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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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nuschelte Shaw durch seine geschwollenen Lippen. »Ihm ist nichts passiert. Er ist ein bisschen bescheuert, wissen Sie. Er hat nicht so viel Hirn wie wir.«
    »Es ist nur Henry?« , stieß Mr Wong hervor. Er wurde knallrot, sprang auf und schlug jedem Jungen mit einem Papierstapel auf den Kopf. »Er ist ein menschliches Wesen.«
    »Aber …«, unterbrach ihn Damien. »Er ist nicht wie wir. Er ist nicht normal.«
    »Er ist normal. Ihr seid diejenigen, die nicht normal sind!«, brüllte Mr Wong. »Was seid ihr bloß für Tiere, Henry zu verprügeln. Wie krank ist das?« Wieder schlug er jedem auf den Kopf. »Krank. Krank. Krank. Seid ihr Tiere?«
    »Er schneidet uns Grimassen!«, rief einer der Jungs.
    »Ja, er grinst dauernd und sagt: ›Jesus liebt dich.‹«
    »Der hat sie doch nicht alle!«, sagte der dritte Junge. »Er ist ein Vollidiot.«
    Oje.
    Chaos.
    Wir Bommarito-Mädchen hassen dieses Wort.
    Es gab eine hässliche Szene. Cecilia, Janie und ich stürzten uns gleichzeitig auf die drei Jungs. Ich landete mit so viel Wucht auf dem mittleren, dass er nach hinten kippte.
    Der Rektor fing Janie im Sprung ab, als sie auf einen anderen Jungen zuflog. Sie schrie, trat um sich und traf Shaws geschwollene Lippen.
    Cecilia warf sich auf den Dritten, ehe die Konrektorin sie aufhalten konnte. Später berichteten mir beide, dass Cecilia noch einen guten Karatetritt landen konnte, bevor die Konrektorin sie mit aller Kraft wegzerrte.
    Wir wurden unter Zwang aus dem Rektorenbüro getragen und auf Stühle im Vorzimmer gesetzt.
    Die drei fiesen Rabauken wurden der Schule verwiesen.

    Der Rektor und die Konrektorin zitierten uns wieder in ihr Büro, und wir bereiteten uns auf das Schlimmste vor.
    Zuerst herrschte Totenstille, dann seufzte Mr Wong schwer. Er nickte Ms Drake zu.
    »Wie ich höre, backt ihr Mädchen leckeren Schokoladenkuchen«, sagte Ms Drake, richtete sich auf und lächelte liebenswürdig, als hätte das Handgemenge am Morgen nie stattgefunden. »Und Apfelkuchen. Ich hätte gerne von jedem einen. Ich habe schon seit Wochen einen Heißhunger auf Apfelkuchen.«
    Was sollten wir dazu sagen? Keine Bestrafung?
    »Meine Sekretärin behauptet, ihr würdet auch einen vierschichtigen Schokoladenkuchen backen, der himmlisch schmeckt. Meine Frau hätte gerne zwei davon für eine Familienfeier«, sagte Mr Wong und betastete die Äpfel auf seiner Krawatte.
    Wir waren sprachlos. Sprach-los.
    Mr Wong drehte sich auf seinem Stuhl. »Wenn ihr wollt, Mädels, könnt ihr Werbung und einen Bestellzettel für eure Backwaren im Lehrerzimmer aufhängen …«
    Ich zitterte fast, so aufgeregt war ich. Kein Schulverweis, sondern ein Jobangebot.
    »Ha! Die Arschlöcher sind draußen, und wir sind drin«, sagte Cecilia und ballte die Faust.
    Ms Drake verbarg ein Lächeln.
    »Ja!« Janie sprang auf. »Jawoll! Das machen wir! Eins, zwei, drei, vier!«
    Wir machten es.
    Und für eine Weile hatten die Bommarito-Mädchen genug Geld für Essen und die Stromrechnung.

    Es gab andere Kinder in vielen anderen Schulen, und leider mussten wir unser Messer, unseren Schlagring und unsere Fäuste noch oft einsetzen, um Henry zu verteidigen. Unseren süßen, unschuldigen Henry mit der Froschkappe und dem T-Shirt, auf dem »Buh!« stand.
    Als Henry und die Jugendlichen jetzt an den Kirchenstufen zusammentrafen, spürte ich, wie mein Blut in Wallung geriet. Janie und ich waren bereit, loszustürzen und sie in Stücke zu reißen. Ich hörte Janie neben mir zählen.
    »Hallo!«, sagte Henry lächelnd und winkte den Jungen zu. »Kommt ihr zur Kirche? Wir haben Donuts!«
    Einer der Jungs klopfte ihm sanft auf den Rücken. Er war ganz in Schwarz gekleidet, an seinem Gürtel hingen zwei Ketten. Ein anderer hatte einen grün gefärbten Irokesenschnitt. Er sagte: »He, Alter. Was geht ab?« Henry musste lachen.
    »Ich geh nicht ab«, sagte er, und sein Gesicht strahlte. »Du bist witzig, Connor. He, Jesus liebt dich! Er liebt dich.«
    Wir sahen sie gemeinsam die Stufen hinaufgehen.
    Ich hatte Henry lieb.
    »Ich hab Henry lieb«, seufzte Janie. »Er erinnert mich an Vivaldi und Yo-Yo Ma. In einer Person.«
    Ich brachte nichts heraus. Das Licht, das Henry in mein Leben brachte, war manchmal das einzige Licht, das ich sah.

10. Kapitel
    »Kommt rüber!«
    »Wie bitte?« Ich lehnte mich auf dem weißen Rattansofa zurück, das Telefon lässig in der Hand. Janie lag auf dem Verandaboden ausgestreckt. »Jetzt sofort, Cecilia?«
    »Ich kann mich nicht bewegen«,

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