Rose der Prärie
Maggie den Spiegel woanders aufgehängt. Aber auch das half nichts gegen die Traurigkeit in Helgas Herzen.
Das war nicht die richtige Frau für ihren Sohn. Ungebildet und ohne Manieren war Maggie bestimmt nicht die richtige Mutter für seine Kinder. Dieses grobe Mädchen aus den Bergen war nicht nur gedankenlos, sie war richtiggehend gemein. Sie schickte ihren Mann herum wie einen Diener, damit er die Bibel oder die Marmelade holte. Hatte sie z. B. als Gegengeschenk irgendetwas in der Form gebacken, in der diese nette Mercy gestern das Abendessen geschickt hatte? Hatte Maggie sich darum gekümmert, dass diese Frau es auch bekam? Die Etikette schrieb vor, dass man keine Auflaufform oder Schüssel leer zurückgeben durfte. Dieses heidnische Mädchen wusste das wahrscheinlich gar nicht.
Wenn ich nur schreiben könnte! Es fällt mir schwer, mir so viele Dinge gleichzeitig zu merken. Das ist mir noch nie leichtgefallen. Aber das sind alles Sachen, die ich ändern muss, oder sie wird Schande auf meine Familie bringen. Da die Hütte leer war, sprach sie ihre nächsten Gedanken laut aus: „Es ist meine Schuld, dass ich krank geworden bin. Deshalb ist es auch meine Verantwortung, dass ich die Probleme in Ordnung bringe, die ich verursache.“
Böse starrte Helga auf ihre linke Hand. Nutzloses Ding. Komm schon. Beweg dich. Beweg dich nur ein bisschen. Oder meine Finger. Wenn ich sie nur ein Stückchen bewegen könnte ... Nichts passierte. Warum nicht? Warum konnte Gott sie nicht einfach heilen? Hatte sie ihm nicht immer treu gedient? Hatte sie nicht mit dieser linken Hand Decken für Waisenkinder genäht und gehäkelt? Maggie war der Anweisung der Ärztin gefolgt und hatte ein Stück grobes Leinen und Faden in ihrem Sammelsurium gefunden, damit Helga ihre ersten, groben Stiche mit der rechten Hand üben konnte. Doch Helga wusste schon jetzt, dass sie das nicht schaffen würde.
Was war sie jetzt noch ohne ihre Hände? Sie konnte keinen Kuchenteig mehr ausrollen oder Nudeln machen. Sie konnte ihre eigenen Haare nicht flechten. Häkeln, stricken, klöppeln, nähen – das alles würde sie nie wieder tun können. Solche einfachen, alltäglichen Dinge. Um wie viele Taschentücher hatte sie eine hübsche Spitze geklöppelt? Wie viele hundert Kuchen hatte sie gebacken? Wie gern hatte sie Arlettas lange Haare gebürstet und geflochten! Und das Lesen. Sie hatte ihren Kindern so viele Geschichten vorgelesen. Jetzt war sie selbst wie ein Kind und würde andere bitten müssen, ihr vorzulesen.
Ich habe nichts mehr anzubieten. Und was noch schlimmer war – Maggie verschwendete wertvolle Zeit, die sie doch eigentlich für wichtigere Dinge brauchte, wie z. B. sich um sie zu kümmern. Helga musste erst eine Glocke läuten und damit alles andere zum Stillstand bringen, wenn sie etwas brauchte.
Die Tür ging auf. „Hallo, Ma. Mir ist aufgefallen, dass –“
Helga unterbrach sie. „Es hätte dir auffallen sollen, dass deine Windrädchen mich stören.“
„ Windrädchen?“
„ Ist es noch nicht genug, dass du deinen ganzen Müll hier hereingetragen und ihn an die Wand genagelt hast? Musst du ihn auch noch von außen an die Hütte nageln, um deinen Mann zum Gespött der Leute zu machen?“ Als Maggie sich am Waschtisch die Hände wusch, redete Helga einfach weiter. „Diese lächerlichen, hölzernen Dinger sind genauso grob wie die Stiche, die ich deiner Meinung nach nähen sollte.“
Beim Abtrocknen sah die junge Frau zu ihr herüber. „Windrädchen – was für ein nettes Wort! Zu Hause haben wir sie immer ,Flugvögelchen‘ genannt. Ich dachte, einer von ihnen direkt vor deinem Fenster würde dir gefallen. Aber ich habe es mir anders überlegt. Weißt du, Menschen, die ich sehr lieb habe, haben diese Vögel geschnitzt, und ich finde es gemein, dass du meine Schätze als Müll bezeichnest.“
„Wegen mir kannst du alles sofort abhängen, wenigstens die Sachen auf meiner Seite.“
„ Ma’am, die äußeren Wände der Hütte sind nicht deine Seite. Da du mich dazu zwingst, die großartigen Stücke meiner Verwandtschaft hier drin abzuhängen, werde ich sie trotzdem draußen aufhängen und hinstellen. Den Spiegel habe ich schon wieder abgehängt und mich dafür entschuldigt, dass ich dich damit verletzt habe. Ich habe vorher nicht gut genug darüber nachgedacht. Doch ich habe es zugegeben und mich entschuldigt. Was das Nähen betrifft – da es dir anscheinend so zuwider ist, es zu probieren, nehme ich das Stück Stoff und die
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