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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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und behauptet, du wärst Buddhistin«, sagte Janie. »Du hast uns erzählt, du würdest wiedergeboren werden.«
    »Das stimmt. Ich habe mich mit dem Buddhismus befasst. Ich weiß, dass ich nach meinem Tod auf die Erde zurückkehre. Vielleicht als Mensch. Als Mann oder Frau. Vielleicht auch als Blatt. Ich habe auch viel meditiert, die Vier Edlen Wahrheiten angenommen und bin meinem eigenen Pfad der Erleuchtung gefolgt.«
    »Erzähl ihnen doch auch von deinem jüdischen Monat, Kayla!«, fuhr Cecilia sie an. »Damit wir ja nichts auslassen!«
    »Genau, im Monat davor war ich Jüdin. Ich habe sechs Rabbiner um Weisheit gebeten, drei davon online, habe Moses und die Zehn Gebote studiert, dreimal am Tag gebetet und Challah gebacken.«
    Cecilia grunzte.
    »Ich mag Brot«, sagte Henry. »Ich mach Brot klein. Enten mögen Brot. Wollt ihr mit zum Ententeich?«
    »Luftverkehrskontrolle, hier ist HRTO2233«, sprach Grandma in ihr leeres Glas. »Alles in Ordnung. Ich brauche den neusten Wetterbericht. Gewitter voraus?«
    Ich nickte. »Na, da hast du mit deinen ganzen Glaubensrichtungen ja viel zu tun gehabt.«
    »Es ist wichtig, dass man sich umsieht und nicht naiv die Religion übernimmt, die einem von jemandem aufgezwungen wurde, der in seinem ganzen Leben noch keinen anderen Glauben ausprobiert hat.« Wütend funkelte Kayla ihre Mutter an.
    »Ich muss mich mit keiner anderen Religion befassen, weil ich weiß, was ich bin, Kayla: katholisch.« Aus der nächsten Ravioli spritzte der Spinat, dann attackierte Cecilia ihr Brötchen.
    Ich nickte. Was die Religion anging, hatte meine Zwillingsschwester nie gewankt. Momma nahm uns sonntags mit in die katholische Kirche, ganz egal, wo wir waren, solange sie nicht vor Depressionen und dem Kampf gegen ihre Dämonen halb weggetreten war. In dem Fall bestand sie darauf, dass wir ohne sie gingen.
    Wenn Momma sich aufgerafft hatte, mussten wir nach der Kirche noch bleiben, damit Momma einen Rosenkranz beten konnte. Wir mussten immer draußen warten. Ein paarmal schlichen wir uns hinein, weil es so lange dauerte, huschten aber sofort wieder nach draußen, als wir unsere Momma schluchzend am Altar entdeckten.
    »Du gehst gar nicht zur Kirche, Tante Isabelle, stimmt’s?«, fragte Kayla mit zusammengekniffenen Augen. »Bist du Atheistin?«
    Ich legte mein Knoblauchbrot beiseite. Eine weitere ererbte Angewohnheit der Bommarito-Familie: Wir können nicht normal essen wie andere Menschen. Unsere Unterhaltungen geraten oft höchst explosiv.
    Es kam schon vor, dass Essen durch die Gegend flog. Einmal ein Stuhl. Ein andermal ein kompletter gefüllter Truthahn. Es wird geschrien. Einmal wollte Cecilia mich über den Tisch hinweg packen und landete in Mommas Auflauf. Janie hat den Tisch schon umgeworfen. Gläser wurden zerbrochen. Schlagsahne wurde versprüht, Hotdogs wie Granaten geschleudert, Brotlaibe als Waffen benutzt.
    Das ist erblich bedingt. Als wir als Jugendliche hier einzogen, stritten sich Momma und Grandma über Mommas Schminke (zu dick, zu billig), über Grandmas Einstellung (kritisch, voreingenommen) und über Mommas spärliche Besuche in den vergangenen Jahren (sie hätte Grandma ihre Enkel vorenthalten). Momma warf eine Hähnchenkeule nach ihrer Mutter, Grandma schleuderte einen Apfel gegen Mommas Stirn. Dem folgten eine Handvoll Reis und ein Brötchen. Dann ein Pfirsich.
    Ich warf einen kurzen Blick auf die Lebensmittel auf dem Tisch. Junge, Junge: Ravioli – kleine, viereckige Landminen. Schleimiger Salat.
    »Jesus liebt Isabelle!«, rief Henry. »Jawoll!«
    »Ich bin keine Atheistin«, antwortete ich Kayla.
    »Bist du Agnostikerin? Das heißt, dass du an der Existenz Gottes zweifelst?«
    »Ich bin keine Agnostikerin.«
    »Also glaubst du an Gott?«
    »Ja, ich glaube an Gott.« Auch wenn ich nicht viel an ihn dachte. Man denkt nicht gerne an Gott und schon gar nicht an die Hölle, wenn man so ein Leben führt wie ich. »Im Großen und Ganzen habe ich versucht, mich im Schatten zu halten, damit Gott mich nicht sehen kann.«
    Das führte die kluge Kayla nicht in die Irre. »Man kann sich im Schatten nicht vor Gott verstecken.«
    »Gott sieht dich.« Henry lachte. »Gott sieht dich, Isabelle. Er kann gut gucken. Du bist dumm.«
    »Nur wenn er die Augen zusammenkneift und in allen dunklen Ecken nachguckt. Ich glaube, ich habe ihn vor ein paar Jahren verloren, als ich im Nahen Osten war, und jetzt hat er mich vergessen. Da hinten hat er viel zu tun, wisst ihr. Kriege, Hungersnöte und

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