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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Frau Dr. Zofia Daszyńska und Frau Dr. Rosa Luxemburg hervor. […] Wir schulden den Frauen bereits
     eine Reihe von Arbeiten, die nicht ausgeschaltet werden können, ohne wichtige Glieder in der Kette der nationalökonomischen
     Forschungen preiszugeben, ohne den Stand unseres Wissens empfindlich zu verletzen.« 37

Auf eigene Faust in der politischen Arena bewegen
    Leo Jogiches wollte genau wissen, wie Rosa Luxemburg ihren Tag verbrachte. Sie schilderte ihm minutiös: »Morgens vor8 werde
     ich wach, hopse ins Vorzimmer, schnappe Zeitungen und Briefe, dann schwupp unter das Federbett und lese die wichtigsten Sachen.
     Dann reibe ich mich kalt ab (regelmäßig, jeden Tag), dann kleide ich mich an, trinke auf dem Balkon ein Glas heiße Milch mit
     Butterbrot (Milch und Brot bringen sie mir jeden Morgen ins Haus). Dann ziehe ich mich ordentlich an und gehe für eine Stunde
     in den Tiergarten spazieren (regelmäßig, jeden Tag, bei jedem Wetter). Dann gehe ich wieder nach Hause, ziehe mich um und
     schreibe meine Notizen für Parvus oder Briefe. Mittag esse ich um 12.30 zu Hause für 60 Pf in meinem Zimmer, das Mittagessen
     ist ausgezeichnet und äußerst gesund. Nach dem Mittagessen jeden Tag schwupp auf das Kanapee, schlafen! Gegen 3 stehe ich
     auf, trinke Tee und setze mich, um die Notizen oder Briefe zu schreiben (je nachdem, was ich vormittags getan habe), oder
     ich lese Bücher. Ich habe nämlich aus der Bibliothek: Bluntschli,
› Geschichte des
Staatsrechts‹, |92| Kants ›Kritik der reinen Vernunft‹, Adlers
› Geschichte der sozialpolitischen Bewegungen‹,
aber auch das ›Kapital‹. Um 5 oder 6 trinke ich Kakao, arbeite weiter, oder häufiger noch gehe ich dann zur Post, um Briefe
     und Notizen aufzugeben (diese Tätigkeit liebe ich ungeheuer). Um 8 esse ich Abendbrot: (erschrick nicht) drei weiche Eier,
     Brot mit Butter, mit Käse oder Schinken und noch ein Glas heiße Milch. Dann setze ich mich an den Bernstein (Oh! …) Gegen
     10 trinke ich noch ein Glas Milch (einen Liter täglich). Ich arbeite abends sehr gern. Ich habe mir einen roten Lampenschirm
     gemacht und sitze an meinem Schreibtisch, gleich am offenen Balkon; das Zimmer im rosa Halbschatten sieht entzückend aus,
     und über den Balkon kommt aus dem Gärtchen frische Luft. Gegen 12 ziehe ich den Wecker auf, singe etwas vor mich hin, dann
     bereite ich die Schüssel mit dem Wasser für die morgendliche Abreibung vor, kleide mich aus und schwupp unters Federbett.« 38 Ob er nun zufrieden sei? Wie fülle er denn seinen Tag aus? Wie stehe es mit der Dissertation und dem Lesen? Er möge nicht
     vergessen, sie wolle »keinen Dummkopf zum Mann haben« 39 .
    Allmählich verflogen Rosa Luxemburgs düstere Gedanken über die Leere, die sie in letzter Zeit gepeinigt hatten. Dafür sorgte
     wie so oft die Arbeit. Seit Anfang Juli saß sie im »Bernsteinschen Nebel«, wie sie schrieb, und lebte »geistig (innerlich)
     äußerst rege«. 40 Sie war wild entschlossen, in der Bernstein-Debatte kräftig mitzudiskutieren und dadurch für einen größeren Kreis von Sozialdemokraten
     interessant zu werden.
    Eduard Bernstein, marxistischer Theoretiker und Kampfgefährte von Marx und Engels, der wegen seiner Tätigkeit unter dem Sozialistengesetz
     aus Deutschland verbannt worden war und in London lebte, hatte durch mehrere Artikel in der »Neuen Zeit« für Aufsehen gesorgt.
     In der Folge »Probleme des Sozialismus. Eigenes und Übersetztes« hatte er 1896/97 zu Bedenken gegeben: »Es wird ein großer
     Strich gemacht: hier die kapitalistische, dort die sozialistische Gesellschaft. Von systematischer Arbeit in der ersteren
     ist nicht die Rede, man lebt von der Hand in den Mund und läßt sich von den Ereignissen treiben. Die Berufung auf den sehr
     einseitig gedachten Klassenkampf und die ökonomische Entwicklung muß über alle |93| theoretischen Schwierigkeiten hinweghelfen. So wenig nun die fundamentale Wichtigkeit dieser beiden geschichtlichen Triebkräfte
     geleugnet werden soll, so ist doch klar, daß mit der ausschließlichen und unqualifizierten Verweisung auf sie sehr viel unbestimmt
     gelassen wird, was gerade der Sozialismus, wenn anders er wirklich Wissenschaft sein soll, zu erklären oder zu ermitteln hat.« 41 Die Propagierung des Marxismus bezeichnete er als »revolutionäre Phraseologie«. Er polemisierte gegen das »Hinausschieben
     aller Lösungen auf den Tag des endgültigen Sieges des Sozialismus«. 42
    Im Januar 1898 folgerte

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