Rosas Vermaechtnis
selbst Witwe war, »Elias stammt doch aus der ersten Ehe Ihres Mannes?«
»Ja, aber er ist für mich wie ein eigenes Kind. Na ja«, lachte sie, »Kind kann man ja wirklich nicht mehr sagen, aber irgendwie ist er es immer noch. Als ich in die Familie kam, war Elias eigentlich auch schon keines mehr, sondern steckte in der schlimmsten Pubertät, die man sich vorstellen kann.« Marlene Battner seufzte. »Unsere junge Ehe ist damals auf eine ziemliche Probe gestellt worden, aber da der Umgang mit bockigen Jugendlichen zu meinem Beruf gehört, haben wir das alle zusammen ganz gut gemeistert.« Sie schaute an Marie vorbei in Richtung Küche und warf einen Blick auf Elias. »Der Junge hat sehr an seiner Mutter gehangen; es war furchtbar für ihn, als sie plötzlich nicht mehr da war.«
»Ist sie gestorben?«, fragte Marie voller Mitgefühl.
»Inzwischen lebt sie tatsächlich nicht mehr. Aber davor hat sie Giovanni und ihren Sohn wegen eines anderen Mannes verlassen.«
»Wie kann man denn sein Kind verlassen?«, warf Marie ungläubig ein. »Ich meine, man hört das immer wieder, aber für mich selbst wäre das vollkommen unvorstellbar.« Marlene Battner nickte. »Für mich auch, und wie Giovanni sagt, hat sich seine Frau mit der Entscheidung sehr gequält, aber ihr neuer Partner wollte keine Kinder. Und sie musste sich entscheiden: entweder wegen des Kindes in einer inzwischen ziemlich unglücklichen Ehe zu bleiben oder noch einmal neu anzufangen.«
»In ihrer Haut möchte ich nicht gesteckt haben«, sagte Marie voller Mitgefühl.
»Von diesem Standpunkt aus betrachtet relativiert sich ihr Bild, nicht wahr? Davon abgesehen war Giovanni immer ein engagierter Vater, bis der Junge seine eigenen Wege ging und es erst einmal wieder ziemlich kompliziert wurde.« Sie lachte und ihre Gesichtszüge entspannten sich. »Inzwischen sind wir alle wieder glücklich miteinander.«
»Ja, das kann man wirklich so sagen.« Ihr Mann hatte den letzten Satz gehört, als er sich jetzt zu den beiden Frauen setzte. Zärtlich beugte er sich zu seiner Frau und küsste sie. »Und wo wir gerade dabei sind, Geheimnisse preiszugeben«, er verzog den Mund, »ich kann sagen, dass ich mit Marlene wirklich glücklich bin. Was man von meiner ersten Ehe nicht sagen kann.« Er hob die Hand und machte eine entschlossene Bewegung, als ob er die Erinnerungen fortwischen wolle. »Es ist gut so, wie es ist. Ich bin sehr froh darüber. Wenn ich nicht gerade meinen besten Freund unter solch fürchterlichen Umständen verloren hätte, könnte ich der glücklichste Mensch sein.« Battner senkte den Kopf und schien einen Moment lang vollkommen abwesend zu sein. »Wir kannten uns schon ziemlich lange, Marie«, hob er jetzt wieder an. Er nickte. »Das Lokal fing gerade an, gut zu laufen. Meine Frau war für den Service zuständig, und sie machte das gut. Die Gäste begriffen, dass in meiner Küche nur die besten und frischesten Zutaten verwendet wurden, und ich hatte bald viele Stammkunden. Auch Balduin gehörte dazu, der nur an einem ganz bestimmten Tisch sitzen wollte. Ein bisschen verschroben fand ich das schon«, er zuckte mit den Schultern, »aber der Gast ist eben König. Selten habe ich aber jemanden gesehen, der mit so viel Appetit und Respekt gegessen hat. Respekt vor der Zubereitung, aber auch vor den Zutaten, wie er mir später mal sagte. Lange hatte ich keine Ahnung, wer er wirklich war. Erst, als mir ein anderer Gast einen Zeitungsausschnitt mit einer Restaurantkritik unter die Nase hielt, mit einem Bild von ihm darunter, verstand ich.« Battner machte eine Pause. »Nun ja, was soll ich sagen. Das Lokal wurde nach und nach zu seinem zweiten Wohnzimmer. Nach getaner Arbeit fachsimpelten wir gern noch eine Weile und tranken zusammen noch ein Glas Wein, bevor er ging. Ich kann sagen, dass wir damals Freunde wurden.«
»Und seine Frau? Kam die nie mit?«, fragte Marie verständnislos.
»Damals war er noch nicht verheiratet«, schaltete Marlene Battner sich ein.
»Ach, das ist ja interessant. Aber seine Hochzeit, die hat er sicher hier in seinem Stammlokal gefeiert?«
»Nein, leider. Soweit ich weiß, sind die beiden weggefahren, Giovanni, oder?«
»Genau«, Battner war aufgestanden, »aber jetzt muss ich wieder zurück in meine Küche.«
»Ja, und ich will euch auch nicht länger aufhalten.« Auch Marie erhob sich. »Es war schön, ein bisschen zu plaudern. Ihr müsst uns bald auch einmal besuchen, das habe ich euch ja schon lange versprochen.« Bevor
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