerde
der bürgerlichen Pressegenerale hin verfügt, daß die Zeitung ihren ehemaligen Besitzern wieder auszuliefern sei, ihr konterrevolutionäres
Gift also ungehindert weiter verspritzen durfte. »Da hielt Rosa Luxemburg vor der gesamten Belegschaft eine so eindringliche
und leidenschaftliche Rede, daß von dieser Seite keine Schwierigkeiten mehr gemacht wurden und die zweite Nummer der ›Roten
Fahne‹ in Druck ging.« 18
Am 11. November wurde im Hotel »Exzelsior« der Spartakusbund gegründet. Wilhelm Piecks Erinnerungen zufolge hatte Leo Jogiches
vorgeschlagen, »den bisherigen Namen Gruppe Internationale (Spartakusgruppe) in ›Spartakusbund‹ umzuändern. Der Bund war aber
noch keine Partei, sondern seine Mitglieder gehörten organisatorisch zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.
Er war jedoch innerhalb dieser Partei eine geschlossene Propagandavereinigung. Um unseren Anhängern ein sichtbares Zeichen
der Zugehörigkeit zum Spartakusbund zu geben, wurden Agitationskarten gedruckt und zum Preise von 50 Pfennig ausgegeben, ohne
aber laufende Beiträge zu erheben. Natürlich mußte dieser Zustand zu Konflikten innerhalb der USPD führen. Aber Rosa Luxemburg
hielt es für nützlich, daß die Spartakusgenossen solange wie möglich in der USPD blieben, um diese für die Spartakusauffassungen
zu gewinnen und zu vermeiden, daß der Spartakusbund noch selbst eine neue Partei schuf. […] Die Spartakuszentrale wurde aus
dreizehn Genossen gebildet, an deren Spitze Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring und Leo Jogiches standen. Außerdem
gehörten der Zentrale noch |589| an: Ernst Meyer, Hermann und Käte Duncker, Wilhelm Pieck, Hugo Eberlein, August Thalheimer, Paul Levi, Willi Budich und Paul
Lange.« 19
Rosa Luxemburg hielt es wie Leo Jogiches und Clara Zetkin für zweckmäßig, in der USPD zu bleiben. »Möglich, sogar wahrscheinlich,
daß die Trennung unvermeidlich wird«, faßte Clara Zetkin einen telephonischen Gedankenaustausch mit Rosa Luxemburg vom 16.
November zusammen. »Aber dann sollen wir sie vollziehen unter den Umständen, die unserer Einwirkung auf die Massen am günstigsten
sind, Umstände, die die Trennung aus einer Frage mehr oder minder großer Organisationen zur Sache größerer proletarischer
Massen machen würden. Solche Umstände fehlen jetzt. Die Trennung würde ein kaum bemerktes Ereignis sein, ohne Verständnis
und Echo bei den Massen zu finden. Und wir würden uns bei unserer notorischen Schwäche an führenden Menschen und Mitteln den
Zugang zu den Massen erheblich erschweren.« 20
Der Spartakusbund hatte sein Zentralbüro
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