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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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in Alabama. Die Worte flossen ihr wie Honig aus dem Mund, der Honig wand sich um jede Silbe, golden, sanft und lecker.
    Manchmal verwendete sie alte Redensarten aus den Südstaaten, manchmal vermutete ich, dass sie sie einfach erfand.
    Ich hatte beobachtet, wie sie mit Henry und Amelia Earhart umging. Sie war umwerfend, und was noch wichtiger war: freundlich. Es dauerte keinen Tag, da flehten wir sie an, bis auf weiteres in das freie Zimmer im Haus zu ziehen.
    Sie nahm uns in die Arme und sagte: »Na, das ist ja von reinstem Wasser. Sicher komme ich und helfe euch, ihr Hübschen. Das schießt den Vogel ab.«
    Am College hatte die Frau mit der Honigstimme Ingenieurswesen studiert, als es noch eine rein männliche Domäne war. »Die Männer wussten nicht, was sie mit mir anfangen sollten. Ich war weder ihre Mutter noch ihre Schwester oder Freundin. Aber ich war klüger als sie. Das begriffen sie einfach nicht. Sie waren einfach nur baff.
    Männer sind schnell baff, meine Hübsche, das darfst du nie vergessen. Ihr Kopf funktioniert wie ein Pornofilm. Anders kann ich das nicht beschreiben: wie ein Pornofilm.« Sie zog das Wort in die Länge. »Ein Teil ihres Kopfes denkt, der andere Teil sieht Brüste vor sich, immer. Das ist mein kostenloser Ratschlag für dich, Liebchen.«
    »Ich werd dran denken, danke.«
    »Männer eignen sich nur zum Zeitvertreib. Zur eigenen Belohnung. Wie Süßigkeiten. Wie ein Eis an einem heißen Nachmittag in Alabama. Wie ein Dessert. Sie sind nicht der Hauptgang. Sobald ein Mann in deinem Leben zum Hauptgang wird, ist es Zeit, mein Liebchen, auf Diät zu gehen. Genau in der Sekunde. Männer gibt’s nur zum Nachtisch.« Und das alles mit ihrer Honigstimme.
    »Hm, lecker«, sagte ich.
    »Ja, sie sind lecker.« Velvet blinzelte mir zu. »Aber nimm sie niemals ernst. Hier und da einen Happen reicht völlig. Alle drei Männer, mit denen ich verheiratet war, sind gestorben, Gott segne ihre erbsengroßen Seelen, aber sie waren für mich nie die sättigende Hauptspeise, so wie Hühnchen und Kartoffeln. Sie waren immer die flambierten Kirschen zum Abschluss.« Sie schaute in die Ferne. »Und es kam oft vor, mein Liebchen, dass ich sie am liebsten angezündet hätte.«
    Aha.
    So lange Velvet keine Männer bei uns im Haus mit den flambierten Kirschen anzündete, ging das in Ordnung.

    Später in der Nacht, gegen ein Uhr, steuerte ich auf die Mitte der Grasfläche neben der großen Trauerweide im Garten zu. Der Mond stand fast senkrecht über mir, die Sterne waren strahlend weiße Löcher im tiefen, weichen Schwarz.
    Ich schloss die Augen. Ich dachte an mein Loft in Portland, an die Aussicht auf den Fluss, an meine Kameras, hinter denen ich mich verstecken konnte, und an meine Dunkelkammer, in der ich stundenlang gearbeitet hatte. Schwarz auf schwarz.
    Ich sehnte mich nach meinem einsamen Leben, auch wenn die vertraute Schwärze dazugehörte, die Schwermut, die ich versuchte einzudämmen und in der ich mich fast verlor. Diesen Mist hier wollte ich nicht haben.
    Diese ganzen Gefühle.
    Die Streitereien und den Stress. Die völlig fehlende Kontrolle. Die permanente Verantwortung, die Kleinstadt, die Sache mit Momma.
    Ich wollte in mein Loft.
    Der Wind strich mir übers Gesicht.
    Was zum Teufel machte ich hier überhaupt in Trillium River? Verdammt nochmal!
    Ein einsamer Stern zwinkerte mir zu. Ich rieb mir mit den Händen übers Gesicht und atmete den Windhauch ein.
    Ich wusste ja, warum ich hier war.
    Ich wusste es ja.

    Ungefähr ein Jahr, nachdem Dad mit seinen Dschungel-Albträumen verschwunden war, erzählte uns Momma, sie sei Tänzerin. Das fanden wir ziemlich cool. Tagsüber hatte sie bis dahin gekellnert, wurde aber immer wieder wegen Henry gekündigt.
    Henry weinte nämlich, wenn jemand Fremdes auf ihn aufpasste, und wenn er nicht weinte, litt er an einem seiner zahlreichen Gesundheitsprobleme – Asthma, chronische Erkältung, Schlafstörungen, die wiederum zu Erkältungen, dauerhaften Bauchschmerzen, Lungenentzündungen oder Ohrentzündungen führten … so dass Momma zu Hause bleiben musste, um ihn zu pflegen.
    Es dauerte nie lange, dann wurde Momma rausgeworfen, weil sie zu viel freinahm. Innerhalb kürzester Zeit waren wir pleite, und sie bekam diesen leeren Blick eines verlassenen Kindes, dann legte sie sich ein paar Tage oder Wochen ins Bett, und für uns begann der schwere Kampf.
    Als Momma uns zum ersten Mal erzählte, dass sie nun als Tänzerin arbeitete, wohnten wir in Massachusetts.

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