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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Staubflocken uns um den Kopf wirbelten.
    »Gespenster?«, wiederholte ich. »Du hattest es noch nie mit Gespenstern.«
    »Doch. Ich erforsche sie für mein nächstes Buch. Ich finde sie faszinierend.«
    »Sie finden dich auch faszinierend. Haben dich sogar zur Vorsitzenden ihrer Gespenstergesellschaft von Oregon gewählt. Im Juni veranstalten sie einen Nationalkongress. Die Hauptveranstaltung lautet ›Geisterstunde‹, gefolgt von ›Multikulturelle Achtsamkeitsnacht‹ und ›Sensible Gespenster: Wie man nicht verschwindet‹.«
    »Hör auf! Ich kann die Gespenster hören.«
    Ich verhielt mich still, um sie auch zu hören. »Buh!«, rief ich.
    Janie zuckte zusammen.
    Ich lachte. »Da in der Ecke hockt ein männliches Gespenst. Huch! Es ist nackt! Es sieht umwerfend aus!«
    »Dann kannst du ja vielleicht mit ihm schlafen, Isabelle. Aber nur eine Nacht, nicht zwei. Sonst wird noch eine Beziehung daraus.«
    »Das wird gruseliger Sex. Ich werde einen weiteren BH plus Tanga verbrennen müssen. Meinen weißen.« Ich legte Janie den Arm um die Schultern. »Ich backe, du verkaufst.«
    »Wir backen beide. Du verkaufst. Ich will nicht mit all den Leuten reden, und du weißt, dass ich’s nicht mit Rosinen habe. Wenn ich sie anfasse, habe ich das Gefühl, sie zählen zu müssen.«
    »Ich weiß, dass du’s nicht mit Rosinen hast.«
    »Sie sind zu klein.«
    »Ja, ich weiß, Janie. Ihre Winzigkeit geht dir auf die Nerven.«
    »Sie sind nicht lecker.«
    »Stimmt. Rosinen sind nicht lecker.«
    »Sie sind fest, faltig und verschrumpelt. Bah.«
    »Ich weiß. Fest, faltig und verschrumpelt geht gar nicht.«
    »Genau. Und manchmal knirschen sie. Sie fühlen sich grob an im Mund.« Sie machte ein schmatzendes Geräusch.
    »Das hört sich an, als würde es dich antörnen, weißt du das? Hast du’s etwa insgeheim doch mit Rosinen?«
    »Das ist ja abartig.«
    »Allerdings. Genau wie von Rosinen genervt zu sein.«
    Ihr Gesicht wurde trotzig. »Es ist mir auch nicht peinlich, dir zu sagen, dass ich nicht mehr mit Haselnüssen umgehen kann.«
    »Keine Haselnüsse mehr?«
    »Nichtssagend. Wenig Geschmack.« Sie rümpfte die Nase.
    Ich verdrehte die Augen. »Verstanden. Dann werde ich für die Rosinen und Haselnüsse zuständig sein.«
    »Mach dich bloß nicht über mich lustig.«
    »Tu ich ja gar nicht. Mit Zuckerguss kannst du aber schon noch arbeiten. Ja?«
    Frustriert warf sie die Hände hoch. »Zuckerguss ist glatt.«
    »Glatt?«
    »Ja. Und seine Ursprungsfarbe ist weiß.«
    »Weiß und glatt.« Ich versuchte nicht mal, das zu begreifen. »Na, dann komm, Frau Zuckerguss. Lass uns mit der Arbeit beginnen.«

    Um halb sieben öffneten wir die Ladentür. Da es hier so schäbig aussah, erwartete ich keinen Ansturm wie damals, als wir noch zur Highschool gingen. Damals kamen die Leute vor der Arbeit auf einen Kaffee und ein Stück Gebäck vorbei. Sie kamen während des Tages, um Streuselkuchen, Muffins oder Brownies zu kaufen.
    Die Kartenspielerinnen kamen dienstags abends, die Quilterinnen am Donnerstag. Wir hatten die Sonntagskirchgänger und die Kunden am Samstagnachmittag, die zum gemeinsamen Essen mit Freunden etwas Süßes mitbringen wollten.
    Allerdings war ich schon überrascht, keinen einzigen Kunden zu sehen. Zero. Null.
    Janie stellte ihre ostindische Musik an und hängte das Foto ihrer Therapeutin auf.
    Wir holten die alten Rezeptbücher heraus, die meisten von meinem Dad, einem Mann, der das Backen geliebt hatte, wenn ihn die Dämonen nicht mit Mistgabeln pieksten, und legten los.
    Ich verdrängte das Verlustgefühl, das ich empfand. Die Erinnerungen, die in den frühen Morgenstunden auf mich einprasselten, unglaublich schmerzhaft und gleichzeitig zum Piepen komisch, herzergreifend und strahlend, schob ich von mir. Ich wollte mich nicht auf diese Erinnerungen einlassen.
    Daher backten wir.

    Um zehn Uhr kam eine alte Frau hereingeschlurft. Ihren mit schwarzen Müllsäcken vollgestopften Einkaufswagen ließ sie vor der Tür stehen. Sie trug einen blauen Blumenhut, drei Sweatshirts, schlabbrige Jeans, dazu einen schwarzen und einen braunen Schuh.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    Sie grinste. Ihr fehlten einige Zähne.
    Ich brachte ihr die Karte, während sie in eine der roten Sitzecken sank.
    »Wie wär’s mit Frühstück?«, fragte ich. Um meine Taille hatte ich eine weiße Schürze gebunden, die Zöpfe zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Ich wusste, dass ich Mehl im Haar hatte. Hätte mich auch nicht überrascht, wenn an

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